Hallo Freunde;
Seit April 2008 baue ich an einem Modell der polnischen Ok22- einem Nachbau und Weiterentwicklung der preußischen P8. Die Lok wurden von Hanomag entwickelt und in einer Baumusterserie von fünf Stück auch dort gebaut. 1924 wurden dann diese Lok in Polen von Fablok und Chrzanow in etwa 100 Stück gebaut. Im zweiten Weltkrieg sind einige Lok auf dem Gebiet der DR verblieben und im Austausch mit DR -Lok 1955 ausgetauscht worden. Genaueres ist bei Michael Reimer, "Fremdlokomotiven bei der Deutschen Reichsbahn" zu lesen.
Da es aber recht schwierig ist, an die Zeichnungssätze zu kommen, blieb nur der Ausweg über den Kartonmodell-Bausatz des Zetka-Verlages. Dieser ist weitgehend Maßstabsgerecht, allerdings enthält er einige Ungenauigkeiten und Fehler, die ich dann entsprechend 1:1 in das Messingmodell umgesetzt habe.Eigene Vermessungen, Fotos (auch von Wojtek Lis) und die Skizze in einer von PKP-Cargo herausgegebenen Broschüre ergänzten die Planungsunterlagen.
Nun möchte ich die bisher abgeschlossenen Arbeiten vorstellen- für Kritik und Tips bin ich dankbar.
Ätzrahmen
Rohbau mit Fleischmanndrehgestell und Gerard-Rädern
Mittlerweile ist das Fahrgestell vervollständigt. Das Fleischmanndrehgestell ist durch einen vorbildentsprechenden Eigenbau ersetzt worden,gleichzeitig sind die Gerard-Räder durch Fleischmannräder ausgetauscht worden. Das Gestänge ist von Reitz. Die Teile der Bremse stammen von m+f und Gerard.Der Austausch der Treibachsen war notwendig, weil die Gerard-Räder "eierten"! Oben ist der Rohbau des Rahmens zu sehen...
Diese Lokomotive ist eine von m.W. zwei existierenden Exemplaren. Die eine ( Ok22 31 )ist in Wolsztyn bis Dezember 2009 betriebsfähig gewesen, die andere( Ok22 23) steht seit vielen Jahren in Jaworzyna Slaska im Museum.
Dabei ist letztere eigentlich nur noch ein ausgestellter Schrotthaufen.
Bei der Ausfahrt aus dem Bf Wloszakowice- es regnete Bindfäden und ich habe nur einen 100ASA-Film in der Kamera
Auf dem Rückweg nach Wolsztyn-inzwischen ist auch das Wetter besser
Arg ausgeschlachtet steht die Lok schon seit Jahren im Freien, aber man kann trotzdem erkennen, daß sich die Kesselaufbauten unterscheiden.
Nach einem Abendessen im "Europa" (Wolsztyn-Besucher werden wissen-was ich meine) entstand die Idee, eine polnische Dampflok entstehen zu lassen.Die Frage war bloß, welche.
Einer der Eisenbahnfreunde meinte so beiläufig-die Ok 22 wäre eine schöne Lok.So habe ich begonnen, die Lok zu vermessen,Fotos und Zeichnungen und Detailaufnahmen von dieser (der Ok22 31) zu sammeln.
Nach und nach entstanden Zeichnungen und Ätzbögen.
Mittlerweile ist der Bau der Lokomotive recht weit fortgeschritten. Das heißt, das Fahrwerk ist weitestgehend fertiggestellt. Und auch der Umlauf, Kessel und Führerstand sind weitestgehend komplett.
Jetzt geht es darum, die Lokomotive mit den typischen Armaturen zuzurüsten.Und damit beginnen die Schwierigkeiten: bei einem ausländischen Modell sind die hier erhältlichen Zurüstteile nur sehr eingeschränkt einsetzbar.Es bleibt nur der vollständige Eigenbau...
Als erstes ist hier das Abschlammventil zu sehen, welches sich am Kesselbauch unterhalb der Speiseventile befindet.
Auf dem Foto ist es lediglich auf die Seite gekippt, gefertigt wurde es aus einem Stück Messingrundmaterial und einem Stück Messingsechskant mit einer Schlüsselweite 3mm.
Die auf dem zweiten Bild zu sehenden Schraubenbolzen sind von Böhnlein und haben eine Schlüsselweite von nur 0,5mm.
Der nach links zeigende Hebel ist der Betätigungszug, der über ein Gestänge auf dem Umlauf vom Lokführer (!) betätigt wird.
Das Ausblaserohr ist hier noch nicht angebracht.
Auf dem nächsten Bild ist das Anstellventil für die, unter dem Führerstand befindliche, Frischdampfpumpe (Bauart "Nathan") zu sehen
Das Fünf-Cent-Stück dient zur Verdeutlichung der "Größe"
Die polnischen Eisenbahnen haben sehr spät mit dem Bau von eigenen Fahrzeugen begonnen. Die Ok 22 war die erste Eigenentwicklung der PKP. Die ersten,nach dem ersten Weltkrieg beschafften Lokomotiven waren Güterzugloks der Bauart Pershing von den Baldwin-Locomotive Works.Dadurch war eine enge Verbindung mit dem Amerikanischen Lokomotivbau entstanden.
Infolgedessen wurden bei den später entwickelten Lokomotiven Speisepumpen amerkanischer Bauarten eingesetzt.
Hier die "Nathan"-Speisepumpe der Ok22 31
Im Modell sieht sie dann so aus- wobei die hier gezeigte Pumpe zum Modell der Ty 43 gehört.
Auf der Heizerseite befindet sich eine Abdampfspeisepumpe der Bauart "Matcalf"
Hier das Modell, ebenfalls von der Ty 43, aber die Bauart und Größe ist gleich.Diese Pumpe war recht aufwendig herzustellen, dazu habe ich die Pumpe in einige Baugruppen "zerlegt" und die Teile aus verschiedenen Messinghalbzeugen gefeilt und hart miteinander verlötet. Die einzelnen Baugruppen sind dann weich verlötet worden.
Bei dieser Pumpe fehlt lediglich noch das Rohr zum Abblasen des Dampf-Wassergemisches der noch nicht fördernten Pumpe, sowie der Zulauf des (kalten) Tenderwassers.Beide Teile werden nach der Montage der Pumpe an die Lok noch angebaut.
An dieser Pumpe habe ich etliche Tage gebaut-die erste ist dann auch prompt in den Müll geflogen
In der Abdampfleitung (vom Blasrohr abgezweigt) befindet sich dann dieser recht markante Entöler.Der ist notwendig, damit das im Abdampf befindliche Öl nicht beim Speisen in den Kessel gelangt.Sonst würde u.U. das Kesselwasser anfangen zu schäumen-und die Lok würde anfangen zu "kotzen", d.h. nicht verdampftes Wasser würde über den Regler/Überhitzer in die Zylinder kommen und dort schwere Schäden verursachen.
Im Vergleich zum Original, kann man feststellen, daß das Hähnchen zum Ablassen des "Masuts" noch nicht angebracht wurde. Ich habe im Moment auch keine Idee wie ich es fertigen soll , da es ja nur etwa 1,5 x 2 mm groß ist. Auch die Gußrippen sind hier nicht dargestellt worden.
Andere nicht erhältliche Zurüstteile sind die Sandfalldüsen. Hier wurde eine preussische Sandfalldüse mittig zersägt und so gedreht, daß die Luftseite nachschräg oben zeigt.
Die "Sandseite" wurde mit einem 0,35 mm Draht verlötet. Die eigentlichen Sandrohre sitzen in einem ovalen Flansch der direkt am Sandkasten angebracht ist. Die Sandfalldüsen sind in diesem Falle lediglich "Luftdüsen".
Auch hier wieder das Geldstück zur Verdeutlichung der Größe.
Eine andere, aber für polnische Lokomotiven typische, Armatur ist die vom Gestänge angetriebene Schmierpumpe. Davon besitzt jede Lokomotive zwei Stück. Lediglich die Baureihen Ok22; Ty 2/ 42 ex BR 52 und der polnische Nachbau sowie die Baureihe Ty 3 /43 ex BR 42... haben lediglich eine dieser Schmierpumpen.
Dieses Bild zeigt die Schmierpumpe der Tkt48 148.
Das Modell der Schmierpumpe ist auch ein recht aufwendiges Teil, welches mich viel Zeit und Nerven gekostet hat. Da bei der Ok22 der Antrieb unterhalb des Umlaufes liegt wurde er hier nur teilweise (weil nicht zu sehen) und nicht beweglich dargestellt.
Bei dem hier zu sehenden (unvollständigen) Modell der Ty43 92 ist der Antrieb beweglich.
Ein weiteres Problem stellte die auf der linken (Heizerseite montierte Luftpumpe) dar.
Bei der probeweisen Montage der Luftpumpe an der Lok fiel mein Blick eher zufällig auf ein Vorbildfoto. Hierbei habe ich festgestellt, daß sich die Pumpe von Weinert (aber auch die von Reitz) in einigen Details von den an polnischen Lokomotiven unterscheidet. Die Ventile für die Überströmkanäle sind bei den polnischen Lokomotiven in den Körper der Pumpe eingeschraubt.So sind also nur die Deckel mit den Sechskanten zu sehen. Bei den deutschen Pumpen sind diese Ventile außen am Pumpenkörper angeschraubt. Die Kanäle der polnischen Pumpen sind unterhalb der Ventile nach einem anderen Gußmodell eingegossen. So sind diese vier Ventile im Niederdruckteil um den Ansaugkorb gruppiert.An dieser Stelle sind die Rippen unterbrochen. Im Hochdruckteil der Luftseite ist lediglich ein Kanal, der aber deutlich zu sehen ist.
Auf den ersten Bildern ist die unveränderte Pumpe zu sehen. Dabei sind die Überströmventile deutlich zu erkennen.
bei den polnischen Lokomotiven sind die Luftpumpen üblicherweise auf der Heizerseite montiert.
Hier ist der Unterschied zwischen der Weinert-Pumpe und der Pumpe auf dem Vorbildfoto erkennbar.Die Überströmventile sind zur Rauchkammerseite angebracht. Die Pumpe ist probehalber angebaut- hier ist sie von vorn, und auf dem folgenden Bild von hinten zu sehen.
Dieser Zustand mit den Ventilkörpern hat mir so nicht gefallen. Daraufhin habe ich mal im Netz gesucht, ob es eventuell schon fertige Pumpen nach polnischem Vorbild zu kaufen gibt. Fehlanzeige. Bei den Kollegen im Forum:
http://www.forum.martel.pl/viewtopic.php?t=9737
bin ich dann fündig geworden. Flotoma- ein "Edelbastler"- hat für seine Klapperschlange (etwas nach unten scrollen) eine Weißmetallpumpe umgebaut.
Damit war der Entschluß gefaßt, eine Pumpe umzubauen.
Als erstes habe ich die Ventilkörper mit einer Goldschmiedesäge und einem sehr feinen Sägeblatt abgesägt.Die dadurch entsatandenen "Platten" auf dem Pumpenkörper habe ich dann mit der obengenannten Säge so bearbeitet, daß die Rippen der Kompressorzylinder rundum vorhanden waren. Ein Stück Tombakblech wurde zurechtgefeilt und ausgeglüht. Auf den Duchmesser des Pumpenzylinders gerollt (mit dem Schaft eines 3mm Bohrers) und aufgeklebt.Um es vorwegzunehmen, diese Klebung mit Cyanoacrylat hat nicht gehalten als ich die Löcher für die Ventilkörper gebohrt habe.Also habe ich unterhalb des Bleches eine Vertiefung in den Pumpenkörper gefräst. Nach dem Bohren und Einlöten der Ventilköpfe habe ich dann das Teil mit einem Zweikomponentenepoxid eingeklebt.
Jetzt sieht die Pumpe schon deutlich mehr nach der PKP-Pumpe aus. Die Luftleitung zum Hauptluftbehälter ist auch schon angebracht.
Die Ventilköpfe bestehen aus einem Stück 1 x 0,3 mm Ms-Rohr in das ein Stück Ms-Draht eingelötet wurde...
Der Luftsauger ist ein Stück Ms Rohr 1 x 0,3
Bei der Ansicht von hinten sieht man die Leitung zum Hauptluftbehälter, lediglich der Kanal zum Abgangsventil ist nicht nachgebildet. Dazu waren meine Finger zu dick.
Außerdem ist der Abgang der Luftleitung bei der weiner-tpumpe ein wenig höher (was für die deutschen Pumpen korrekt ist).Damit wäre die typische Stufe des Kanals nicht darstellbar gewesen.
Ein neuerlicher Vergleich mit einem Originalfoto machte noch einen Unterschied sichtbar: Das Gehäuse der Schleppschiebersteuerung liegt bei deutschen Lokomotiven parallel zur Kesselachse, bei den polnischen Lokomotiven aber rechtwinklig dazu.
Also habe ich den Schieber und die Kranöse entfernt.
Aus zwei Flanschen, einem Stück Ms-Rohr und etwas Draht wurde das Schiebergehäuse gebaut.Nachdem die Teile hart verlötet wurden, habe ich die Verstärkungsrippen mit 0,3mm Ms-Draht,wie er zum Drahterodierenverwendet wird, aufgelötet. Dazu habe ich vorher zwei Nuten in den Flansch eingesägt. Die Dampfleitung zum Zylinder (welche auch die Kranöse aufnimmt) besteht ebenso aus dem 1mm-Rohr in das die Kranöse eingelötet ist.
Gleichzeitig habe ich die DK-Schmierpumpe aus einem Stück Messing gefeilt. Eine kleine Bohrung zur befestigung reingebohrt-und weil das Teil so schön ist Stiftenklöbchen passte noch eine zweite für die Kurbel.Die Kurbel habe ich wieder aus Messingdraht gebogen- der hat den Vorteil daß er sehr hart ist. Die Schmierleitungen bestehen aus Cu-Lackdraht aus dem Trafobau und haben einen Durchmesser von 0,1mm.
An jeder Luftpumpe ist ein Luftpumpen-Druckregler welcher den Gang der Pumpe in Abhängigkeit zum Hauptluftbehälerdruck regelt. Warum der bei keinem der Anbieter dargestellt, oder als separates Teil erhältlich ist,ist für mich nicht nachvollziehbar.Zumal er bei der Doppelverbundluftpumpe mit angegossen ist...Aber das hätte mir auch nichts genützt, da die bei der PKP verwendeten, anders aussehen. Am ehesten sind sie vergleichbar mit denen, welche in einer Vorschrift der preußisch-hessischen Staatsbahn zum Gebrauch der Luftbremse abgebildet sind.
Also war auch hier Selbstbau angesagt...
Dabei waren die Bilder von einem Modellbaukollegen aus der Kartonszene und einige Vorbildfotos eine wertvolle Hilfe.
Die Baubeschreibung der Px48 mit den hervorragenden Fotos möchte ich Euch nicht vorenthalten:
http://www.kartonbau.de/wbb2/thread.php?threadid=21375
Gut das ist ein wenig größer.
Mein Pumpenregler besteht aus einem Stück Ms auf das Rohr mit verschiedenem Durchmesser aufgelötet ist.Der Form des Ventilkörpers habe ich mit einer Minifräse und einem Zahnarztbohrer zurechtgefräst. Unten noch ein Loch für das Handrad...
Die Leitungen bestehen wieder aus dem harten Messingdraht.
Nun reißt mir aber nicht den Kopf ab- der Pumpenregler ist ein klein wenig zu groß. Nun ich bin kein Millimeterfetischist- die Größe sollte es so ungefähr haben. Wichtig ist mir,daß die Teile,welche zu sehen sind, dann auch am Modell zu finden sind...
Inzwischen sind die Schmier- und Steuerleitungen montiert.Damit sie auch so schön wirr liegen, habe ich den Draht ausgeglüht und ein wenig verbogen.
Nun ist die Luftpumpe komplett zum Einbau an der Lok. Zum Schluß noch ein Bild vom Original. Links die Pumpe der Ol49 und rechts die der TKt48. Nur sind hier die Pumpen nicht mehr ganz vollständig. Es handelt sich bei den beiden Lokomotiven um die Ausstellungsstücke der Sammlung in Wolsztyn.
Da ich noch mehr Lokomotiven nach polnischem Vorbild bauen möchte, müßte ich jedoch eine größere Anzahl dieser Teile fertigen.Inzwischen gibt es diese Teile bei einem Polnischen Kollegen, der diese Teile fertigt/fertigen läßt. Nur ist es mir bisher nicht gelungen, auch nicht über einen polnischen Kollegen, Verbindung mit Mirekk aufzunehmen.Inzwischen ist die Lok weitestgehend zugerüstet- lediglich die Abdampfpumpe muß noch vervollständigt und montiert werden. Einige andere Restarbeiten sind die Montage der Trittstützen unter der Rauchkammer und die Montage der Laternen. Danach kann die Lok gesandelt, grundiert und lackiert werden.
Aktuell bin ich bei den Konstruktionsarbeiten zum Tenderkasten. Der Antrieb ist bereits fertig konstruiert. Hier müssen nur nnoch die Zahnräder ausgedreht und auf die Wellen aufgepreßt werden.
Die nächsten Arbeitsschritte werden dann auch wieder zeitnah präsentiert.
Hoffentlich habe ich Euch nicht mit meinen Ausführungen über meine, gewiß exotische, Bastelei gelangweilt.
Viele Grüße aus Jena
Christian