Wie läuft das eigentlich so mit einem Nahgüterzug II

  • Holgers Strang mit diesem Namen (ohne die II) ist ja nun schon seit zweieinhalb Jahren stumm. Da ich zu dem Thema etwas von seinem Strang völlig Abweichendes posten möchte, mache ich daher lieber einen neuen Strang auf als seinen hochzuholen.
    Ich habe zwar das Modulwesen im FREMO mit in Gang gebracht, mich dann aber auf meine Heimanlagen zurückgezogen. Über den Modulbetrieb beim FREMO bekomme ich aber dann und wann etwas mit, sei es von Freunden, die da mittun oder in Foren.
    Im letzter Zeit höre ich häufiger Stöhnen über die Übergenauen, die alles pingelig nach Vorbildvorschriften getan haben wollen. Das passt nicht für jeden, problematisch wird das nur, wenn die Übergenauen mit den Normalgenauen und weniger Genauen am gleichen Arrangement zusammenwirken sollen. Dann muss es knirschen.


    Ich habe ja meine Ausbildung zum Betriebsbahner bei der Lektüre des Model Railroader erhalten, von 1958 (!) bis vor wenigen Jahren. Dort läuft der Bahnbetrieb anders als hierzulande. Ob besser oder schlechter ist nicht die Frage, mein Eindruck ist jedoch, dass der dortige Betrieb leichter modellbahnmäßig umsetzbar ist und weniger Stressfaktoren beinhaltet.


    Da traf es sich gut, dass mein modellbahnerisches Hauptinteresse den Schmalspurbahnen galt und gilt, die ja auch hier deutlich einfachere Betriebsformen haben als DR/DB und schon denen der amerikanischen Hauptbahnen ähneln. Als ich die Konzeption meiner BAE-Anlage erarbeitete, zeigte es sich, dass ich vieles „wie die Amis“ machen konnte ohne das europäische Vorbild zu verlassen. Zum Beispiel eine abgegrenzte Bahngesellschaft, die mit virtuellen Nachbarbahnen zusammenarbeitet und Übergangsverkehr hat, von Güterwagen bis hin zu Kurswagen in Reisezügen.




    Dass meine durchgehend eingleisige Anlage(n) für walk around-Bedienung konzipiert wurden, versteht sich da fast von selbst. Deswegen gehen alle Tf (bis zu fünf gleichzeitig) mit ihrem jeweiligen Tfz mit und stellen Weichen direkt vor Ort mit dem an der Weiche angebrachten Weichenhebel.


    Bei bis zu fünf gleichzeitig verkehrenden Zügen im Digitalbetrieb kann es natürlich auf der eingleisigen Strecke zu Zusammenstößen kommen, wenn es nicht ein System gibt, das das verhindert. Dieses System ist der Zugleitbetrieb. Der wird allerdings auch bei meiner laxen Betriebsform sehr korrekt gemäß Vorbildvorschriften durchgeführt, weil es absolut sinnvoll ist – und leicht zu handhaben.
    Es gibt einen Zugleiter im chambre séparée, der Fahranfragen und Zuglaufmeldungen per Fernsprecher erhält. Seine Unterlagen sind ein Bildfahrplan sowie das so genannte Belegblatt für den Zugleiter, das dann sozusagen das Protokoll der tatsächlichen Zugbewegungen wird. Das Fahrpersonal erhält buchfahrplanähnliche Fahrpläne, die ihnen u. a. sagen, wann ihr Zug vor einer Trapeztafel halten muss. (Formsignale gibt es nur am Abzweigbahnhof).



    An jeder Betriebsstelle befindet sich ein Fernsprecher, von dem aus die Fahrpersonale ihre Fahranfragen machen können. Die Fahrerlaubnis, die sie dann vom Zugleiter erhalten, entspricht weitgehend den track warrants der US Modellbahner.
    Doch nun zum eigentlichen Thema, dem Güterverkehr, der zu neunzig Prozent aus Nahgüterzügen besteht. Nur fallweise gibt es einen Ganzgüterzug und außerdem gibt es Stückgutkurswagen, die aber meist mit Reisezügen befördert werden.
    Da die Hauptstrecke beidseitig an Nachbarbahnen angebunden ist, gibt es keine Verteiler und Sammler, sondern ein Ng-Paar über die ganze Strecke, das unterwegs sowohl Wagen aussetzt als auch aufnimmt.


    Der Güterwagenumlauf wird mittels einem Einkartensystem organisiert. Auf der vorgedruckten Blancokarte stehen außer der zu befördernden Fracht in der Regel drei Bewegungen: 1. leer zum Versender, 2. beladen zum Empfänger, 3. leer zum Abstellort. Die Daten des jeweils zugeteilten Wagens werden mittels nicht wasserfestem Folienschreiber eingetragen. Der so genannte Wagenrepartiteur sorgt dafür, dass die Karten an den betreffenden Stationen im richtigen Kartenfach liegen und ein Ng weiß, was er mitnehmen muss.


    Mehr möchte ich hier nicht sagen, es ist eh schon lang. Aber in meinem Buch über die Braunlage-Andreasberger Eisenbahn sind allein vier Kapitel mit zusammen 36 Seiten dem Betrieb gewidmet: diese heißen Der Betrieb, Der Zugleitbetrieb, Transportleistungen und Wagenumlauf und Mit dem Ng 235 über den Oberharz.

    Das letztgenannte könnte auch so überschrieben sein, wie dieser Strang. Hier wird ganz ausführlich jede Aktion beschrieben und mit Foto und Grafik erläutert, die der Zug auf seinem Weg von Braunlage nach Sieber (bei fünf Unterwegsbahnhöfen) durchzuführen hat.
    Der weiter oben gezeigte Bildfahrplan wird im 1:5-Zeitraffer in realen drei Stunden durchgeführt.


    Soviel für diesmal.
    Gruß


    Otto

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