Messing Lok - Stromabnahme und Probleme bei Boostergrenzen

  • Hallo Zusammen

    ich habe eine Frage bezüglich der Stromaufnahme und den Boostergrenzen im Fremo.


    Zur Erläuterung:

    im Fremo hat jede Betriebsstelle einen eigenen Loconet Booster, der das DCC Signal auf die Schiene bringt.
    Der Booster versorgt auch immer einen Abschnitt der Strecke mit und irgendwann gibt es eine Boostergrenze.

    Dort stossen weder die Schienen zusammen noch sind die stromleitenden Verbindungen zwischen den Modulen

    verbunden. Die Fremorikaner kenne das...


    Meine Fulgurex Re 6/6 ist ein Messing Modell. Die Stromabnahme erfolgt über das Vorder und Hintere Drehgestell.

    ABER das Linke Gleis wird vorn aufgenommen, das Rechte Gleis hinten. Das Drehgestell in der Mitte ist isoliert.

    Das heisst, ich habe nur EIN Kabel je Drehgestell und es wird nur eine Seite aufgenommen.


    img_1884-600x800.jpg


    Wenn ich jetzt mit dieser Lok auf dem Layout unterwegs bin und eine Boostergrenze überfahre, geht einer der Booster auf Kurzschluss.


    Die Frage ist nun - warum? Ich würde das gern verstehen. Denn was passiert bei Personenwagen mit Innenbeleuchtung, die auf ähnliche Art und Weise Stromaufnehmen?

    Ich habe 20 Wagen von Ade & LS Model herumliegen und möchte eigentlich nicht alle kompett neu verkabeln müssen.


    Abhilfe ist wahrscheinlich das nachrüsten und neuverkabeln. Oder gibt es eine Trick mit etwas Elektronik?

    Ich schiele mal in Heiko H und Thomas S Richtung wegen der Erklärung...


    LG,

    Axel

  • Hallo Axel,


    ohne Dich persönlich angreifen zu wollen oder den Oberlehrer zu sehr heraushängen zu lassen:


    dsc08635hpugq.jpg

    Die Themen versetzte Stromabnahme, verpappte Getriebe und stromfressende Originalmotoren wurden schon einmal angesprochen.






    dsc08602fiijt.jpg

    Ich hoffe Du hast diesen Stromfresser bei Deiner Lok durch Schweizer Hightech in Form eines Maxon Motors ersetzt. ;)



    Das Konzept der originalen versetzten Stromabnahme nur durch die Achslager reicht für einen zuverlässigen Anlagenbetrieb nicht aus.

    PUNKT.

    Das ist schon bei analogen Betrieb der Fall, also pure Elektromechanik. Auch da gibt es Probleme beim Überfahren von Trennstellen zwischen 2 Stromversorgungsbezirken.

    Bei Digital verschärfen sich die Probleme dann noch mit einem Multiplikationsfaktor.




    Wenn man mit einer normalen Stromabnahme, d.h. von beiden Schienen gleichzeitig und nicht versetzt, die Boostertrennstelle überfährt, so überbrückt man bei dieser Boostertrennstelle beide Schienen gleichzeitig. Dafür sind die Booster ausgelegt und es passiert nichts.

    Bei Loks mit versetzter Stromabnahme werden die Trennstellen jedoch asymetrisch überbrückt. Das interpretiert die Elektronik in den Boostern dann als Kurzschluß und schaltet ab. Der schnellere Booster schaltet ab, während der langsamere dann keinen Kurzschluß mehr erkennt und daher nicht abschaltet.

    Sind auch noch elektronische Voodoo-Zauber in der Lok im Einsatz um die mangelhafte Originalstromabnahme zu übertünchen, dann weiß ich auch nicht genau was diese vagabundierenden Ströme aus den Kondensatoren in den Boostern anrichten :P


    Und immer daran denken:

    Elektronische Probleme löst man mit Elektronik.

    Mechanische Probleme löst man mit Mechanik.

    Elektromechanische Probleme löst man mit elektromechanischen Maßnahmen.


    Meine 0,2€ dazu

    • Offizieller Beitrag

    Gude Axel,

    ich versuche es mal. Erinnern wir uns daran, das die Gleisversorgungsspannung eine Wechselspannung ist. Natürlich eine elektronisch erzeugte Wechselspannung. Dies ist notwendig, da dieser Wechselspannung die Datenpakete des DCC Signals aufgeprägt werden. In der Lok wird daraus mit einem Gleichrichter eine Gleichspannung gemacht, die die Motoren und Lämpchen versorgt. Vor dem Gleichrichter sitzt ein Optokopler, der die Daten aus der Spannungsversorgung ausfiltert und dem Prozessor zur Verfügung stellt. Das ist grob erklärt die Funktionsweise.


    Wie oben erwähnt haben wir in den Loks Gleichspannungsmotoren, die durch Umpolen die Fahrtrichtung wechseln. Zu diesem Zweck sind im Decoder sogenannte H-Brücken eingebaut. Das sind im Prinzip 4 Transistoren, die immer paarweise angesteuert werden.

    H-Bruecke%20-%20Die%20Andersherum-Schaltung%20S01.GIF

    Im Bild sind die Transistoren als Schalter S1 bis S4 dargestellt. An S1 und S3 oben liegt der Pluspol und an S2 und S4 unten liegt der Minuspol. Schalte ich jetzt S3 und S2 zur gleichen Zeit ein, dann läuft der Motor z.B. rechts herum. Schalte ich dagegen S1 und S4 ein dreht sich die Drehrichtung des Motors und er läuft links herum.


    So nun weiter. Im Booster befindet sich ebenfalls eine solche H-Brücke und an Stelle des Motors liegen unsere Gleisanschlüsse. Das Gleissignal und somit die gleichzeitige Ansteuerung der H-Brücken in den einzelnen Boostern wird über das Lokonet bewerkstelligt. Das nennt man Synchronisation des Gleissignals. Bei allen Systemen, ob Loconet oder BiDiB oder was auch immer, hat diese Synchronisation oberste Priorität. Erinnern wir uns kurz an die oben erwähnte Wechselspannung am Gleis. Das heißt, das rechte und linke Schiene abwechseln Plus- und Minuspotential haben. Wäre dieser Wechsel nicht synchronisiert, dann würde es an der Boostergrenze jedes Mal zu einem Kurzschluss kommen. Selbst dann, wenn nur eine Achse über den Übergang fährt. Also immer dann, wenn die betroffenen Boster gegensätzliche Spannungen auf das Gleis geben. (Bei der Frequenz der Wechselspannung also sozusagen immer!)



    Jetzt wird es etwas kniffelig ohne technisch zu werden. Gut. Jeder weiß, das der Strom von Plus nach Minus fließt. Also z.B von der linken Schiene über den Motor zur rechten Schiene. Im Motor verrichtet der Strom seine Arbeit und der Motor dreht sich. Jetzt ist es so, dass die Menge an Strom, die aus der linken Schiene rausfließt, genauso groß ist wie die Menge Strom, die in die rechte Schiene hineinfließt. Damit ist der Stromkreis geschlossen und alles ist gut.

    Jetzt passiert aber bei Deiner Lok folgendes: Du entnimmst aus dem einen Booster (z.B. linke Schiene) den Strom, führst ihn über den Motor und dann gibst Du ihn an den (rechte Schiene) zweiten Booster wieder ab. Jetzt könnte man meinen, das ja der Stromkreis nicht geschlossen ist und die Lok stehen bleiben müsste. Warum kommt es jetzt zum "Kurzschluss"? Um es einfach auszudrücken es kommt zu einem Summenstromfehler. Der eine Booster liefert mehr Strom als er zurückbekommt, der Andere bekommt mehr zurück als er geliefert hat. Meistens ist diese Überwachung auf dem Chip der H-Brücke integriert und führt einfach zu einer Abschaltung, was nach außen als Kurzschluss gemeldet wird. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass es noch ein paar andere Gründe gibt, aber da müsste man ausholen.


    Eine Sache noch. Deine Stromabnahme kann unter Umständen auch dem Decoder das Leben kosten. Die Stromentnahme über beide Drehgestelle ist machbar, aber bitte an beiden den fehlenden Pol nachrüsten. Damit fließen die Ströme entsprechend ihres "Lieferanten" zurück und alles ist gut. Jedenfalls so lange beide Booster eingeschaltet sind. Ansonsten versorgst du den einen Booster über die Lok "von hinten" mit Strom und den bekommst Du dann nicht mehr eingeschaltet. Aber auch das sind Spezialfälle.


    Ich hoffe es hilft.


    Mit freundlichen Modellbahnergrüßen

    Thomas


    PS: Der Messingrahmen ist natürlich gegen alle Gleisanschlüsse isoliert. Entschuldige die blöde Frage.

    "Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." Jorge Augustín Nicolás Ruiz de Santayana

  • @ Thomas,


    zur Ergänzung:

    dsc0129564sle.jpg

    So sieht das auch bei Axels Re 6/6 unter der Haube aus. Du erkennst unterschiedlich gestaltete Drehzapfen, deutlich bei der hintersten Lok sichtbar.

    Die DG-Aufnahme mit dem größeren Durchmesser ist isoliert. Das DG ist hier gegenüber dem Hauptrahmen komplett isoliert. Die andere Drehzapfenaufnahme ist dagegen nicht isoliert und das DG als auch der Hauptrahmen und das Gehäuse sind permanent mit einer Schiene elektrisch verbunden.

    Die ganze Elektrik ab Werk besteht aus nur 2 Kabeln welche die Lötfahnen an den Drehzapfen mit den Bürsten verbinden. Wovon auch noch eines bei gewissen Serien überflüssig ist, weil eine Bürstenführung des Motors nicht isoliert ist und so über die Lokmasse permanent mit einer Schiene verbunden ist.

  • Hallo Zusammen

    Alles klar :)

    Die Information mit den H-Brücken war die Erklärung, die ich gehofft hatte zu bekommen.

    Logisch, dass das Bilanzspiel dann nicht aufgeht und die Elektronik einschreitet.


    Und lieber Lutz - na klar habe ich die Lok innen umgebaut. Es ist ein Mashima statt Maxon geworden, aber das Ding fährt Seidenweich.


    img_1895-e1516809372391-800x600.jpg


    In dem Fall werde ich wohl alle Stromaufnahmen umbauen müssen.


    LG & Danke!!

    Axel