Hallo zusammen,
ich weiss nicht recht, ob so ein fachlicher Exkurs ins Reich der Mechanik hier im Publikum entsprechenden Widerhall findet. Ich irre mich hoffentlich und starte deshalb, angeregt von Boscho und Jörg, mal mit meinen Erfahrungen zu Riemenübersetzungen.
Riemengetriebe übertragen wie jede andere Art von Getrieben Drehzahlen, Drehrichtungen und Drehmomente. Sie zählen durch die mechanische Verbindung zu den kraftschlüssigen Getrieben.
Die wesentlichen Erscheinungsformen sind Zahn-, Keilriemen-, Flach- oder Rundriemengetriebe. Da Zahnriemengetriebe für den Fahrzeugmodellbau 1:87 ungeeignet sind und Keilriemen bevorzugt zur Übertragung grosser Drehmomente benötigt werden, beschränke ich mich hier auf die Verwendung von Flach- oder Rundriemen, deren kraftschlüssige Drehmomentübertragung für das Modellgetriebe vollkommen ausreicht.
Riemenantriebe sind zu Zahnradgetrieben unter bestimmten Voraussetzungen eine Alternative, auf keinen Fall aber von vorn herein besser geeignet. Sollte nur einer der nachfolgenden Punkte beim Bau der Riemenübersetzung nicht beachtet werden (können), dann ist man mit einem Zahnradgetriebe immer besser bedient:
1. Absoluter Rundlauf der treibenden und der getriebenen Riemenscheibe.
2. Verwendung eines hochwertigen Riemens, der keine stellenweisen Verdickungen aufweist.
3. Anpassung der Riemenlauffläche an die Form des gewählten Riemens. Auf Deutsch: Ich muss mir die Riemenscheiben selbst drehen können.
Der grösste Nachteil des Riemengetriebes ist der durch die Riemenspannung entstehende Druck auf die Lager der treibenden und getriebenen Welle. Hier sollte man für die Wellenlagerung Materialien verwenden, die diesem Druck lange standhalten können. Ich habe mich seit langem für kugelgelagerte Wellen entschieden. Die handelsüblichen Mini-Kugellager bleiben bis zu etwa 8000 U/pm auch im Lauf relativ ruhig.
Trotzdem ist es für die Leichtgängigkeit des Riemenantriebes und die Übertragung des Drehmomentes unerlässlich, die Riemenspannung so gering wie nur irgend möglich zu halten, ohne dass natürlich die Haftreibung verloren geht. Besonders anfällig sind Glockenankermotoren. Ist die Riemenspannung zu gross, läuft der eisenlose Anker erst bei Voltzahlen los, die das Fahrzeug gleich in die Endgeschwindigkeit bringen. Je kleiner (und leistungsschwächer) der Motor, desto weniger ist er für einen Riemenantrieb geeignet. Ein langsames Anfahren oder Anhalten ist dann nicht mehr möglich. Wenn man den Abstand beider Wellen zueinander aus konstruktiven Gründen nicht verändern kann, bleibt nur die sorgfältige Grössenauswahl des Riemens als Regulativ für die Riemenspannung.
Übrigens nimmt auch die Stärke des Treibriemens Einfluss auf die Übertragung des Drehmomentes. Ein „dickerer“ Treibriemen kann sich schlechter an die Durchmesser der Riemenscheiben anpassen und erzeugt dadurch zusätzlichen Widerstand.
Ich will aber auch die Vorteile des Riemenantriebes nicht verschweigen. Sie sind es, die mich immer wieder darauf zurückgreifen lassen.
Da ist zunächst der fast geräuschlose Lauf des Getriebes im Vergleich mit einer Zahnraduntersetzung, vor allem im hohen Drehzahlbereich. Für die Laufkultur heutiger Triebfahrzeuge ein wichtiges Kriterium.
Besonders wichtig für Analog-Fahrer: Mit der stufenlosen Veränderung des Riemenscheibendurchmessers auf der Dreh- oder Bohrmaschine habe ich die Möglichkeit, die Endgeschwindigkeit meines Modellfahrzeuges mit einer hohen Genauigkeit der errechneten Modellgeschwindigkeit anzupassen.
Das bekommt man mit Stirnzahnradgetrieben nur annähernd hin.
Ich weiss also z. B. bei meinen Schmalspurloks und voll aufgedrehtem Regler genau, dass sie jetzt mit umgerechnet 30 Kmh unterwegs sind.
Das aber auch nur, wenn ich vorher die erforderliche Untersetzung exakt berechnet habe.
Bei Übersetzungen durch Riemen verhält sich der Scheibendurchmesser umgekehrt proportional zu den Drehzahlen.
Daraus ergibt sich die Formel:
n1 / n2 = d2 / d1
d1 - Durchmesser der treibenden Riemenscheibe
n1 - Drehzahl der treibenden Riemenscheibe
d2 - Durchmesser der getriebenen Riemenscheibe
n2 - Drehzahl der getriebenen Welle
Die Entscheidung für oder gegen eine Riemenuntersetzung hängt also von vielen Faktoren ab.
Ich wollte hier lediglich mal einige meiner Erfahrungen darstellen und hoffe auf eine rege Diskussion.