Güterschuppenverlegung macht Einbau einer neuen Doppelweiche nötig

  • Als Einstand in dieses Forum möchte ich einen Bericht posten, den ich aus meinem eigenen Harz- und Harzbahnforum leicht verändert übernehme.
    Es geht um die Verlegung des Güterschuppens im Bf Oderteich der Braunlage-Andreasberger Eisenbahn (0m).


    Der Kohlenhändler muss ja unbedingt direkt an der Bahn liegen, denn wie sonst sollte er an die Kohle kommen? Die Firma H. Koch vertreibt außerdem noch Torf und Baustoffe, die ebenfalls mit der BAE anreisen. Deshalb hat sich die Firma direkt auf der Laderampe des Bahnhofs angesiedelt, was kurze Wege bei der Entladung der Waggons bedeutet. Ein wenig unpraktisch ist nur, dass, wenn ein Stückgutwagen an den Güterschuppen gestellt oder von dort abgeholt werden muss, die bei der Fa. Koch in Entladung befindlichen Waggons kurzzeitig wegrangiert werden müssen. Eine diesbezügliche Beschwerde von Herrn Koch bei der Direktion der BAE wurde freundlich aber bestimmt abgeschmettert mit dem „Angebot“, gegen eine Bezuschussung von 50% seinerseits wäre die BAE bereit, mit zwei Weichen eine zusätzliche Verbindung von Gleis 1 nach Gleis 5 zu bauen, die ein Umfahren der beim Kohlenhandel an der Rampe stehenden Wagen ermöglichen würde. Aus der Traum.


    Dennoch kam es so. Und zwar aus innerbetrieblichen Gründen. Bei der BAE gibt es Stückgutkurswagen, die von den Personenzügen von einem Güterschuppen zum nächsten befördert werden, wo sie jeweils einen Zug überspringen, bevor sie weiterbefördert werden. Wenn also ein Personenzug mit angehängtem Stückgutkurswagen in Oderteich ankommt, muss die Zuglok wie eingangs beschrieben, die Wagen von der Rampe weg und anschließend wieder hinrangieren, damit der Wagen an den Gs kommt. Als Modellbahner lieben wir diese Umständlichkeit. Der BAE-Direktion war aber schon lange in Dorn im Auge, dass sich der Aufenthalt des Zug in Oderteich enorm in die Länge zog. Deshalb hatte sie erwogen, den Güterschuppen von der Ost- an die Westseite des EG zu translozieren, was den Bau eines neuen Stumpfgleises vom linken Bahnhofskopf aus notwenig machen würde. Dort sah es damals so aus:




    Da, wo der kleine Schneewall vom Räumen des Parkplatzes und des Bahnsteiges liegen geblieben ist, müsste jetzt das Stumpfgleis für den Güterschuppen hin, der zur Zeit noch am anderen Seite des EG hervorlugt. Das würde bedeuten, dass statt der Weiche 7 (die erste von links) eine Doppelweiche hin müsste, und zwar eine asymmetrische, d.h. aus dem nach links abzweigenden Bogen müsste ein weiterer noch engerer Bogen abzweigen. Nun gibt es zwar bei der BAE schon eine asymmetrische Doppelweiche (in Königskrug), wir können das also, aber diesmal zog die Direktion es vor, den Bauauftrag nicht der eigenen Rotte zu erteilen, sondern der renommierten Firma Weichen-Walter am Bodensee.


    Die nahm den Auftrag an und lieferte im 4. Qualrtal 2016 die DW als Halbbausatz ab:



    Die musste zunächst einmal auf die mitgelieferten Schwellen genagelt und dann auf einer Platte montiert werden, die dann an Stelle der alten Linksweiche, die inkl. Planumsausschnitt herausgeschnitten wurde, eingebaut werden sollte. Nach erfolgtem Einbau sah das dann so aus:



    Anschließnd erfolgte das obligatorische Anmalen und Einschottern. Das Ergebnis:



    Fazit: Die Doppelweiche von Weichen-Walter ist eine erstklassige Handwerksarbeit, in der viele Ideen und Präzision stecken. Alle drei Stränge werden von unseren Fahrzeugen anstandslos befahren.


    Kleine Anmerkung zum Schluss: Bisher gibt es auf der BAE über sechzig selbstgebaute Weichen, darunter auch eine Doppelweiche. Die Doppelweiche von Weichen-Walter ist nach einer zur EKW umgebauten DKW von Model Rail die erste "Fremd"-Weiche.
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    Schmalspurige Grüße, Otto

  • Hallo Otto,


    mal vorweg - ich finde Deine Anlage als Gemeinschaftsprojekt sehr sehenswert und schaue auch gelegentlich auf Deine Internetseite. Dadurch, dass es für Dein Thema so gut wie nichts fertig zu kaufen gibt, kann eine solche Anlage nur als Gemeinsarbeit jemals einigermaßen fertig werden. Mit den harztypischen Gebäuden bist Du ja inzwischen ziemlich durch. Inzwischen scheint es mir fast so, dass das Betrieb machen viel mehr Spaß bringt als das Bauen - bei meiner eigenen Heimanlage ist das jedenfalls so.


    Du hast in Deinem Forum zur BAE gesagt, dass der Betrieb auf einigen Weichen nicht ausreichend entgleisungsicher läuft und Du deshalb für den Bau der Doppelweiche Weichen-Walter beauftragt hast und wie Du schreibst, bist Du mit dieser Weiche sehr zufrieden. Um Weichen-Walter sinnvolle Vorgaben zu machen, musstest Du Dir auch Gedanken um Deine Spurführungsbedingungen machen, also den Toleranzen bei Spurweite und Rillenweite, aber auch bei Radsatzspurmaß und Innenmaß. Du scheinst darüber nachzudenken, Deine sämtlichen Weichen (um die 60 Stück!) durch Kleinserienweichen zu ersetzen. Wäre es nicht weniger aufwendig, Spur- und Rillenweite dieser Weichen zu messen und Korrekturen nur da vorzunehmen, wo es auch notwendig ist? Bei Deiner Bauweise "Nageln auf Holzschwellen" kann das doch nicht so schwierig sein, oder?


    Es gibt aber noch einen Einfluss, der Dir vielleicht die Entgleisungssicherheit vermiest. Das ist die Anpassungsfähigkeit der Fahrzeuge an Gleisverwindungen, seien dies gewollte Überhöhungsrampen oder auch nur Bautoleranzen, die man nicht wirklich ganz vermeiden kann. Drehgestellfahrzeuge kann man recht leicht an Gleisverwindungen anpassen, indem man den Wagenkasten auf einem Drehgestell wanksteif lagert, auf den anderen Drehgestell aber wankweich bzw. wankfrei. Die Drehgestelle selbst sind so kurz, dass sie mit Gleisverwindungen kein Problem haben.


    Ganz anders zweiachsige Wagen; bei ihnen sollte man auch eine Allradauflage hinbekommen. Wenn ich mich recht erinnere, sind einige Deiner Bausatzwagen mit Zapfenlagern versehen. Auch wenn die Lager vertikale Langlöcher haben sollten, wirst Du dadurch keine Allradauflage hinbekommen, denn die Kräfteverhältnisse sind bei Außenlagern nun mal so, dass sich ein schwebendes Rad nicht zum Schienenkontakt absenken kann. Sind die Lager mit Langlöchern versehen, kannst Du versuchen etwas zu retten, indem Du eine Schraube senkrecht oberhalb einer Achse in den Wagenboden einsetzt und sie so weit nach unten drehst, bis sie auf der Achsmitte aufsetzt. Noch ein klein wenig weiter gedreht und der Radsatz kann um das Schraubenende in den Langlöchern der Achslager pendeln. Nachteile: die Lagerreibung wird größer, weil nun das Gewicht des Wagens von der Schraube auf den recht großen Durchmesser der Achse übertragen wird und der Wagen steht an einem Ende etwas höher als am anderen. Eine Probefahrt mit den wieder zusammengebauten Wagen wird Dir zeigen, ob das eine gangbare Lösung ist.


    Gibt es dagegen keine Langlöcher in den Achslagern, hilft eigentlich nur der relativ große Aufwand, eine pendelnde Achslagerbrücke in jeden dieser Wagen einzubauen.


    Relativ fein raus bist Du mit Wagen mit Spitzenlagern. Dessen Radsätze passen sich ziemlich gut an Gleisverwindungen an, sofern die Radsätze wenige Zehntel Spiel in den Lagern haben. Dann kann der Abrollpunkt im Lager je nach Gleisverwindung etwas wandern.


    Aber vielleicht weißt Du das, was ich hier versucht habe darzulegen, ohnehin schon alles. Dann darfst das gerne als Klugscheißerei betrachten. Weiterhin gutes Gelingen!


    Gruß
    Johannes

  • Hallo Johannes,
    danke für deine ausführlichen Anmerkungen. Es ist schon so, dass ich alles, was du schreibst, schon kenne, dennoch empfinde ich es nicht als Klugscheißerei, subsummiert es doch alle Gesichtspunkte, die bei einer solchen esoterischen Baugröße und Spur bedacht werden müssen.


    Es ist allerdings nicht so, dass wir mir den sechzig Selbstbauweichen ständig Entgleisungsprobleme haben, dazu haben wir zu intensiv und ausdauernd überprüft, repariert und optimiert. Das größere Problem sind die Radsätze. Bevor BEMO mit 0m anfing, gab es Radsätze für 0m praktisch nur aus Kleinstserie und aus bastlerischen Umachsungen. Deshalb sind unsere Wagenradsätze, überspitzt ausgedrückt, allesamt Unikate.
    Bei den Tfz ist das anders, die haben maschinell gefertigte Achsen und entgleisen daher auch nicht häufiger als irgendeine Lenz-Lok.


    Ein weiteres Problem ist die Gebirgigkeit der Anlage, die dazu führt, dass wir eine unendliche Zahl von Neigungswechseln haben, auch in Bögen. Davon hat jemand, der nur auf platten Modulen fährt, keine Vorstellung. Und da werden halt große Anforderungen an die Ausgleichsfährigkeit der Wagenfahrwerke gestellt.
    Da hat es sich in der Praxis herausgestellt, dass viele theoretisch gute Ideen nicht so funzen wie gedacht, z.B. die gute alte Dreipunktauflage: eine Achse fest gelagert (das Spiel im Achslager mal außen vor gelassen), die andere Achse pendelnd gelagert. Angenommen, so ein Wagen fährt mit der starren Achse voran in einen Bogen mit geringfügigem Neigungswechsel ein. Jetzt müsste das eine Rad der nach unten ausweichenden Schiene folgen. Dazu wäre aber notwendig, dass der gesamte Wagenkasten eine Kippbewegung macht. Dazu hat er aber, wenn er aus Messing ist, keine Lust, denn, wie im Physikunterricht gelernt: die Masse ist schwer und träge. Folglich besteht große Gefahr, dass der Wagen geradeaus fährt.
    Wagen mit der von dir ins Spiel gebrachten Schraube über der Mitte einer locker gelagerten Achse gibt es bei der BAE auch reichlich: hat sich nicht bewährt. Entweder läuft das Fahrzeug extrem schwer oder die Dreipunktlagerung versagt.


    Die Lösung liegt eigentlich letztendlich in voll verwindbaren Fahrwerken mit Federandruck der Räder. BEMO ist da mit seinen Zweiachsern zwar nur den halben Weg gegangen, aber mit überraschend guten Ergebnissen. Bei nur einer federnd angedrückten Achse, aber mit maschinell gefertigten Achssätzen mit Finescale-Rädern sind diese Wagen praktisch entgleisungsfrei. Leider ist es so gut wie unmöglich, an diese Achssätze mit den entsprechenden Lagersteinen zu kommen.
    Dass ich neuerdings Weichen von Weichen-Walter nach Maß machen lasse, liegt mehr daran, dass ich des Weichenbaus nach so vielen Jahren müde bin und es genug andere reizvolle Aufgaben an der Anlage gibt. An einen Ersatz der vorhandenen Weichen ist überhaupt nicht gedacht, ausgenommen an Stellen, wo eine völlig neue Konfiguration angestrebt wird, wie in St. Andreasberg, wo demnächst zwei einfache Weichen durch eine Doppelweiche von WW ersetzt werden und sich dadurch die Umfahrlänge um einen Vierachser verlängert.


    Fazit: Wenn wir in drei Stunden einen Fahrplan mit ca. dreißig Zügen im 1:5-Zeitraffer durchziehen können und dabei am Ende nur geringfügige Verspätungen haben, dann sagt das eigentlich, dass wir die Schlacht um die Entgleisungsfreiheit fast schon gewonnen haben. Den kleinen Rest schaffen wir auch noch.
    Gruß, OOK (Otto)