BR 01 003, eine Vorserienlok entsteht

  • BR 01 003, eine Vorserienlok entsteht


    Die 01 003 war eine von zehn Vorserienlokomotiven, die von der Hauptverwaltung der Reichsbahn in Projektion und Herstellung in Auftrag gegeben worden war und 1926 ausgeliefert worden ist. Mit ihr begann das Zeitalter der Einheitslokomotiven. Die Lokomotivfabrik Borsig lieferte die 01 003 an die Rbd Essen, die wiederum die Maschine vom 11.12.26 bis 12.02.51 beim Bw Hamm beheimatete.


    Im Jahr 1986 hatte ich begonnen aus einer alten Roco 01 und einem Günther Kurztender 2‘2 T30 diese m. E. formschöne Einheitslokomotive zu basteln. Wie es oftmals so ist fängt man ganz euphorisch an, aber dann kommt etwas dazwischen und der Bau wird nicht weiter verfolgt. So ist es mir auch ergangen. Lange Zeit stand die halbfertige Maschine in meiner Vitrine und wurde weiter nicht beachtet. Irgendwann merkte ich das sich der Kessel so komisch verzog. Die Ursache war schnell gefunden. Das Gewicht im Kessel hatte Zinkpest bekommen, dehnte sich aus und hat den Kessel aufgespreizt und zusätzlich verbogen. So stand die Lokomotive lange Jahre in der Vitrine …..



    Nachdem ich die Problemlok öfters mal in die Hand genommen hatte, stand zu Beginn des neuen Jahres fest, ich will es mit ihr nochmal richtig versuchen. Einen Ersatzkessel von Roco habe ich noch in der Bastelkiste gefunden.


    Im EK-Buch „Alte Meister, Werner Hubert“ sind mehrere Vorbildfotos der 01 003 vorhanden. Das Eisenbahn Journal III/86 und das Buch „Katalog der Reichsbahn Einheitslokomotiven“ aus dem Frankh Verlag dienen mir zur Vorbildrecherche. Anhand der Vorbildfotos fiel mir gegenüber der Roco 01 auf das die 01 003 zur Auslieferung 1926

    • ein längeres Führerhaus hatte
    • der Sanddom eine andere Form besaß
    • die Pumpen vorne in Nischen saßen
    • über kleine Windleitbleche verfügte
    • einen genieteten Rauchkammerring hatte
    • auch eine genietete Rauchkammertür besaß
    • auf 850mm Vorläufer mit 7 Speichen lief
    • eine einfachere Bremsanlage hatte

    Weitere Änderungen werden in den Textabschnitten beschrieben.


    In der Zwischenzeit habe ich mir von Revell den Doppelbausatz der 01 und 02 gekauft. Hier sind neben dem längeren Führerhaus auch weitere Baugruppen vorhanden, die bestens zu meinem Umbauprojekt passen. Anfangen möchte ich meinen Umbaubericht mit der vorbildgerechten Aufarbeitung des Kessels.



    Kessel


    Ich habe den Revell Kessel mit der Roco Kessel verglichen und mich für den feiner gravierten Roco Kessel entschieden. Siehe Foto



    Zuerst habe ich alle Ansätze mit Bohrungen abgearbeitet. Ebenfalls wurde die auf der Heizerseite unten liegende dicke Dampfleitung entfernt. Die Sandfallrohre mussten auch weichen. Auf den Schmierleitungen habe ich die Sandfallrohre nur bis zum Anfang der Schmierleitungen weggenommen. Vom vorne liegenden Dampfverteiler wurden nur die Ansätze stehen gelassen. Die vier Längsschlitze der ehemaligen Regelstangenhalter sind mit Kunststoffmaterial (weiss) verschlossen worden. Auch die Generatoröffnung bekam ihr Abdeckung durch Kunststoffmaterial.



    Auf der Lokführerseite des Kessels sind auch die angespritzten Stangen zum Anstellventil des Vorwärmers und der Dampfpfeife dem Messer zum Opfer gefallen. Die Sicherheitsventile und die beiden einzelnen unten sitzenden Waschluken auf dem ersten Kesselschuss wurden entfernt.



    Apropo „Entfernen“. Ich nehme hierzu die kleine Klinge eines Taschenmessers. Sie wird von Zeit zu Zeit auf einem Schleifstein von Hand nachgeschärft. So lassen sich behutsam Schicht für Schicht des zu entfernenden Bauteils abtragen ohne Beschädigungen im Umkreis der Arbeitsstelle zu erhalten. Mit mehreren Sticheln können scharfkantige Übergänge an bleibenden Konturen sichergestellt werden. Mit einem Glasradierer egalisiere ich die „Baustelle“. Mit der Fingernagelprobe und mit entsprechendem Gegenlicht sind ggf. noch Erhebungen fühl- und sichtbar, die nachgearbeitet werden sollten. Eine spätere Probelackierung wird zeigen ob noch nachzuschleifen ist.


    Die Nischen für die vorne liegenden Pumpen lassen sich mit Fräser, Messer, Feile und Stichel ausarbeiten. Die Breite und Tiefe beträgt heizerseitig 7mm, bzw. 1,2mm und lokführerseitig wegen der breiteren Doppelverbundluftpumpe 7,5mm x 1,5mm.



    Auf dem nächsten Bild ist erkennbar das der Schlot und der vorbildwidrige Sanddom entfernt wurde. Beim Schlot geht es sehr einfach, während beim Sanddom die Prozedur schon wesentlich länger dauerte. Die entstehende Öffnung sollte möglichst klein bleiben, da der zukünftige neue Sanddom auf den Resten der Kessel aufgeklebt werden muss.


    Desweiteren sind vor dem Kessel liegend Stücke von Gießästen aus Kunststoffbausätzen erkennbar. Hier zeige ich nochmal das Füllmaterial für Bohrungen die verschlossen werden sollen. Das Prinzip der Herstellung über einer Kerzenflamme hatte ich ja schon mal beschrieben.



    Hier sind die wichtigsten Zurüstteile erkennbar, mit denen der nackte Kessel wieder aufzurüsten ist.



    Die nächsten beiden Fotos zeigen die montierten Teile.


    Vom Schlot W 8021 wurde der untere Ansatz abgetrennt und die innere Bohrung so weit wie möglich vergrößert, damit später der Dampf, äh .. ich meine natürlich der Sound auch gut aus dem Kessel kommt.


    Der Sanddom W 8159 zeigte bei Lieferung leider eine angegossene halbrunde Griffstange. Geht gar nicht; ich habe den Fehler durch Abschleifen behoben und für die spätere freistehend zu montierende Griffstange zwei Bohrungen gesetzt.


    Die obere abnehmbare Roco Kappe des Dampfdoms ist m. E. in der Form nicht korrekt. Ersetzt wurde sie durch eine 1,5mm dicke weisse Kunststoffplatte. Das Ab- u. Rundfeilen und Anpassen an die vorhandene Form ist mühsam aber notwendig.


    Die Speisepumpe W 8402, die Doppelverbundluftpumpe W 8407, die Sicherheitsventile W 8300 und der Vorwärmer Umgehungshahn mit Handrad W 82050 gehören auf den Kessel an ihre entsprechenden Plätze.


    Bevor die Pumpen montiert wurden habe ich die fehlenden Nieten um den Rauchkammerring ergänzt. Sie stammen von Austro Modell aus Österreich und sind dort als Decal-Nieten unter der BeNr. 307 erhältlich.


    Damit die Kesselventile am Reglerdom später nicht schief stehen, habe ich unter den Flanschen (wo später die Leitungen angesetzt werden) mit einem Kugelfräser etwas vom Kesselmaterial weggenommen.




    Die Roco Rauchkammertür wurde komplett entfernt und Platz für die später zu montierende Weinert 8089 Tür geschaffen. Auch das Innere des Kessels sollte beachtet werden. Hier soll zukünftig ein möglichst großer Lautsprecher seinen Platz finden.



    So, das war es für heute. Weitere Arbeiten folgen in loser Reihenfolge. Da ich mir beim Aufbau der Vorserienlok Zeit lassen möchte wird es etwas dauern bis Ihr wieder etwas von mir hört.


    Aber ich möchte es nicht versäumen Euch zu bitten mich auf Fehler/Änderungen aufmerksam zu machen. Es soll doch eine möglichst vorbildgerechte 01 003 werden


    meint Günter und wünscht Euch viel Spaß mit der MoBa

  • Hallo Günter,

    nun hast Du also doch begonnen, die Vorserien- 01 als Modell entstehen zu lassen...

    Das Ganze sieht ja schon recht gut aus- ich bewundere immer wieder Deine Arbeitsweise! Dabei hast Du einen "Ausstoß" an Modellen, wie bei einer Lokomotivbauanstalt zur Hochkonjunktur!


    Auf einige Kleinigkeiten möchte ich jedoch hinweisen. Im Rahmen des vorbereitenden Gedankenaustauschs habe ich ein paar Bilder gewälzt.

    Dabei ist mir folgendes aufgefallen:

    Beim roco- Kessel ist ein Wirrwarr der Schmierleitungen für die Zylinder auf der Lokführerseite. Das ist sicher der Zustand kurz vor der Außerdienststellung. Die Leitungen in dieser Form beizubehalten ist ein tragbarer Kompromiss.


    Die Flansche des vorderen Ventilstocks hätte ich ebenfalls entfernt und einen Ventilstock nach altem Muster gebaut. Für die Flansche hätte ich dann die üblichen Feingußteile verwendet, bei denen einseitig die Verschraubungen abgefeilt werden.

    Die Vorgehensweise hat den Vorteil- daß der Abstand zu den verwendeten Stellstangenhaltern angepasst werden kann. Damals sind ein- und zweizügige Halter angebaut worden.

    Je nach Bauartreihe wurde der Ventilstock auch für vier Leitungen angebaut.


    Mir ist letztens ein Bild über den Weg gelaufen- bei dem deutlich die isolierte Abdampfleitung der Luftpumpe zu sehen ist. Diese Leitung führt unterhalb der Rauchkammer auf die Linke Seite.


    Die Vorserienlokomotiven der Bauartreihen 01/02 sowie 43/44 waren zunächst mit zwei Boschölern ausgestattet. Einer versorgte die Zylinder mit Heißdampföl, der zweite war für die Schmierung der Achslagerführungen vorgesehen. Spätestens mit Auslieferung der ersten Lieferserie wurde die Schmierung auf Gefäßschmierung umgestellt.


    Ich wünsche Dir viel Spaß beim Bau


    Viele Grüße

    Christian

    Es ziemt sich nicht für einem braven Manne-

    nur nach dem praktischen Sinn einer Sache zu sehen.


    Weisheit eines mir unbekannten