Straßenbahn is geil, ey!

  • Richtig oder gar nicht?


    Hallo Freunde, hallo Christian,


    wie im Internen angekündigt einige Bilder von dem restaurierten Triebwagen No. 2082 der „GROSSEN BERLINER STRASSENBAHN“ (GBS), Typ „Neu Berolina“. Bei diesem Fahrzeug habe ich bei der Lackierung und Dekoration maßgeblich mitgewirkt.


    Es gab zu der Farbgebung keine schriftlichen Unterlagen, sondern nur mündliche Aussagen. Die dekorativen Elemente und die Schrifttype konnten anhand von s/w-Fotos , die oft Repros vom Repro vom Repro waren, rekonstruiert werden. Dabei half mir ein befreundeter Fotograf.


    Der Gelbton des Anstriches wurde aus Gelb und Weiß angemischt. Heute weiß ich daß es RAL 1002 Sandgelb hätte sein müssen. Dunkelgrün gab es wegen der Umstellung auf Erdgas nicht mehr. Aus den Filterrückständen der Stadtgasproduktion entstand unter Verwendung von Gelbem Blutlaugensalz das sogenannte Miloriblau. Pigment für die Herstellung grüner Farben. Also selber mischen aus Schwarz, Blau und Gelb. Einen ganzen Sonntagnachmittag war ich mit Farbemischen beschäftigt.


    Am nächsten Tag, nach Feierabend, nach Schmöckwitz raus und einen Schreck bekommen. Obwohl die drei verwendeten Lacke alle zur gleichen Produktserie gehörten hatten sie sich über Nacht von einander getrennt und schwammen als Schlieren in der großen Gurkenbüchse, die ich zum anrühren benutzte. Da half nur durchrühren, Pinsel rein, Lack schnell vertreiben ehe er sich wieder in seine Bestandteile zerlegen konnte. Ich müßte doch nicht Malermeisters Sohn sein wenn ich das nicht in den Griff bekommen hätte.


    Anhand der Fotos könnt Ihr Euch ein Bild von dem Ergebnis machen. Der Wagen ist noch heute in diesem Zustand.



    Der Wagen (rechter Stand) mußte nach Fertigstellung einer Seite gedreht werden. Eine Wendeanlage befand sich in Grünau. Der Gelbe Wagen ist ein umgebauter Maximumtriebwagen der GBS im (nicht ganz korrekten) Farbkleid der Zwanziger Jahre.




    Auf der Rückfahrt vom Wenden holte uns ein Arbeitswagen mit einer Lore und dem Tw 86 der STRASSENBAHNEN DER STADT BERLIN (SSB) ein.



    Der 2082 auf den Gleisen der ex Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn.



    Diese Aufnahme von der Seitenwand des 2082 zeigt was an malerischer Arbeit zu leisten war. An diesem Wagen gab es kaum eine Stelle die nicht bemalt war.



    Irgend jemand hatte dann die Idee, man könnte doch noch einen passenden Beiwagen restaurieren. Dieser ist hier hinter dem 2082 in einem Bauzustand zu sehen.



    Das Gebäudeensemble in Schmöckwitz ist seit einem Brand nicht mehr komplett. Hinten die Schule, dann die Feuerwehr und vorne die Hallen der Uferbahn. Diese fielen dem Brand zum Opfer. Die beiden Stände ohne Gleis dienten als Bootshaus.


    Zeigen will ich mit diesen Bildern daß man mit viel Recherche und Nutzung aller Möglichkeiten ein sehr gutes Ergebnis erzielen kann. Larifari ist dabei eben falsch am Platze.


    Mit Gruß aus Köpenick
    Eberhard

  • Hallo Eberhard,


    nein, da möchte ich nicht einfach nur auf „Gefällt mir“ klicken, sondern auch schreiben, dass ich diesen Beitrag richtig klasse finde! Ein sehr schöner Einblick in deine Fähigkeiten. Ich beneide dich um deine Erfahrung!

  • Hallo Eberhard,
    Deine Vorliebe für eine weitgehend kompromisslose Restaurierung ist mir aus den verschiedensten Fäden bekannt. Auch ist mir mittlerweile bekannt, daß Du bei diesen Restaurierungen maßgeblich beteiligt warst.
    Und ich bin auch der Meinung, wenn man eine Restaurierung beginnt, daß man sich über den Umfang im Klaren sein muß. Damit will ich an meinen anderen Beitrag anknüpfen.
    Das beeinhaltet meines Erachtens auch eine klare Konzeption- die Ihr bei der Restaurierung des Museumsparks erstellt habt. Es soll der damalige BHetriebszustand dargestellt werden. Und dabei beginnt das Dilemma: oftmals ist, wie Du selbst beschreibst- nichts greifbares vorhanden. Nur Erinnerungen und mündliche Überlieferungen. Amtliche Vorschriften gab es in dieser Form nur bei großen Unternehmen mit eigenem, wie man heute sagt Corporate Identity.
    Insofern ist die Restaurierung des Berliner Straßenbahnfuhrparks nocxh höher zu bewerten.
    Lassen sich Konturen und Muster auch nach alten s/w Bildern nachvollziehen- wird es bei den korrekten Farbtönen schwierig. Insbesondere dann, wenn die Pigmente und die Mischungsverhältnisse nicht mehr zur Verfügung stehen...Zudem scheint es ja auch ein Problem gewesen zu sein den eigentlichen Lack nachzufertigen....
    Allerdings muß ich immer wieder der mustergültigen Restaurierung meine Hochachtung zollen!
    Ganz großes Kino- was hier gezeigt wird!
    Wie dramatisch das ganze sein kann- habe ich bei der Restaurierung bei der Ausmalung unserer Dorfkirche mitbekommen. Nicht im Detail- dazu war ich zu jung.
    Aber es ging darum, daß es richtig problemnatisch war- den Träger der Pigmente zu bekommen. In diesem Falle war es Kasein- eigentlich eine Lappalie- aber in der DDR...


    Ich biun auf alle Fälle von der Restaurierung des Berliner Parks begeistert.. Einige Fahrzeuge kenne ich auch aus eigenem Augenschein- dabei muß ich dann auch bescheinigen,daß die technischen Kompromisse garnicht so sehr ins Auge fallen...
    Der für mich sichtbarste- und auch bei anderen Straßenbahnwagen ( Jena Nr.:27) ausgeführte Kompromiss , ist der Einheitsstrassenbahn-Bügelstromabnehmer. Aber ein Trolley- oder Lyra-Bügel ist bei den heutigen Fahrleitungsanlagen nicht mehr machbar.
    Aber eine solche Restaurierung ist eben nur machbar- wenn eine klare Konzeption vorhanden ist.
    Wie gut die Restaurierung gelungen, ist habe ich anhand von Bildern der Breslauer Berolinas vergleichen können. Auch hier gab es eine aufwendige und umfangreichge Recherche. Im ergebnis sehen die Breslauer Wagen ( bis auf die Farbe und dem Wagennamen ) den Berlinern zum Verwechseln ähnlich.


    Solche Restaurierungen werden in der Zukunft immer schwieriger, weil die Leute mit dem Erfahrungsschatz und den Fähigkeiten immer weniger werden. Und es in den seltensten Fällen bon den Betreibern unterstützt wird, dieses Wissen zu bewahren.


    Aus Deinem Beitrag ergibt sich für mich allerdings eine Frage- Was habt Ihr seinerzeit als Lack, bzw als Träger für die Pigmente benutzt.
    Nach meinem Wissen müßte es eigentlich Leinöl/ Firniß sein, oder sind hier moderne Lacke verwendet worden.


    Auch ich muß mich unbedingt und ausnahmslos der Meinung Roberts anschließen. Es zeigt sehr deutlich, mit welchem Elan und Wissen Du diese Arbeiten ausgeführt hast.
    Also auch ein "Gefällt mir"


    Viele Grüße
    Christian

    Es ziemt sich nicht für einem braven Manne-

    nur nach dem praktischen Sinn einer Sache zu sehen.


    Weisheit eines mir unbekannten