Moin zusammen,
nach langer Abstinenz hier im Forum hoffe ich, in Zukunft wieder etwas öfter präsent sein zu können. Aber das Hobby in Form von „Lesestoff“ hat mich in der Zwischenzeit nicht losgelassen. Einige neue Publikationen fanden den Weg in mein Bücherregal, manche davon ist eine Erwähnung wert.
Ausländische Güterwagen waren in der Literatur lange Zeit ein weißer Fleck. Ärgerlich, wenn beim FREMO auch ausländische Güterwagen eingesetzt werden sollen. Ich spreche hier explizit nicht von den Wagen der DR, die ja in den Güterwagenbücher von Stefan Carstens sehr genau beschrieben werden. Nein, mir geht es um die Güterwagen der anderen Bahngesellschaften in Europa, deren Fahrzeuge auch auf (west-)deutschen Schienen zu sehen waren. Sie kamen im Zuge des EUROP-Abkommens oder durch Handelsbeziehungen zu uns und bereicherten -bildlich gesprochen- den Wagenpark auf deutschen Scheinen.
Dabei handelt es sich um folgende Bahnverwaltungen:
BDŽ | Balgarski Darschawni Schelesnizi (Bulgarische Staatsbahn) |
CFL | Chemins de Fer Luxembourgeois (Luxemburgische Staatsbahn) |
ČSD | Československé štátne dráhy (Tschechoslowakische Staatsbahn) |
DSB | Danske Statsbaner (Dänische Staatsbahnen) |
FS | Ferrovie dello Stato Italiane (Italienische Staatsbahn) |
MÁV | Magyar Államvasutak (Ungarische Staatsbahn) |
NS | Nederlandse Spoorwegen N.V (Niederländische Staatsbahn) |
NSB | Norges Statsbaner (Norwegische Staatsbahnen) |
ÖBB | Österreichische Bundesbahn |
PKP | Polskie Koleje Państwowe (Polnische Staatsbahn |
SBB/CFF | Schweizerische Bundesbahn/Chemins de fer fédéraux suisses |
SJ | Statens Järnvägar (Schwedische Staatsbahn) |
SNCB | Société nationale des chemins de fer belges (Belgische Staatsbahn) |
SNCF | Société nationale des chemins de fer français (Französiche Staatsbahn) |
Von den Carstens-Büchern verwöhnt gestaltet sich die Suche nach ähnlichen Veröffentlichungen schwierig. Trotz intensiver Suche habe ich bisher nur für drei Bahngesellschaften Güterwagenliteratur finden können. Diese möchte ich hier kurz vorstellen.
FS Italia
Um 2008 herum gab es die „Leone“ schon einmal, eine Übersicht über italienische Güterwagen in mindestens 4 Bänden (?). Mittlerweile sind sie nur noch antiquarisch zu erhalten; sie hatten nie den Weg in mein Bücherregal gefunden. Seit 2021 gibt es sie wieder in anderer Form. Bei +Duegi Editrice+ erscheinen Softcover-Hefte „Carri FS Italia 1905 – 1960“, mittlerweile sind sieben Hefte von Giovanni Leone erschienen. Sie beschreiben auf jeweils rund 80 Seiten verschiedene Güterwagen-Bauarten. Bisher sind erschienen:
die Hefte 1 bis 4 über die gedeckten Güterwagen der Serien E, F ,G
die Hefte 5 bis 7 über die Kühlwagen der Serie H
In italienischer Sprache; das Heft kostet jeweils um die 16,00€.
Die unterschiedlichen Wagen werden kurz beschrieben. Zusätzlich gibt es Angaben über Gewicht, Ladegewicht, Laderaum und Ladelänge, sowie die gebaute Anzahl und den Nummernbereich in den die Wagen eingereiht wurden. Außerdem wird jeder Wagen mit einer Zeichnung in 1:87 und teilweise mehreren Schwarz-Weiß-Fotos abgebildet.
Die Positionen der Beschriftungen müssen den Fotos entnommen werden, hier sind wir durch die Carstens-Bücher schon sehr verwöhnt.
Für den Modellbau sind die Übersichtszeichnungen wertvoll, bieten sie doch mitunter auch Zeichnungen von Wagen, die so bisher noch nicht veröffentlicht wurden. So sind im Heft 7 z.B. USATC-Kühlwagen aus dem ersten und zweiten Weltkrieg zu finden.
Für den Modellbauer sind die Hefte eine kleine, aber wichtige Fundgrube zu Wagen der FS Italia. Italienische Sprachkenntnisse erleichtern der Zugang zum Inhalt, aber er lässt sich auch „erraten“. Die kurzen Beschreibungen reichen für den Modellbauer aus, zu Beginn jeder Reihe werden aber auch umfangreichere Informationen zu den behandelten Bauarten gegeben. Hier finden sich dann auch genauere Angaben zu den Beschriftungen und den Waggonbauteilen Puffer, Radsätze, Kupplung etc.
SNCF
Ganz neu im Bücherregal ist die auf mehrere Bände ausgelegte Reihe über französische Güterwagen. Unter dem Projektnamen „Wagons de France“ werden von der +Groupe d’Études pour l’Histoire Ferroviare+ unter dem Titel +Les Wagons de l’Ouest et de l’État+ die französischen Güterwagen von ihren Ursprüngen um 1840 bis in die 1940er Jahre dargestellt.
Das Buch ist mit festem Einband versehen; das Band 1 von 2025 mit 240 Seiten kostet 47,80€.
Im vorliegenden ersten Band werden gedeckte Wagen, von ihren Anfängen bis 1918 („Les wagons couverts, des origines à 1918“) vorgestellt. Jedem Wagentyp ist ein umfangreicher Text beigegeben, es folgt eine Tabelle mit Angaben zur LüP, der Wagenkastenlänge, dem Achsstand und dem Ladegewicht im Personen- und/oder Güterverkehr (Caractéristiques). Ergänzt wird die Tabelle durch Angaben zum Bestand in verschiedenen Jahren (Effectifs).
Zusätzlich wird jeder Wagentyp mit einem „Diagramm“, einer Maßzeichnung und mit Originalaufnahmen (soweit vorhanden) vorgestellt. Die Maßzeichnungen sind vermutlich einem „Katalog“ oder „Merkbuch“ entnommen. Radsätze und Achshalter sind darin nur stilisiert angedeutet, dafür sind alle Maßangaben enthalten. Für eine Übersicht über das Aussehen des Wagens reicht die Zeichnung aber allemal. Für einige Wagentypen wurden Zeichnungen -alle in Farbe- nachträglich angefertigt und geben den Wagen in allen Details wieder.
Behandelt werden die gedeckten der Ursprungs-Bauarten „K“, Spezialwagen zum Pferde- oder Autotransport, Güterzug-Gepäckwagen und Güterwagen „für hohe Geschwindigkeiten“. Damit ist der Einsatz in Personenzügen gemeint.
Diese, in französischer Sprache gehaltene, Veröffentlichung gibt einen detaillierten Überblick über die Entwicklungsgeschichte der gedeckten Güterwagen in Frankreich. Im Textteil wird umfassend auf die Geschichte der Wagen und die Änderungen während des Beschaffungs- und Einsatzzeitraumes eingegangen.
Im ersten Band sind nicht viele, noch nach dem 2. Weltkrieg einsetzbare, Güterwagenbauarten enthalten. Dies mag auf den ersten Blick ein Manko sein, für den Anspruch der Reihe einer historischen Aufarbeitung ist die Darstellung der weiteren Wagentypen jedoch unerlässlich.
CSD
Das dritte und letzte Buch befasst sich mit den Güterwagen der CSD von 1918 bis 1950. Es beinhaltet einen Gesamtüberblick über alle Bauarten tschechoslowakischer Güterwagen. Das Buch enthält einen Abschnitt über die Lieferer im In- und Ausland, über Konstruktionsmerkmale der Wagen, Farbgebung und Beschriftung, Typenübersicht und schließlich die Vorstellung aller (?) Wagentypen der CSD.
Buch mit festem Einband, herausgegeben 2024, es kostet 54,80€.
Jeder Wagen wird in einem umfangreichen Text erläutert. Darin wird auch auf bauliche Veränderungen im Beschaffungs- und Einsatzzeitraum eingegangen. Zu fast jedem Wagen gibt es eine detaillierte Zeichnung im Maßstab 1:100 mit den Hauptabmessungen des Wagens. Abgerundet wird die Vorstellung durch meist schwarz-weiße Vorbildaufnahmen und Tabellen. Letztere unterscheiden nach Wagen mit und ohne Bremse oder anderer Bauartmerkmale und führen die Nummernbereiche der Wagen bei der CSD und der KkstB, das Baujahr, die gebaute Anzahl und den Hersteller (soweit bekannt) auf.
Vorgestellt werden auf 289 Seiten gedeckte Güterwagen, Kühlwagen, offene Güterwagen, Rungenwagen, Flach- und Schwerlastwagen, Drehschemelwagen, Kesselwagen und Spezialwagen. Auch einige wenige Schmalspurfahrzeuge werden vorgestellt.
Wer sich mit den Güterwagen der CSD auseinandersetzen will kommt um diese Veröffentlichung vermutlich nicht herum. Allerdings ist das Buch keine leichte Kost, denn Fremdsprachenkenntnisse in Tschechisch sind unabdingbar, um in die Tiefen der Informationen eindringen zu können. Aber auch ohne diese Kenntnisse bietet das Buch für den engagierten Modellbahner eine Fülle von Informationen.
Meine Meinung
Sicherlich ist das eine oder andere Buch nur für den mit den entsprechenden Fremdsprachen „gesegneten“ Modellbahner geeignet. Auch ich selbst habe lange überlegt, ob ich mir diese Veröffentlichungen gönnen will – obwohl ich entsprechende Kenntnisse mitbringe. Letztlich habe ich mich dafür entscheiden und bin mit dieser Entscheidung sehr zufrieden.
Alle Bücher bieten einen nicht unerheblichen Mehrwert für den engagierten Modellbahner. Mit ihrer Hilfe lassen sich die von der Modellbahnindustrie angebotenen Wagen nicht nur auf ihre Richtigkeit überprüfen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, diverse Nachbesserungen durch den Abgleich von Bild und Modell vornehmen zu können.
Okay, das gilt noch nicht für „alle“ Wagen, aber zumindest ist ein Anfang gemacht. Und manche leidlichen Diskussionen um Modelle mit falschen Abmessungen lassen sich so mit Fakten belegen oder eben widerlegen.
Auch für den Einsatz im FREMO kann man die Bücher gut nutzen: Beim Erstellen der Wagenkarten geben sie neben der Zeichnung des Wagens auch Hinweise auf die üblichen Wagenkartenangaben des Vorbilds.
Angaben zur Ladelänge, der LüP, dem Eigengewicht, der Tragfähigkeit und Lastgrenze, dem Laderaum und der Ladelänge lassen sich in den meisten Fällen direkt aus Tabellen und Zeichnungen ablesen oder auf einfachem Wege errechnen. Das bei einigen Veröffentlichungen auch noch die Nummernbereiche der Wagen aufgeführt sind erleichtert die Umnummerung der vorhandenen Modellwagen.
Ich freue mich schon auf weitere Veröffentlichungen der angesprochenen Buchreihen der FS Italia und der SNCF. Aber auch zu den CSD-Wagen gibt es noch zwei weitere Bücher, die ich jedoch (noch) nicht habe. Ein Band beinhaltet einen allgemeinen Teil, der zweite einen Güterwagenkatalog.
Leider fehlen adäquate Veröffentlichungen zu den anderen oben genannten Bahnverwaltungen. Insbesondere die häufig in Deutschland zu sehenden Wagen aus den Niederlanden, der Schweiz oder aus Belgien sind immer noch ein weißer Fleck. Wer also Hinweise auf weitere Lektüre zu den Güterwagen der anderen europäischen Bahnverwaltungen hat kann sich gerne bei mir melden.
Herzliche Grüße
Andreas