H0e: Der große Lokschuppen der Jüterbog-Luckenwalder Kreiskleinbahnen in Dahme (Mark)

  • Großer Lokschuppen schreibe ich im Titel weil die JLKB über weitere vier kleinere Lokschuppen verfügte. Zwei davon sind in stark umgebautem Zustand noch existent.


    Ein wenig Geschichte
    Die Jüterbog-Luckenwalder Kreiskleinbahnen (JLKB) eröffneten 1900 ihren Betrieb. Sie hatten in Dahme (Mark) ihren Ausgangspunkt für ihre drei Strecken und Anschluß an die Dahme-Uckroer Eisenbahn (DUE), einer normalspurigen Kleinbahn. Die Spurweite der JLKB war 750 mm. Als ewiger Zuschußbetrieb wurde sie 1939 stillgelegt, nachdem die Einführung eines bahneigenen Omnibusbetriebes ab 1931 keine Besserung der Finanzlage brachte. Aus dieser Zeit stammt eine Fahrzeughalle mit sieben nebeneinander liegenden Ständen, die an das Verwaltungsgebäude der JLKB angebaut wurde. Gleich nach der Stillegung ging die Strecke samt rollendem Material an die Heeresfeldbahn (HF), die diese als Übungs- und Teststrecke nutzte. 1945 wurde einen neue Kleinbahn gegründet die sich Luckenwalde-Jüterboger Kleinbahn (LJK) nannte und den Betrieb auf den alten Gleisen der ehemaligen JLKB aufnahm. Zuerst zu den Landesbahnen Brandenburg (LBB) gehörig wurde sie 1949 Betriebsteil der Deutschen Reichsbahn (DR) und von dieser 1965 stillgelegt. Die LJK hatte dann den wohl mit Abstand vielfältigsten und interessantesten Wagenpark der 750 mm-Schmalspurbahnen der Deutschen Reichsbahn. Hier war auch die 99 4652 mit ihren beiden Schwesterlokomotiven 99 4651 und 99 4653 zuhause. Erstere war Vorbild fü das H0e-Modell von Roco.




    Der Bf Dahme (Mark) war mit allen Einrichtungen, die für die Unterhaltung eines Kleinbahnbetriebes nötig waren, ausgestattet. Ein repräsentatives Verwaltungsgebäude mit Dienstwohnung im Obergeschoß und den bereits erwähnten Omnibushallen, und ein großer Lokschuppen mit integrierter Werkstatt. Das Verwaltungsgebäude und der Lokschuppen waren massive Bauten aus rotem, verfugten Klinkermauerwerk. Dieser Lokschuppen und seine Umsetztung als H0e-Modell sollen Gegenstand dieses Beitrages sein.



    Der Lokschuppen in den Neunziger Jahren.



    Der Lsch vom Nachthainichenweg aus aufgenommen. Dahinter das Verwaltungsgebäude der JLKB. Links im Hintergrund das Empfangsgebäude der DUE.


    Die Planung
    Als Ausgangsmaterial standen einige Fotos aus den Neunziger Jahren und die Kopie einer Grundrißzeichnung, die ursprünglich für den mit der Verlegung der Lichtleitungen beauftragten Elektriker zum Zwecke seiner Planung vorgesehen war. Seine spärlichen Einzeichnungen sind durch in Sütterlin geschriebene Eintragungen ergänzt. Auf diesem Blatt hatte der Zeichner auch zwei Querschnitte durch den Schuppen und die Werkstatt verewigt. Welch ein Glücksumstand, denn davon ausgehend konnte der Lokschuppen nun neu gezeichnet werden.



    Viele trotzdem auftauchende Unklarheiten konnten durch die Hilfe von ehemaligen Eisenbahnern geklärt werden. Eine große Hilfe war ein S/W-Foto, das ich von Wolf-Dietger Machel bekam. Es zeigte die Toransicht des Schuppens in einem Umbauzustand der Achziger Jahre. Zwei Tore waren gegen große, neue ausgetauscht. Aber das linke Tor war noch im Originalzustand. Ich konnte erkennen daß die Tore nicht in die Öffnung eintauchten sondern am Mauerwerk anschlugen. Da ein Flügel offen stand konnte ich auch die rückseitige Gestaltung sehen. Und als Krönung war durch das offenen Tor ein sonnendurchschienenes Schuppenfenster auszumachen. Damit war auch die Anzahl der Fensterscheiben in Höhe und Breite klar. Das Ergebnis aus all diesen Einzelheiten wird unten gezeigt. Nun konnte der Bau des Modells eigentlich beginnen.




    Die Auswahl der Materialien und Bau des Modells
    Zu der Zeit als ich mit dem Bau beginnen wollte gab es noch nicht die maßstabsgerechten Mauerwerksplatten von Auhagen. Meine Wahl fiel auf die Platten von Kibri. Da die Steine da zu hoch und breit waren mußte ich also einen Weg finden deren Maße an die der Zeichnung anzupassen (oder umgekehrt). Ich habe eine Kibri-Platte vermessen und davon in Corel eine 1:1-Zeichnung angefertigt. Die Objekte habe ich gruppiert und eine Kopie davon (recht Maustaste) an die erste Zeichnung angesetzt. Von dem Ausdruck habe ich dann etliche Kopien gezogen und fertig waren die Arbeitsblätter zum Eintragen der Maße (umgerechnet für H0) aus der Zeichnung. Dabei mußte ich aber Kompromisse machen, damit die Fugenfolge aufging.



    Die 1 mm dicken Kibri-Platten würden bei der Größe des Gebäudes keine Stabilität bringen, das war mir bald klar. Im Baumarkt (vorne Horn hinten Bach) stieß ich auf ein recht interessantes Material, das mich an Kömacell erinnerte. Mit diesem Material hatte ich während einer ABM zu tun. Wir bauten daraus repräsentative Gebäude aus Berlin und Brandenburg im Maßstab 1:25 für den Modellpark Berlin-Brandenburg, der sich in der Berliner Wuhlheide befindet. Diese Platten hatten harte Oberflächen mit einem dazwischen liegenden geschäumten Kern und waren aus PVC . Die Platten aus dem Baumarkt waren auch aus geschäumten PVC und sind von Gutta. Im Baumarkt findet man sie im Regal wo das Kunstglas steht (ich nenne sie im Text Gutta-Platten). Sie haben eine weiche Oberfläche und es gibt sie in verschiedenen Farben und Abmessungen. Ich wählte Grau. Das erschien mir für innen(!) am geeignetsten. Sie sind äußerst angenehm zu bearbeiten. Bohren, schleifen, feilen, schneiden, schnitzen, einfach ideal. Verklebbar mittels UHUplast spezial und bei feinen Verklebungen mit PS-Profilen Dichlormethan (Sicherheitshinweise beachten!!). Das ist nichts für leichtsinnige kleine Jungs!! Bei stumpfer Verklebung ist UHUallplast zu verwenden.



    Dieses Bild des Modells einer Stadtvilla, die am Bf Dahme steht, zeigt wie stabil die Wände durch die Gutta-Platten werden. Auch die durch die Zweischaligkeit entstehenden Leibungen der Fenster sind gut zu erkennen.

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  • Es wurden mehrere Kibri-Platten auf Stoß aneinander geklebt um die erforderliche Wandlänge zu erreichen. Die Stöße wurden schon in der Zeichnung so geplant daß sie hinter den Pilastern (siehe dort) verschwanden. Die Fenster- und Türöffnungen der Wände wurden aus den Mauerplatten ausgeschnitten und mit Schleifklötzen, die man sich leicht selbst anfertigen kann, bearbeitet.



    Aus einer Gutta-Platte habe ich ein Wandteil in der gleichen Größe zurechtgeschnitten, aber mit etwas größeren Fenster- bzw. Türöffnungen. Dabei bleibt die Form der Stürze unbeachtet. Klebt man nun die fertige Mauerplatte auf diese Gutta-Platte erhält man eine Leibung, also einen Anschlag, für die (in meinem Falle) geätzten Fensterrahmen, die in den Außenmaßen entsprechend groß gehalten wurden. Die Modellwand ist nun 4 mm dick, was etwa einer 36er Wand beim Vorbild entspricht. Und sie ist stabil!!




    Ein heikler Punkt, vor dem sich viele fürchten, sind die bogenförmigen Stürze bei den Klinkerbauten. Wenn man mehre Fenster gleicher Größe hat lohnt sich die Anfertigung einer kleinen Lehre aus Karton. Mit einer solchen Lehre habe ich die vielen Fenster des Lokschuppens mit ihren bogenförmigen Stürzen in recht kurzer Zeit realisiert. Man wird mit jedem Sturz besser. Die Stürze sind bei den Kibri-Platten dabei. Die drei großen Stürze über den Schuppentoren waren, welch glücklicher Umstand, in der Restekiste zu finden.



    Also, den eckigen Teil der Maueröffnung (A) ausschneiden und die Lehre einlegen. Den Bogen anzeichnen. Mit einem Bohrer von Hand mehrere Löcher setzen (B), das Material mit dem Cutter oder Stichel grob entfernen und mit einer Halbrundfeile den Bogen fein herausarbeiten (C). Dabei immer wieder den einzuklebenden Sturz anhalten. Liest sich schlimmer als es ist. Den Sturz einkleben. Dabei Silikonpapier unterlegen um ein mögliches Verkleben mit dem Untergrund zu vermeiden. Die grüne, gestrichelte Linie in (A) steht für die größere Öffnung in der Gutta-Platte.


    Geduld und eine gesunde Portion Genauigkeitssinn sind Tugenden über die ein guter Modellbauer verfügen sollte!



    Doch es gab noch eine Herausforderung: Der Architekt der Hochbauten der JLKB, der Königliche Baurat von Techow, der auch für die Hochbauten der RSN verantworlich zeichnet, wollte den Schuppen nicht ganz so schmucklos lassen und sah deshalb an allen möglichen Stellen zierende Zahnrollschichten vor.



    Die Produkte mit derartigen Teilen von Auhagen gab es, als ich den Schuppenbau begann, noch nicht. Während der erwähnten ABM konnte ich auf eine CNC-Fräse zugreifen. In eine 1 mm-PVC-Platte wurde nach meinen Maßangaben mit einem 1 mm-Fräser ein Gitter von 0,5 mm Tiefe gefräst. Von dieser Platte konnte ich dann diese Zahnrollschichten abschneiden und einpassen. Wieder ein Problem gelöst!



    Aber nun kamen die Pilaster, die zu „nur“ 28 Stück rund um das Gebäude die Wände stabilsieren halfen. Ich habe senkrechte Streifen von einer Kibri-Platte geschnitten und von hinten Fasen von 45° angefeilt. Die Teile wurden U-förmig zusammengelebt und innen mit einem Streifen Gutta-Platte ausgekleidet. Das gab Stabilität und Formhaltigkeit. Auf Länge geschnitten und oben abgeschrägt wurden sie mit einem kleinen Flecken Mauerplatte als Abschluß beklebt.




    Der Lokschuppen im Rohbau. Das war die Stelle wo ich ihn nicht mehr leiden konnte und mit den kleinen Basteleien (Siehe Beitrag dazu) begann um Abstand zu gewinnen.


    Die Mauern des Vorbildes beginnen auf dem Fundament als ein etwa 1 m hoher Sockel aus Klinkern, der um einen halben Stein vorspringt. Oben wurde er von einer Rollschicht abgeschlossen. Auf dem Absatz brachte man eine Schräge aus Mörtel auf um das Eindringen von Regenwasser zu verhindern. Für die Rollschicht habe ich senkrecht Streifen einen halben Stein breit von einer Mauerplatte abgeschnitten und an den Streifen für den Sockel oben angesetzt. Das ganze wurde auf Länge geschnitten und auf die Seitenwände geklebt. Kompliziert wurde das im Bereich der Pilaster, eine Geduldprobe.



    Das Dach besteht aus weißem, 1 mm dicken PVC. Die Ränder der Pappbahnen sind mit der schmalen Kante eines Stahllineals eingraviert.
    Der Lüfteraufsatz ist nur eine nette kleine Bastelei ohne Besonderheiten. Die Rauchabzugsrohre (beim Vorbild erst zu DR-Zeiten eingebaut wurden) stammen aus der Restekiste.



  • Servus Eberhard,
    ich habe ja deine kleinen Bastelarbeiten so zwischendurch schon bewundert, aber was Du hier auf die Beine stellst ist schon


    Extraklasse :thumbsup: .


    Deine Akribität am auskundschaften, forschen und dann dem Umsetzen in 1:87, einfach bewundernswert.
    Dein Baubericht regt ja gerade dazu an, vieles davon selber auszuprobieren.
    Ich hoffe noch viel von Dir zu lernen.
    Rainer K

  • Die Dachrinne wurde mit einer eigens dafür gefertigten Vorrichtung in dünnes Alublech gedrückt und unter die Traufe geklebt. Zusätzlichen Halt geben hier die darüber geklebten Balkenköpfe. Auf Rinneneisen habe ich verzichtet.



    Die Fallrohre mit den Einläufen sind aus rundem PS-Profil, das in einen passend aufgebohrten kleinen Klotz aus Gutta-Platte geklebt wurde. Der Klotz wurde dann durch feilen in Form gebracht und das Rohr zurechtgebogen. Die Rohrschellen sind aus dünnem Messingdraht gebogen.



    Die Tore und Türen sind aus Bretterplatten, die in der Restekiste waren, geschnitten. Die unbeweglichen Werkstattore haben Scharnieratrappen aus Borstenstückchen von der Handwaschbürste. Dagegen sind die beweglichen Tore der Schuppeneinfahrten mit funktionierenden Scharnieren ausgestattet. Diese hat allerdings ein Freund der IG für mich realisiert, da ich bei Metallbearbeitung nicht sehr viel drauf habe, was sich aber mit Blick auf mein Diorama ändern wird.



    Der Boden des Schuppens wurde aus Gutta-Platte ausgeschnitten. Auf unserer Anlage sind sämtliche Gleise und Weichen Eigenbau. Die Schmalspurbahnschwellen wurden von entsprechend breiten Streifen aus 1,5 mm dickem, kupferkaschiertem Leiterplattenmaterial abgelängt. Die Einzelschwellen erhielten mit der Halbrundfeile das Aussehen von Stahlschwellen, denn solche waren fast ausschließlich bei der JLKB verlegt worden. In der Mitte der Schwellen wurde das Kupfer entfernt. Die Schienen wurden dann aufgelötet, natürlich nicht auf jeder Schwelle.



    Für die Schuppengleise, alle mit Untersuchungsgruben, nahmen wir Streifen o. g. Materials und löteten die Profile längs der Kante auf. Den Rest erklärt eigentlich die Skizze. Der Boden des Lokschuppens besteht aus mehreren Einzelteilen. Die Teile, die die Leiterplattenstreifen überdecken wurden entsprechend 1,5 mm tief ausgefräst. Das habe ich mit der großen Kreissäge von PROXXON gemacht. Das Sägeblatt wird soweit versenkt, daß es nur noch 1,5...6 mm aus dem Schlitz des Sägetisches ragt. Nun sägt man mit dem hartmetallbestückten Sägeblatt von unten an der Kante des Plattenstreifens eine Stufe, stellt den Anschlag ein wenig nach, sägt wieder und stellt nach, und wiederholt diese Vorgänge so oft bis man das Material in der Breite des Leiterplattenstreifens abgetragen hat. Ich hoffe das war verständlich.




    So weit so gut. Aber nun kamen ja noch die Schornsteine. Die kleinen Schornsteine für das Meisterbüro und die Stellmacherei waren in der Herstellung nur fummlig. Doch der mächtige Schlot der Schmiede hatte es wieder in sich. Im unteren Viertel viereckig und der Rest der Länge achteckig mit allerhand Ziermauerungen.



    Zuerst habe ich die Teile angefertigt, die die vierkantige Basis ergeben. Sie verjüngen sich nach oben. Die dazwischen gehörenden Teile wurden durch zurechtfeilen eingepaßt. Die dreieckigen Putzschrägen entstanden durch Verkitten und anschließendes Verschleifen. Recht fummlig ware dann der auskragende Mauerkranz unter dem Schornsteinkopf. Dazu habe ich Mauerstreifen und entsprechend breite Streifen von 0,5 mm dickem PS zu einer kleinen Treppe verklebt. Von dieser Stange wurden dann entsprechend lange Stücken abgesägt, die nötigen 45°-Winkel abgefeilt und das Ganze zu dem Kranz um den Schlot zusammengeklebt. Oben drauf kam eine Schräge aus Spachtel, die nach dem Trocknen zurecht gefeilt wurde. Ob die „Mündung“ achteckig, viereckig oder rund war entzieht sich meiner Kenntnis.



    Der Lokschuppen hatte hinten zwei Anbauten. Im zweistöckigen waren Werkmeisterbüro, Schmiede, Dreherei und ein Öllager untergebracht. Im Flachbau hatte die Stellmacherei ihr Domizil. Der bodenraum wurde als Lager genutzt.


    Die Farbgebung geschah mit einem lösemittelhaltigen, matten Lack, der den Farbton neuer Ziegel hatte. Der Lack wurde mit der Spitze eines etwas härteren Pinsels (Schulqualität) kreisend vertrieben. Dadurch wurde verhindert, daß sich die Strukturen der Wände zusetzten. Nach dem Einlassen der Fugen mit putzgrauer Wasserfarbe wurden die Mauern gealtert. Ich habe dazu verschiedenfarbige Kreiden verwendet. Diese wurden nach dem Auftragen mit dem Daumen verrieben. Erst nachdem mir das Ergebnis zusagte erhielten die Wände einen abschließenden Überzug mit Mattlack aus der Sprühdose.


    Zum Abschluß möchte ich von dem Lokschuppen noch einige Bilder zeigen, auf denen er in seiner Gänze zu sehen ist.



    Giebelansicht der Werkstattanbauten




    Seitenansicht des Lokschuppens. Vor der Fassade verlief ursprünglich ein Abstellgleis, daß dem Garagenanbau weichen mußte.





    Ohne Worte



    Schuppenansicht mit Kohlenschuppen und Garagenrohbau



    Ansicht vom vorgelagerten Acker. Vor der Fassade verläuft ein Abstell- und Arbeitsgleis.



    Eigentlich ist der Bau des JLKB-Lokschuppens, der mein Erstlingswerk in diesem kleinen Maßstab ist, hoffentlich ausreichend beschrieben.
    Nun ist es Zeit Fragen zu stellen um Unklarheiten zu beseitigen oder Vergessenes zu schildern.


    Mit Gruß an alle - Eberhard