Auch wenn der Eine oder Andere der Meinung sein mag, die Bierwagenmodelle der einschlägigen Hersteller hätten kein reales Vorbild und wären allesamt Spielzeug, dem sei der Ehrenrettung dieser Fahrzeuge entgegnet, es gab sehr wohl reale Vorbilder: Neben anderen ist Kulmbacher Mönchshof dokumentarisch belegt.
Welche Aufgabe hatten / haben denn nun die Biertransportwagen? Bringen sie den Gerstensaft zu bierseligen Großveranstaltungen? Um die Frage zu hinterleuchten, müssen wir in die Anfangsjahre der Eisenbahn zurückgehen. Damals war das Pferdefuhrwerk das Maß aller Dinge und so erklärt sich auch, warum an den meisten Strecken im Abstand weniger Kilometer kleine Bahnhöfe installiert wurden, mit Schuppen und Ladestraße als Grundausstattung. War es mit dem Fuhrwerk beschwerlich, „über die Dörfer“ zu ziehen, so war zumindest die „Nahdistribution“ mit dem Fuhrwerk bis zum ersten Auftauchen der automobilen Konkurrenz in den Dreißigern unbestritten die Domäne der Hottehühs.
Das alles galt natürlich auch für den Transport von Gerstensaft über die regionalen Grenzen hinaus. Schon damals versprach der Verzehr bestimmter Biersorten mehr Genuss als das vielleicht mit schlechtem Wasser hergestellte regionale Gebräu. So wurden also relativ große, damals hölzerne Fässer in einen geschlossenen Wagen gestapelt und über die Lande gefahren. Und an den Zielpunkten befand sich nun das, was die Überschrift schon andeutet: Eine Abfüllstation für die angelieferten Biere, im Fachjargon eine Brauereiniederlage. Damit vermied man den aufwendigen Transport der schweren Pfandflaschen über die relativ großen Distanzen.
An den Niederlagen reichte schon ein Gleisanschluss aus, um die Bierwagen und (seltener) G-Wagen mit Glasflaschen anzunehmen. Die Fässer wurden einfach in das Innere des häufig unspektakulären Abfüllgebäudes gerollt und dort in zweckmäßiger Weise entleert. Meist war an der Niederlage das Enblem, der Schriftzug der zuliefernden Brauerei angebracht. Auf der bahnabgewandten Seite breitete sich dann natürlich die ganze Betriebsamkeit einer normalen Brauerei mit den Zustellfahrzeugen (Pferd oder LKW) aus.
Die reale Situation der oben abgebildeten Skizze:
Hier war die Brauereiwelt in den 50ern noch in Ordnung; später übernahm eine Dortmunder Brauerei die Gebäude und lieferte den Gerstensaft aus Dortmund zu (Bild mit frdl. Genehmigung des Fotografen)
In den späteren Jahrzehnten waren weitere Entwicklungen zu beobachten: Zahlreiche kleine regionale Brauereien waren nicht mehr wettbewerbsfähig und so drängten die großen Brauereien in das Versorgungsvakuum. Die aufwändige eigene Herstellung wurde aufgegeben, die Abfüllanlagen weiterhin benutzt. So entstanden Verkehre mit moderneren Transportfahrzeugen wie speziellen pa-Behältern und gar spezielle Kesselwagen für die größeren Mengen. Auch hier sind entsprechende Fahrzeuge dokumentiert und im Laufe der Jahre von einigen Modellbahnherstellern berücksichtigt worden.(Noch später hat der LKW auch diesen Verkehr übernommen ("Durstlöschzüge").)
Eigentlich ein schönes Vorbild für eine Umsetzung in ein Modul ohne allzu großen Aufwand. Und endlich mal ein sinnvoller Einsatz der sonst weitgehend unberücksichtigt auf den Tischen in den Schattenbahnhöfen herumliegenden Bierwagen.
Wer baut´s?