Hallo zusammen!
Eine alte Dame soll aus dem Dornröschenschlaf erwachen und digitalisiert werden:
In diesem Thread möchte ich versuchen, mit einfachen Mitteln zunächst ein annehmbares Fahrverhalten als Grundlage für Digitalisierung/Sound plus eventuelle weitere „Investitionen“ zu erarbeiten. Nicht erschrecken, das Modell kommt optisch serienmäßig daher und ist um die 40 Jahre alt, was man vor allem an den Radsätzen und Leuchten auch sieht. Im DSO nachgefragt, bestätigte sich das Bild einer tendenziell bei vielen Besitzern stark schlingernden sowie unbeliebten Lok. Eine umfassende Lösung hatte jedoch niemand parat. Im Eisenbahnkurier 9/92 wurde das Thema behandelt. Dort wird u.a. ein „leichtes Hakeln der Steuerung“ erwähnt „dessen Ursache sich nicht entdecken ließ“. Das dort genannte Verkleben der Rahmenteile wollte ich aus Wartungsgründen vermeiden.
Zum Glück besitzt das Modell zwar keinen für heutige Maßstäbe schönen, aber einen in Sachen Rund- und Planlauf hervorragenden Serienradsatz, den man für Versuche erst mal gut verwenden kann. Mein zweites "neueres" Modell mit dem optisch schöneren geschwärzten Radsatz war bereits an dieser Hürde gescheitert.
Im DSO hatte ich von "Farjado" den Hinweis bekommen, die Gegend um den Kreuzkopf herum genau anzusehen. Das war ein heißer Tipp, denn die Schieberführung besitzt in der Tat einen ungünstigen Überstand (2), mit welchem der Voreilhebel (3) kollidiert! Außerdem sitzt die Schieberführung aufgrund einiger Grate nicht weit genug im Zylinder (1) – auch das trägt zur Kollision bei.
Überstand entfernen
ebenso die Grate zum Zylinder hin (1). Schon hat der Voreilhebel die entscheidenden Zehntel mehr Luft zur Schieberführung (3) und die Kolbenstange (2) kommt ungehindert in ihre Endlage
Läuft schon viel besser. Aber zu früh gefreut. Immer noch ein sporadisches Zucken! Hier ein weiterer Übeltäter: Die linke Treibstange schlägt am Steuerungsträger an (dunkler Abrieb). Lösung – ein paar Zehntel kappen. War bei mir nur einseitig, die andere Seite war bereits kurz genug (sah aber auch nach Nacharbeit aus).
Vorher
Nachher
Grundsätzlich fiel mir noch auf: Beim Schieben des nackten Fahrwerks sollte man sich das Zusammenspiel von Treibstange zu Schwingenstange/Gegenkurbel in Ruhe ansehen, auch hier kann es zu Kollisionen kommen, welche Zucken des Aufbaus, Rucken, Klemmen oder Klackern verursachen.
Nach Kurvenfahrten stand der Aufbau immer wieder erheblich schräg über den Radsätzen. Da ich keine sehr kleinen Radien fahren muß, bin ich wie schon bei einer alten GfN 94 her gegangen und habe bei der erheblich an Seiten-Spiel „leidenden“ letzten Kuppelachse beidseitig 1 mm dicke Nylonscheiben unterlegt. Geschlitzt und über die Achse gesteckt, ohne Raddemontage. Die Scheiben sind relativ hart und nehmen danach ihre Ursprungsform wieder gut an. Problem behoben:
Immer noch ein Tick zu viel Geschlingere. Maßnahme: Selbstklebender 3 mm Moosgummi beidseitig neben dem Schneckengehäuse. Zwei Fliegen mit einer Klappe: Gelegentliches Geklapper zwischen oberem und unterem Rahmenteil (sind vorne ja beweglich verbunden) wird gleichzeitig abgestellt:
So sind wir schon beim Thema Geräuschkulisse angekommen. Serienmäßig sitzt die Schnecke deutlich außermittig über der Schneckenradachse. Vorwärts lief die Lok deutlich lauter/brummiger als rückwärts. Läßt sich einfach beheben, Schnecke auf Ihrer Achse um 180° drehen, dann passt das:
Eine versteckte, mögliche Geräuschquelle: Die Anschlußkabel von den Stromabnehmern zur Platine können bei ungünstiger/Länge Biegung die Klauenkupplung touchieren. Dann fängt der am Rahmen angelehnte Stromabnehmer an, gegen selbigen zu schlagen. Man glaubt nicht, wie laut das resonieren kann:
Mit Erstaunen stellte ich beim Hütchentausch rein zufällig fest, daß meine beiden Lokgehäuse (erste Serie mit blanken und zweite Serie mit geschwärzten Rädern) unterschiedlich stark resonierten. Mit dem älteren Gehäuse rumpelte die Lok deutlich mehr. Ich konnte keinerlei optischen Unterschied zwischen den Gehäusen ausmachen. So habe ich einfach das "leisere" behalten. Das war nur eine Nuance, aber eben auch ein Baustein im Geräuschpuzzle.
Zum Motor: Bei meinen beiden Loks war ein akustischer Unterschied gut hörbar (der Gewuchtete klang paradoxerweise lauter!). Aufgrund seiner wenig prickelnden Langsamfahreigenschaften und der viel zu hohen Endgeschwindigkeit, habe ich ein Experiment mit einem 2 Euro „Minebea“ China-6-Poler (15x15mm Querschnitt) als "Re-Power" Versuch gewagt. 6500 1/min und gut Drehmoment für seine Größe, laut Verkaufstext. Was meiner Erfahrung nach sogar durchaus stimmt. Der Motor läuft zudem sehr vibrationsarm! Kaum Rastmoment. Die Lok würde analog nun nur noch eine Vmax von ca. 70km/h erreichen. Aus einem Stück Aluminium habe ich mir einen Motorhalter gebogen, der auch Decoder samt Schnittstelle plus 11x15 Lautsprecher aufnehmen kann. Ohne den Führerhausdurchblick zu verbauen, was mir sehr wichtig ist:
links Serienmotor, rechts der neue Motorträger mit identischen Außenmaßen
Die Motorwelle wird auf 90° Versatz umgebaut, da der Motor außermittig sitzt
So sieht der Träger voll bestückt aus (im Bild über dem Motor der sehr kompakte Decoder samt Schnittstelle (per altmodischem Klebeband isoliert ggü. Träger und Motor, bei D&H aus thermischen Gründen nicht mit Schrumpfschlauch erlaubt!), hinter dem Motor der Lautsprecher und der restliche Platz dient als Kabelstauraum
Als Kaschierung kommt ein "Deckel" drauf (wird später mal lackiert, vielleicht auch statt Karton aus PS o.ä.)
Folglich rechts die „Durchsicht“, wie man sie auch von aktuellen Roco Loks kennt, links Serie:
Ergebnis:
Laufgeräusch, ohne Sound
Das Motörchen läuft nicht so leise wie ein Glockenanker. Aber hörbar leiser als das Original und wie man sieht läßt er sich schön regeln.
Mit Doehler & Haass SD18A Sounddecoder, 11x15 Zimo Lautsprecher mit selbst aufgeklebtem 5mm Resonanzkörper. Leo P8 Soundprojekt (passt theoretisch von der Lokverwandtschaft her meine ich).
Vorwärts
Rückwärts
Leider läuft die Lok nur unter besten Bedingungen digital mit Sound in Sachen Stromabnahme reibungslos. Einfachste Lösung: 1100 µF Pufferspeicher (Beispiel kompakter Fischer Modell Bausatz mit Ladeelektronik vor dem Einschrumpfen; mit diesem Bausatz kann der Decoder trotz Puffer übrigens noch programmiert werden!). Im Stehkessel gibt es ohne Nacharbeit sogar schon den passenden Hohlraum.
Würde ich die Vorläufer zur Stromabnahme heranziehen, wäre das Problem vielleicht auch gelöst. Wäre aber mehr Bastelaufwand, bis die Plastikräder ohne Blockieren durch Stromabnehmer laufen. Meiner Erfahrung nach mit so leichten, nicht nennenswert gestützten Rädern ein Geduldsspiel.
Soweit der erste Ansatz. Rückwärts sehe ich gelegentlich schon noch einen leichten Hüftschwung. Geht aber nicht mehr darüber hinaus, was ich bei so manchen viel aktuelleren Modellen schon konstruktiv/serienmäßig beobachtet habe. Von daher schon ein großer Fortschritt gegenüber Urzustand bzw. erst mal gut genug. Gleiches gilt für Fahrgeräusch und Motorcharakteristik. Wichtig ist - die Summe der Maßnahmen bringt es. Es war also nicht jeweils DER entscheidende Schritt dabei. Nun darf sich die Lok erst mal im Betrieb bewähren. Wenn zufriedenstellend zuverlässig, geht es an die „Kosmetik“.
Viele Grüße
Bernd