Umgang mit Silikonformen und Gips. (Aus Geesthaven Teil 7)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Bruno,


    ich bin immer wieder begeistert von Deiner Baukunst. Wenn ich es richtig sehe, dann hast Du Straßen und Wege mit Gipsabdrücken gebaut. Da ich in diesen Weihen des Modellbaus ein Novize bin würde ich Dich gerne fragen welche Formen Du nimmst und wie Du das Washing so gut hinbekommst.


    Mit freundlichen Modellbahnergrüßen

    Thomas

  • Hallo Thomas et al


    Die Silikonformen


    ich verwende Spörle-Formen; die von Langmesser ergeben mir zu dicke Gießlinge, da habe ja noch mehr mit dem Anarbeiten von Landschaft und Gebäuden zu tun.


    Der Gips


    Ich verwende meistens normalen Stuckgips aus dem Baumarkt. Keramik-Typen habe ich auch schon verwendet, die machen aber mehr Aufwand beim Zuschneiden, einfaches Anritzen und Abbrechen geht da nicht.


    Vorbereitende Arbeiten


    Die Formen lege ich vor den Abgiessarbeiten in eine Wanne mit Pril-Wasser und streiche mit einem weichen Pinsel die anhaftenden Luftblasen von der Oberfläche und vor allem aus den Ecken und Kanten heraus.


    Gips anrühren


    Den Gips streue ich in die notwendige Menge Wasser ein, so dass ein trockener "Berg" stehen bleibt, der sich von unten mit Wasser vollsaugt. Erst jetzt rühre ich um und vermeide so Klumpenbildung. Nicht wie wild rühren, das schlägt nur Luftblasen in die relativ dünnflüssige Masse.


    Die Giesserei geht los


    Nun nehme ich die Formen aus dem Prilwasser und lasse das Wasser weitgehend ablaufen. Auf einer größeren planen Glasscheibe aufgelegt, lasse ich nun den angerührten Gips in die Form laufen. Ich rüttle nun noch mechanisch die Glasplatte auf der Tischunterlage um letzte Luftblasen vom Silikon zum Aufsteigen zu bewegen. Bei kleinen detailreichen Formen wie z.B. Fässer, fahre ich noch mit einem Zahnstocher die Konturen ab und löse die kleinen Luftbläschen. Das mache ich auch schon in der prilwassergefüllten Form, die Luftfüllung macht sich durch eine "silbrige" Erscheinung in der Form bemerkbar. Alle Luft, die ich vorher aus der Form entfernt habe, kann im Gießling keine Fehlstellen mehr produzieren. Bei Gips hat man relativ viel Zeit um das Bläschenproblem anzugehen, bei rasch abbindendem Resin muss man sich sputen.


    Der Gips sedimentiert nun in die wassergefüllten Ritzen und so bildet sich eine weitgehend gipsfreie Wasserschicht auf der Oberseite. Nach einigen Minuten ziehe ich mit einem Japanspachtel das Wasser und das Zuviel an Gips von der Form ab: Ohne Druck und mit flach geführtem Blech ergibt sich so eine glatte Oberfläche.


    Der Gips braucht ca 20 Minuten zum Aushärten. Das erkenne ich daran, dass sich der Gips in der Form erwärmt (fest ist er schon vorher, aber eben noch nicht "vernetzt"). Jetzt nehme ich den noch nassen Gießling aus der Form und lege ihn auf die Heizungsrippen zum Trocknen. Gerade jetzt ist diese Trocknung ideal: Die Warme Heizung und die trockene Raumluft, da ist der Gießling spätestens "über Nacht" durchgetrocknet und fertig für die weiteren Arbeitsschritte.


    Die leere Form befreie ich von anhaftenden Gipsresten vom Abstreifen und lege sie wieder in das Prilwasser für den nächsten Abguss. So kann ich im Halbstundenrythmus zügig arbeiten.


    Ich befülle in der Regel gleich eine ganze Anzahl von Formen, also Gerade, Bögen und Gehwegteile. Wenn man die Küche sowieso schon einsaut, . . . Irgendwelche Teile hat man dann zwar zu viel und ein Teil immer zu wenig. So ist das Leben. Ich habe gern einiges auf Vorrat, dann kann ich zügig aus dem Vollen schöpfen und vor Ort probieren und ggf. neu kombinieren. Gips kostet nicht die Welt.


    Die weitere Verarbeitung


    Die trockenen Gipsteile verarbeite ich nicht "out of the form": Sie sind extrem saugfähig gegenüber Anstrichmaterialien und was erst mal eingezogen ist, bekommt man nicht mehr raus. Deshalb tränke ich die Teile in dünnflüssigem lösungsmittelhaltigem Tiefgrund. Der aus dem Baumarkt hat Testbenzin als Lösungsmittel: Das stinkt über längere Zeit. Deshalb verwende ich unser in Spiritus gelöstes MOWI (gibt es wieder bei Mike Floreth) Durch den Tiefgrund ist nicht nur die Oberfläche versiegelt sondern auch die tieferen Schichten sind verfestigt. Das ist auch für das Aufkleben der Gipsteile wichtig, da sonst nur die Oberfläche des Gipses verklebt und die Verklebung keine große Festigkeit aufweist.


    Meine Farbgebung:


    Ich streiche die Straßen grundsätzlich mit Humbrol oder Revell Enamel (Kunstharz) Lackfarben.


    Für Pflasterstraßen nehme ich Hu 72, ein Beigeton. Für Betongehwegplatten Revell 75, für Asphalt ein "mitteldunkles" Grau. (Schwarz wirkt viel zu "brutal")


    Das "Weathern"


    Nach dem Durchtrocknen der Enamels, mindestens über Nacht, überstreiche ich die Teile komplett mit einem dunklem Farbton aus PLAKA-Farbe (von Pelikan, nur noch schwer zu bekommen). Diese Plakafarbe ist auf Kasein- (Käse-) Basis, die nach dem Durchtrocknen wasserfest ist. Allerdings ist sie nicht laugenfest und so kann ich mit einer Lauge, hier Salmiak-Lösung, die Farbe mit einem salmiakfeuchtem Tüchlein wieder abwischen. Das geschieht natürlich zuerst an der Oberfläche, die tieferen Fugen bleiben von der Wischerei unberührt und somit dunkel. Gleichzeitig bleibt ein Hauch der Plakafarbe auch in der rauen Oberfläche der matten Lackfarbe zurück, so dass sich mein gewünschter "Schmuddellook" ergibt.


    Fazit


    Das ist "My "gipsy" Way". Andere werden andere Erfahrungen gesammelt haben.


    PS: Das Kolorieren der unbehandelten Gipsgießlinge mit wässrigen Farben (Acryl, Tusche usw) ist m.E. "kontraproduktiv": Gips wird durch Feuchtigkeit weich und beim Überpinseln mit wässrigen Systemen werden gerade die scharfen Kanten schnell erweicht und vom Pinsel "rund" gemacht. Schade um die knackig abgegossenen Kanten.

    Es muss nicht alles perfekt sein was gut ist


    Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles eine Bemerkung. Heinrich Heine

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Bruno,


    vielen Dank für den ausführlichen Einblick in Deine Gipswerkstatt. Ich habe mich bisher noch nicht an Gipsformen rangetraut, werde es aber einmal versuchen. Ich habe hier Tunnelportale aus Silkon. Sind zwar schon älter aber noch komplett flexibel. Die milionenfach vorhandenen Tutorials, da wo auch die Ergebnisse Klasse aussehen, verlangen immer spezielle Gipse aus Alabaster und hast Du nicht gesehen. Wie man aber unzweifelhaft sehen kann geht es auch, dem Höchsten sei Dank, ganz Normal.

    Den Tiefengrund aus MOWI habe ich im Netz nicht gefunden, den Mike auch nicht. Hast Du einen Link zu den/m Produkt/en? Ansonsten gibt es ja noch andere "Tiefengründe". Ich habe hier einen von PCI der stinkt während der Verarbeitung leicht nach Salmiak. Danach aber vollkommen geruchlos und ist wasserverdünnbar. Der ist speziell für Gipsputze damit es beim Anstrich nicht so saugt. Ist sehr dünn und wird mit der Gartenspritze aufgetragen. Könnte man doch auch mal als Tauchgrundierung versuchen?

    Beim Abtupfen mit Salmiak. Welches Produkt verwendest Du da. Salmiakgeist aus der Apotheke zieht mir die Schuhe aus.... Aber Pelikan Plakafarben gibt es in unserem Schreibwarenladen noch in großer Auswahl. Habe neulich für meinen Sohn Farben für die Schule gebraucht.


    Mit freundlichen Modellbahnergrüßen

    Thomas

  • Hallo Thomas,


    MOWI und Mike sind natürlich vom FREMO, ruf´ihn doch mal an: 0170 832 4759. Oder Emaile fremobestellung@email.de


    Der von Dir beschriebene Tiefgrund ist auf Wasserbasis, damit habe ich keine Erfahrung. Einfach mal probieren.


    Salmiak gibt es preiswerter im Baumarkt oder der Großdrogerie wie bei uns Rossmann oder DM. Zieht aber auch die Schuhe aus ;-)) Er wird als 9 %ig oder höher konzentriert gehandelt, wir brauchen ihn aber stark verdünnt. Da bleiben die Schuhe an. Also : Ein "Schuss" auf eine Tasse Wasser.


    Von den Plakafarben brauche ich eigentlich nur Schwarz und Grau ggf. Weiss. Damit stelle ich mir unterschiedliche Grautöne her: Sehr hell für Ziegelmauerwerk bis sehr dunkel für den Asphaltverguss der Steinstraßen. Für die Gehwege ein wenig heller, hier ist es ja nur in die Fugen getretener Schmutz.


    Die Silikonformen sind eigentlich alterungsresistent; waagerecht lagern damit sie sich nicht verziehen und immer Karton oder Papier zwischen die Formen lagen. Mit Gips lassen sich praktisch unendlich viele Abgüsse herstellen. Es gibt ggf. mechanische Einrisse bei stärkeren Hinterschneidungen; aber die kann man reparieren oder einfach zusammendrücken beim Abgiessen. Die Spörle-Formen sind da aber unkritisch.


    Mit Resin sieht die Haltbarkeit schon anders aus, da die noch flüssigen Resine das Trennsilikon aus den Formwandungen lösen. So werden gerade feine Strukturen und Ecken und Kanten schnell unflexibel und verkleben schlimmstenfalls mit dem ausgehärteten Resin, dann reisst die Form aus. Da kann schon nach 5 - 10 Abgüssen eine neue Form nötig werden.


    Zu den erwähnten Tutorials: Es gibt eine Menge Leute, die banale Dinge zur Wissenschaft hochstilisieren. Da haben sie dann etwas Eigenes und werden "vergöttert".


    Frisch ans Werk! LG - bob -

    Es muss nicht alles perfekt sein was gut ist


    Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles eine Bemerkung. Heinrich Heine

    • Offizieller Beitrag

    Moin Bruno,


    meine Silikoformen lagern in der Tat liegend im Kühlschrank. Ich habe einen kleinen Kühlschrank in der Werkstatt dort lagere ich diverse Kleber und Lötpasten und eben die Silikonformen in einer Plastikdose mit Backpapier voneinander getrennt. Mit Resin habe ich noch nicht gearbeitet bis auf den Verguss von Elektronik. Aber dafür braucht es keine Silikonformen.


    Ich werde mal über die Feiertage einen Versuchsballon starten. Frischen Stuckgips habe ich noch von unserem Umbau im Sommer, den werde ich mal nehmen. Eine Frage habe ich trotzdem noch. Du trocknest die Gießlinge auf der Heizung. Gibt es da keine Risse durch den schnellen Wasserverlust? In besagten Tutorials wird davor gewarnt. Aber das scheint wohl auch eine Ente zu sein, sieht man sich Deine Ergebnisse an.


    Nochmals vielen Dank für die Einführung.


    Mit freundlichen Modellbahnergrüßen

    Thomas

  • Hallo Thomas

    Ich habe auch schon einige Formen abgegossen. Mit Gips oder Keramikmasse - aber Risse hatte ich noch nie.

    Manchmal macht man sich zuviel Gedanken...

    Gips ist für Strassen besser geeignet, wenn Du "zuschneiden" willst. Also auf der Rückseite Ritzen und über eine Kante brechen.

    Aber das hatte Bruno schon geschrieben.

    Just Do It!


    LG,

    Axel

  • Hallo Thomas,


    das mit dem Gips gießen ist wirklich keine Hexerei. Ich habe da schon Weichenantriebe und Ablenkungen und so Zeugs in eigenen Formen gemacht.

    Ich nehme für feine kleine Sachen gerne Porzelin, das ist so ein Modellgips aus dem Bastelladen. Der wird etwas härter, lässt sich aber auch nicht so gut mit Wasserfarben u.ä. färben. Das geht mit Gips besser wenn man sehr sehr verdünnte Wasserfarben (Schulmalkasten) nimmt. Einfach mal probieren.

    Noch ein Tipp zu den Luftblasen. Ich gieße meine Formen mit sehr dünner Gips/ Porzellinmasse und stelle die volle Form auf den Schwingschleifer (altes Papier drauf ist nicht schlecht) und lasse den mal kurz anlaufen. So werden die Bläschen kräftig rausgeschüttelt aber der Gips bleibt drin. Versuch es mal...


    Michael R

  • Moin Leute

    Da auch ich zu der Stuckateur Fraktion gehöre; wohl angesteckt von Bruno; möchte ich folgendes anmerken.

    Silikonformen haben bei mir ihre Eigenschaften nicht verändert, der Abguss ist nach wie vor gleich auch wenn die Form bei mir und anderen Hobbykollegen über Jahre gelagert und unterschiedlich genutzt wurden.

    Bevorzugt nehme ich den (Modell) Gips aus dem Baumarkt.

    Die Form wird vorher mit Spüliwasser ausgespült und manchmal nehme ich vor dem ersten Gebrauch auch Ochsengalle aus dem Künstlerbereich; weil es in unserem Haushalt vorhanden ist.

    Luftblasen versuche ich durch rütteln der Form zu vermeiden, ich mache es durch anheben und fallenlassen der Form unmittelbar nach einbringen des Gipses.

    Bei dem Mischungsverhältnis, Zeiten usw. halte ich mich an der Empfehlung von Spörle.

    Die Empfehlung von Langmesser ist fast identisch. Von beiden Anbietern habe ich eine große Anzahl von Formen, bei Langmesser bringt man jede Menge mehr Material und damit Gewicht auf das Modul oder die Anlage. Selbsttragend ist der Abguss (bei Anhänger Transport) dennoch nicht.

    Eigentlich kann man beim Herstellen der Abdrücke absolut nichts falsch machen.

    Beim Verlegen gibt es unterschiedliche Methoden. Da sollte jeder selber experimentieren.

    Damit der Kleber hält sollte man die Rückseite behandeln. Wer den Abguss komplett in Tiefgrund legt hat dann den Effekt, das auch die Vorderseite nicht mehr “saugt“. Das ist bei der Farbgebung von Bedeutung. Manche nutzen den „Saugeffekt“ bei der Kolorierung dessen, was sie mit den Gipsabdrücken darstellen möchten. Gerade wer mit Wasserfarben arbeitet kann hier tolle gewollte oder ungewollte, aber wunderschöne Ergebnisse erzielen. Hier ist experimentieren angesagt!


    :verrueckt::wissenschaftler:

    Soweit meine Anmerkungen… und nun gipst man schön.


    Lieber Gruß

    :matrose::matrose::matrose:


    Friedrich