Heute nehme ich Euch mit auf eine Reise in die Vergangenheit, nämlich ins Jahr 1998:
August 1998. Mein Arbeitgeber, die Frankfurt-Königsteiner Eisenbahn, hat mich wieder einmal an die Konzernschwester Butzbach-Licher Eisenbahn ausgeliehen. Da bei der BLE durch die Aufnahme von Neuverkehren im Auftrag des Rhein-Main Verkehrsverbundes alle personellen Kapazitäten gebunden sind, fahre ich seit Mai für „BLE-Cargo“ die Dienstschicht 401. In diesem Tagesdienst sind alle Güterzugleistungen im Bereich der BLE zusammen gefasst.
Als Höhepunkt steht am Nachmittag der Wagenaustausch mit der DB im Friedberger Güterbahnhof auf dem Programm.
Für diese Aufgaben stehen bei der BLE zu diesem Zeitpunkt drei Loks zur Verfügung:
Die von der Siegener Kreisbahn stammenden Jung Loks V13 und V17, beide vom Typ R 42 C. Außerdem die V100PA32, deren Geschichte als V32 bei der Hersfelder Kreisbahn begann. Hierbei handelt es sich, wie schon die Betriebsnummer vermuten lässt, um eine von nur 10 gebauten V100PA aus dem Hause MaK, auch als Werkstyp MaK 1300BB bekannt.
Von den anderen neun V100PA, die bis zur Rahmenoberkante im übrigen mit der DB V100 weitgehend identisch sind, unterscheidet sich unser Exemplar durch einen zweiten Schornstein auf der Heizkesselseite. Da nämlich bei ihrer früheren Einsatzbahn auch lokbespannte Reisezüge zu fahren waren (zumindest in den ersten Jahren), ließ die damalige Hersfelder Kreisbahn ihre Lokomotive mit einem Dampfheizkessel analog der DB V100 ausrüsten.
Der erste Teil des Tages wird am Vormittag mit den kleineren und damit wendigeren Jung-Loks abgewickelt; dass die von meinem früheren Arbeitgeber stammenden Loks außerdem sparsamer mit dem teuren Dieselkraftstoff umgehen ist ein weiterer Aspekt.
Nach dem üblichen Vorbereitungsdienst fahre ich die V13 aus dem Lokschuppen. Nachdem ich das Hallentor geschlossen habe, begebe ich mich in den Aufenthaltsraum, um das Frühstück zu fassen. (Selbiges bringt ein Busfahrer jeden Morgen von einer Metzgerei in Eberstadt mit, die so wie der Zufall es will, über ihre eigene Haltestelle verfügt…)
Nach der Stärkung begeben „Lobo“ (der Rangierleiter) und ich uns zur Leitstelle, um den Auftragszettel für den heutigen Tag zu empfangen.
Folgende Aufgaben verlangt uns der „Auftragszettel 163“ heute Morgen ab:
• Fa. Wulffen 9:15, einen E leer zum beladen bereitstellen
15:15, E beladen abziehen
• Bhf. Ober-Hörgern 1Rs und 1Ks leer abziehen; Butzbach DB abst.
• Sandwerk Gambach 1 Td zum Entladen bereitstellen
• Bhf. Griedel 1 Eaos im Ladegleis bereitstellen
• Fa. BWG 10:15, 1 leeren Res nach Gleis 5 stellen
Na ja, auf den ersten Blick ist das ja nicht allzu viel; aber damit werden wir bis zur Mittagspause schon Beschäftigung haben. Nachdem wir vom Lokschuppengleis ins Hauptgleis umgesetzt haben, fahren wir von Butzbach Ost, kurz FBZO, über Butzbach Nord, wo wir Kopf machen müssen, zum DB-Bahnhof. Aus den hier geparkten Leerwagen suchen wir uns die notwendigen für heute heraus (hier im DB-Bahnhof steht immer eine Anzahl der von uns häufig benötigten Wagentypen bereit). Außerdem nehmen wir die Eingangswagen vom Vortag für das Weichenwerk BWG in Butzbach-Nord -2 mit Schienen beladene Samms- und 3 mit Holz beladene Eaos-Wagen für den Holzhändler in Münzenberg mit.
Nach umfangreichem Rangieren schiebe ich die sortierte Fuhre vom DB-Bahnhof die Rampe hinunter nach Butzbach Nord. Das heißt, den E-Wagen für Dr.Wulffen haben wir hinter der Lok eingereiht. Nachdem der Zug hinter einem Bahnübergang zum stehen gekommen ist, hängt Lobo den Train ab. Nur mit dem jetzt geschobenen E-Wagen fahren wir in den Anschluss des Schrottis…, sorry, heißt heute natürlich Rohstoffverwerters, ein. Wagen abhängen, Lok ins Hauptgleis fahren, Gleissperre zu und Weiche in Grundstellung; dann fahre ich die V 13 wieder an den Zug.
Von Butzbach Nord aus können die Gleise 1-5 der BWG in unserer jetzigen Ausrichtung, Lok Richtung Münzenberg, bedient werden. Also die gesamte Fuhre hinter die Anschlussweiche von Gleis 1/2 geschoben. Danach die beiden mit Schienen beladenen Samms abhängen, den restlichen Zug mit Hemmschuh sichern und dann die Wagen in Gleis 2 passend unter die Kranbahn zum Entladen positionieren geht ruck-zuck. Nach dem hinausfahren Weiche in Grundstellung, Gleissperre nicht vergessen und den Zug wieder anhängen. Der leere Res für Gleis 5 steht passend an der Spitze der Wagenschlange; dadurch kann er mit der ganzen Fuhre gleich in die Montagehalle geschoben werden. Auch hier die obligatorischen Handlungen mit Gleissperren und Weichengrundstellungen.
Dann geht es, vorbei am Betriebswerk der BLE, auf die Strecke in Richtung Münzenberg.
Das Betriebswerk der BLE in Butzbach-Ost mit den LVT-S.
An der Lok 3 beladene Eaos für Münzenberg, dann den Eaos für Griedel. Den Td für das Sandwerk werden wir aus dem „Pool“ der in Gambach bereitstehenden Wagen entnehmen. Da es sich hierbei um Privatwagen der „Deutschen Quarzwerke“ handelt (ja genau, die mit dem türkisen Streifen), kann die DB für diese Wagen keine Standgebühren erheben. Wöchentlich erreichen 5 bis 7 dieser Wagen den Bahnhof Gambach. die dort abgestellt und nach und nach dem Sandwerk zugeführt werden.
Mit den erlaubten 30 km/h lasse ich den kurzen Zug das Gefälle hinab nach Griedel rollen. Hier angekommen parken wir den Eaos im Ladegleis. Auch diese Rangierbewegungen führe ich mit dem gesamten Zug aus, um Lobo unnötige Kuppelei zu ersparen; außerdem ist der Wagen passend am Zugschluss eingereiht.
Weichen und Gleissperren wie schon beschrieben, dann zuckeln wir weiter in Richtung Münzenberg. In Ober-Hörgern fahren wir dann den gesamten Zug aus Richtung Münzenberg ins Lade- und Umfahrgleis und kuppeln die dort stehenden Res und Ks an. Mit der Lok umfahre ich den Zug durchs Hauptgleis. Anhängen und Bremsprobe, dann den Zug zurück ins Hauptgleis. Lobo stellt die schon mehrfach erwähnte Grundstellung her und dann geht es geschoben weiter nach Münzenberg.
Öberhörgern
Ankunft in Münzenberg
Rangieren in Münzenberg
V13 in Münzenberg