Hallo Kollegen,
vor einigen Jahren habe ich hier Messingmodell der PKP-Lok Ok22 31 über den Bau eines Messinghandarbeitsmodells der polnischen Personenzuglokomotive Ok22 31 berichtet. Nach der inzwischen vergangenen Zeit halte ich es nicht für sinnvoll diesen Faden weiterzuführen
Nach mehr oder weniger gelungenem Abschluß, einiger von mir bearbeiteten Projekte und einem Umzug möchte ich hier nun weiter berichten.
Nach einem Abendessen mit einigen Eisenbahnfreunden im „Europa“ (Wolsztyn-Besucher wissen, was ich meine) entstand die Idee ein Modell dieser Lokomotive zu bauen. Die Ok22 verkörpert die gelungene Verbindung deutscher und polnischer Lokomotivbaukunst.
Zum Vorbild
Nach dem ersten Weltkrieg stand die neuerstandene polnische Staatsbahn vor dem Problem, eine Vielzahl Lokomotiven verschiedenster Gattungen zu betreiben. diese rekrutierten sich im wesentlichen aus den Reparationsabgaben Deutschlands und den verbliebenen Lokomotiven der einstigen Weltkriegsgegner. Vordringlichste Aufgabe war es für einen wirtschaftlichen Betrieb möglichst einheitliche Lokomotiven zu entwickeln und einzusetzen.
Eine der ersten Gattungen war die Ok22.
Diese Gattung ist eine Weiterentwicklung der preußischen P8 und wurde von HANOMAG entwickelt. Fünf Lokomotiven wurden von HANOMAG gebaut. Diese Lok bewährten sich im Streckennetz, dennoch wurde der Serienbau zugunsten der Tr23 zurückgestellt. Ab 1928 wurden in Chrzanow 185 Lokomotiven gebaut. Eine größere Rostfläche machte eine Rostlage oberhalb der Radsätze notwendig. Die sich daraus ergebende Kesselmittenlage entspricht mit 3150 mm den Lokomotiven der BR 43. Probefahrten durch die LVA Grunewald ergaben eine etwa um 20% höhere Leistung als bei der P8. Dabei wurde der Lokomotive ein ruhiger Lauf in allen Geschwindigkeitsbereichen bescheinigt.
Die Ausmusterung bei der PKP erfolgte ab 1987, wobei zwei Lokomotiven erhalten geblieben sind. Es handelt sich hier um die nicht betriebsfähige und nicht mehr vollständige Ok22 23 in Jaworzyna Slaska. Die Ok22 31 wurde 1987 nach Wolsztyn überstellt und war bis 1997 und zwischen 2004 und 2009 betriebsfähig. Danach erfolgte keine weitere Aufarbeitung dieser historisch wertvollen Lok.
Modell
Fahrwerk und Kessel
Nach besagtem Abendessen widmete ich mich dem Bau dieser Lok. Dabei stellte sich heraus, daß es nicht unproblematisch ist, Zeichnungen zu bekommen.
Eine Broschüre der PKP und ein Kartonbausatz bildeten die Grundlage für die Konstruktion.
Dabei ist dieser Kartonbausatz recht genau, wie eine später im Internet http://plany.zonk.pl/parowozy/Ok22/Ok22.jpg gefundene Zeichnung zeigte. Eigene Vermessungen und eine Vielzahl an Fotos waren die weitere Grundlage für Entewicklung und den Bau der Lok. Allerdings habe ich einige Ungenauigkeiten aus dem Kartonbausatz übernommen.
Eine ursprünglich geplante Kleinstserie wurde u.a. durch die Möglichkeit bei der Jenaer Modellbahnausstellung meine Modelle zu präsentieren, verworfen.
Zunächst wurde aus dem Kartonbausatz eine Zeichnung entworfen.
Mit einem etwas angestaubten CAD-Programm wurden dann die Ätzbögen entwickelt. Diese wurden dann auf Folien gedruckt und zu Taschen geklebt.
Für die Ätzteile wurden fotopositiv beschichtete Messingbleche und fotonegativ beschichtete Neusilberbleche verwendet.
Den Kessel habe ich aus Messingsechskantprofil und Messingrohr gefertigt. Dabei wurden diese Teile erst hart verlötet und danach auf einer Fräsmaschine gebohrt.Der so entstandene Rohling wurde dann zwischen den Spitzen auf einer konventionellen Drehmaschine auf Maß gedreht. Der Schornstein besteht aus zwei Drehteilen (der Krempe und dem eigentlichen Schornstein und ist hart verlötet. Dom und Sandkasten sind ebenfalls Drehteile. Diese Zurüstteile sind in mit einem Fräser eingestochene Tasche hart eingelötet. Nur so war es möglich, den Kessel noch einmal auszudrehen um somit Gewicht einzusparen.
Zunächst wurden die Rahmenwagen verschraubt und mit Fittingslotpaste (wie sie der Klempner verwendet) verlötet. Hernach wurden sie mit den Abstandsbolzen und den Kopfstücken und Querverbindungen verlötet. Die Abstandsbolzen wurden nach Fertigstellung aus den Achslagerführungen herausgesägt.
Das Vorlaufdrehgestell wurde auf gleiche Weise gefertigt.
Als nächstes wurde der Unlauf und das Führerhaus zusammengelötet. Zuvor mußten die Seitenteile und das Dach gebogen werden. Dabei wurde das Dach mit Hilfe eines Rundmaterials auf einer Gummiunterlage gerollt. Nach dem Zusammenschrauben von Fahrwerk und Umlauf (mit Kessel) war die Lok im Rohbau fertig.
Radsätze und Zylinderblock
Relativ schnell stand fest, daß bei dieser Lok keine NEM-Radsätze verwendet werden sollten. Einige Zeit vor dem Bau konnten einige Bausatz-Etappen der P8 von Gerard erworben werden. Die darin enthaltenen Räder sollten für die Ok22 verwendet werden. Leider waren sie schon aufgezogen und wiesen einen nicht akzeptablen Planschlag auf. Sie wurden durch abgedrehte GFN-P8-Radsätze ersetzt auf, die die Gerard-Radreifen aufgezogen worden sind.
Für die Zylinderblöcke standen die Teile aus einer weiteren Etappe der P8 und von der T14 (von Reitz) zur Verfügung. Beide Baugruppen wurden für den Anbau an den Rahmen der Ok22 vorbereitet.Der optische Eindruck der Gerard-Teile kam dem der originalen Lok am nächsten, so daß diese weiterverwendet wurden.
Die Kreuzkopfführung ist einer GFN-P8 entnommen und über eine Pertinaxbrücke mit dem Rahmen verschraubt. Als Gestänge fanden die Ätzteile von Reitz Verwendung, was einen Kompromiß im Abstand der ersten beiden Kuppelachsen notwendig machte. Die Fertigung des Steuerungsträgers vervollständigte dann das Triebwerk.
Jetzt war es an der Zeit der noch „nackten“ Lokomotive das Aussehen der damaligen Museumslok zu geben. Dazu benötigte ich
PKP-typische Zurüstteile
Damit begannen die ersten größeren Probleme. In einem polnischen Forum bewunderte ich die Teile von Mirekk. Nur waren diese Teile in Deutschland nicht verfügbar. Es war mir auch nicht möglich Mirekk zu kontaktieren und diese Teile zu beziehen.Dazu muß man auch anfügen, daßMirekk diese Teile in seiner Freizeit fertigt.
Bis auf die Laternen (von Kluba) sind alle Armaturen selbst gefertigt.
Sandfalldüsen
Verwendet wurden hier die preußischen Sandfalldüsen von weinert. Sie wurden zersägt und gedreht, so daß die Verschraubungen der Luftleitungen nach oben zeigen. Nach der Montage auf einem Stück Messing wurden die Sandleitungen angelötet.Das
Anstellventil der Frischdampf-Pumpe
habe ich aus einem Stück Messing gefeilt, und mit einigen Streifen Messingblech verlötet. Die Lagerbolzen bestehen aus Mikronieten von Fohrmann. Für die Flansche der Dampfleitungen wurden die Vierkant-Flansche von Weinert hart aufgelötet. Für die Montage am Stehkesselhabe ich einen Stift auf der Rückseite eingelötet.
Entöler der Abdampfleitung
Hier habe ich ein Stück Messing-Rundmaterial entsprechend der Form abgedreht. Das Ablaßhähnchen wurde ebenfalls als Drehteil erstellt und dient zusätzlich der Befestigung am Umlauf. Der eigentliche Träger ist aus einigen Ätzblechresten entstanden. Ein Paar Flansche vervollständigen das Ganze. Als Größenmaßstab mag der Kunststoffzapfen dienen, der einen Durchmesser von zwei Millimetern aufweist.Am Langkessel befindet sich unterhalb der Speiseventile ein vom Führerstand aus bedienbares
Abschlammventil
gefertigt aus einem StückMs-Sechskant, in welches ein 0,3mm breiter Einstich eingedreht wurde. Ein paar Mikronieten mit einem Kopfdurchmesser von ebenfalls 0,3 mmdienen als Nachbildung der Verschraubung. Der Hebel ist wiederum aus einem 0,4 mm dicken Messingstreifen gefertigt, durch den ein Niet von Fohrmann gesteckt und verlötet wurde. Dieser Hebel wird in den Betätigungszug auf dem Umlauf eingesteckt.
Typisch für polnische Lokomotiven sind die vom Gestänge angetriebenen
Schmierpumpen
Während die Nachkriegslokomotiven der PKP über zwei Schmierpumpen verfügen, ist die Ok22 mit nur einer ausgerüstet. Diese befindet sich auf der Lokführerseite und wird von der Schwinge angetrieben. Im Gegensatz zur Ty43 92
ist der Antrieb aber nicht beweglich dargestellt, da er hinter der Umlaufkante nicht sichtbar ist. Nachdem ich die
Luftpumpe
auf der linken Seite (üblicherweise der Sitz der Luftpumpe) montiert habe fiel mein Blick aufdas Vorbildfoto. Dabei stellte sich heraus, daß die Ansaug und Überströmventile eine andere Form (wie bei der Emil Mayrisch 5) aufweisen.
Weinert hat jedoch nur die übliche (preußische) Form im Programm. Ein Vorbild entsprechender Umbau war die Folge.
Im Weiteren wurde die Anordnung der Schleppschiebersteuerung und der Pumpenschmierpresse geändert.
Ein (eigens angefertigter) Leitungsdruckregler vervollständigt die Pumpe.
Etwas (Zeit)aufwendiger war der Bau der
Speisepumpen
die aus verschiedenen Messingresten verlötet und mit Armaturen der „ üblichen Verdächtigen“ vervollständigt wurden.Mittlerweile sind diese aber auch als Feingußteil von der Modellbahnmanufaktur Crottendorf erhältlich.
Stehkessel
Nach der Montage dieser Teile ist die Lokomotive weitgehend fertiggestellt.
Beim Zusammenbau der Lok habe ich zunächst festgestellt, daß der Aschkasten komplett fehlt. Dieser soll Träger für die während der Konstruktion vollständig vergessene Stromversorgung dienen. Als abschließende Arbeiten an der Lok werden die, auch als Werkzeugkästen dienenden Sitzgelegenheiten und die Verglasung angefertigt.
Ich hoffe, daß ich Euch mit meinem Baubericht nicht gelangweilt habe.
Für Fragen und Kritik bin ich jederzeit offen.
Demnächst geht es mit dem zweiten Teil- dem Tender weiter.
Viele Grüße
Christian