Hallo Foristi
heute mal wieder ein wenig in die Modellbahnvegetation: Für das eine oder andere Projekt wäre in mächtiger Laubbaum ganz schön, z.B. vor dem ländlichen Empfangsgebäude, einem Platz oder was es sonst noch so an Gelegenheiten gibt.
In meinem Fall war es ein Bauernhof, der "im Schatten alter Eichen" die Jahrzehnte überdauerte. Der Innenhof ist schön schattig und die Muttersau kann ihre Ferkel
ohne Hitzestress versorgen.
Nun gibt es schöne Bäume fertig zu kaufen, aber: Der örtliche Händler führt diese Exoten-Linie nicht (zu teuer für den Kreisbahner) und per Versandt? Da möchte ich doch vorher sehen, was da kommt und ob es in meine konkrete Situation passt.
Also: Selbstbau ist angesagt! Kein Problem! EIn Abend - ein Baum! Na gut, zwei Abende, weil die Farbe ja noch trocknen muss.
In der Literatur wird gelegentlich so ein Baumbau präsentiert: Verdrillte und verlötete Kupferkabelreste. Die Fertigprodukte wissen zu überzeugen!
Aber: Mir sind die Stämme ein wenig zu, sagen wir mal: Schlank für die Größe. Da muss "Butter bei die Fische" wie man hier sagt. Außerdem ist mir das Kupfermaterial zu weich und die dünnen Litzen machen mehr Arbeit als nach meiner Meinung nötig ist. Zudem macht die Arbeit dem Lötkolben in Verbindung mit dem gut wärmeleitenden Kupfer "flinke Finger".
Genug der Kritik! Hier meine Methode:
Ich verwende für meine Solitär-Bäume Blumen- Bindedraht und Heissklebesticks: Kosten nicht viel und sind im Baumarkt oder beim Blumenhandel problemlos zu bekommen, Klebesticks ebenfalls.
Zunächst schneide ich etwa 20 gerade gestreckte Drahtenden ab, so um die 60 cm sollten sie lang sein. (Keine Bange, es werden keine Amazonas-Riesen).
Diese Drähte biege ich zu einer Schlaufe, die ich dann mittele eines Stücks Keppklebeband zusammen fixiere; so habe ich einen festen kühlen Griff für das kommende heiße Geschehen: Als erstes lege ich einen Ring Heißkleber direkt über den eben gefertigten "Griff" und lasse ihn abkühlen. Jetzt sollte das Drahtbündel sicher zusammenhalten.
Im nächsten Schritt verdrille ich das Bündel 3-4 mal, das wird der Baumstamm ohne Verzweigungen. Dieses verdrillte Stück ummantle ich ebenfalls mit einer dicken Schicht aus Heißkleber. Damit der mir nicht über die Finger läuft (sehr unangenehm!) drehe und wende ich den Stamm bis der Kleber abgekühlt ist.
Nun trenne ich die Drahtschlaufen auf, daraus werden jetzt die Hauptäste gestaltet. Je nach Wunsch kann ich die Drahtschlaufen außermittig trennen, dann erhalte ich einen längeren und einen kürzeren Ast. Diese aufgetrennten Drähte führe ich nun wieder zu Schlaufen zusammen, verdrille ein-oder zweimal und sichere wieder mit Heißkleber.
Ihr ahnt es schon: Den Vorgang des Auftrennens, Wiederverschlaufens und Sicherns kann ich jetzt solange wiederholen, bis die Drahtschlingen nur noch 2 - 3 cm groß sind. Die trenne ich nur auf und überziehe sie mit Kleber.
Was ihr bei diesem Geschlinge berücksichtigen solltet: Die entstehenden Äste vor dem Heißkleben in die verschiedenen Raumrichtungen drücken, nach dem Verfestigen des Heißklebers geht das nur noch in einem geringen Umfang.
Das Ergebnis ist nun ein "gläserner" Baum, der so sicherlich in einer surrealen Picasso- oder Dali-Anlage integrierbar wäre.
Hier kommt nun Farbe ins Spiel. Der Heißkleber ist in aller Regel gut mit Dispersionsfarben (Abtönfarben aus dem Baumarkt), wässrigen Acrylfarben und Lackfarben z.B. Humbrol, Revell überstreichbar. Das geht mit dem Pinsel (ein wenig umständlich) oder mit einem "luftversprühten" Auftrag. Die Wahl des Materials zwingt uns nun eine verschieden lange Pause auf: 1 - 2 Stunden bei den Wassersystemen oder über Nacht bei den Lackfarben.
http://abload.de/img/dscn1957mwbhm.jpg
Mit dem Farbauftrag lässt sich jetzt unser ehemals gläserner Baum auch besser begutachten. Auch eine erste Stellprobe ist angesagt. Aber bedenkt: Auch das "Grün" was noch anzubringen ist, braucht Platz!
Wem der Stamm und das Geäst zu glatt erscheint, kann es vor dem Steichen aufrauhen: Einfach den Baumrohling wieder erwärmen, z.B. mit einem Campinggasbrenner oder einem elektrischen Gebläse (aber nicht so lange dass der Kleber schmilzt und tropft) in die nun klebrige Oberfläche kann man Sand oder Sägespäne einstreuen; so lässt sich auch alte Eiche darstellen. Aber: Meist sieht man nach dem Begrünen nicht mehr viel von dem Aufwand!
Das Begrünen geschieht,wie schon von den Büschen vertraut, mit Heki-Flor oder einer anderen "Matte" eines anderen Herstellers. Auch hier gilt wieder: Kleine Stücke abzupfen und in dreidimensionales "Volumen" bringen. Diese "Fluffs" nun mit Pattex an die verblieben Drahtenden kleben. Bei lockerer Belaubung darf auch ruhig mal ein Fluff in das Innere geklebt werden. Jetzt sieht man, dass ein aufwendiges weiteres "Aufdröseln" der Endzweige gar nicht notwendig ist; kostet nur viel Zeit und Arbeit. Und hinterher sieht man es sowieso nicht.
Hier noch mal alle drei wesentlichen Schritte nebeneinander:
Was beim Baumbau eher entscheidend ist: Die charakteristische Kronenform einer Eiche, einer Kastanie oder Ulme, Linde, Esche, Platane etc. sollte schon beim Drillen und Ausrichten der Drähte beachtet werden.
Vermutlich wird nicht der erste selbstgefertigte Baum allen Kriterien entsprechen, aber zum Wegwerfen ist er zu schade. Irgendwo in einer Ecke, einem Hinterhof wird er schon zu "pflanzen" sein.
Probiert´s mal! Es gibt nix Gutes, außer man tut es! Meint Bruno - bob -
PS: Bei dieser Methode wird sich gelegentlicher punktueller Körperkontakt mit Heißkleber nicht vermeiden lassen. Schnell stellt sich die Erkenntnis ein, warum dieses Klebematerial seinen Namen hat.
Mein Tipp: Den haftenden heißen Kleber nicht abwischen! Verschlimmert das sinnliche Erleben nur! Zähne zusammen! Nach dem Erkalten lässt sich der Kleber problemlos abnehmen, im heißen Zustand nimmt´s die Haut mit!