Moin!
Endlich wird's thematisch. Danke Lutz!
Du hast zwei Punkte angesprochen, die problematisch sind oder es für den Einzelnen sein können:
1. Proto:87 ist eine Insellösung. Stimmt. Eine Insellösung muss es auch sein insofern, als das Rad-Schiene-System mit keinem anderen "gängigen" des Maßstabs 1:87 harmoniert, zumindest ab dem Punkt, wo es Weichen zu befahren gilt. Für Streckengleise - ich spreche jetzt von Modulen - gilt das naturgemäß eingeschränkt, denn die Spurweite ist zumindest bei H0 gleich. Anders sieht das bei 750mm-Schmalspur aus: H0e hat hier 9 mm Spurweite; Proto:87 hat nur 8,6 mm. Gerade H0e-Module funktionieren auch bei P87; andersherum klemmt es aber wohl.
2. Das Arbeiten des in der Regel hölzernen Anlagenunterbaus ist bei P87 ein Problem. Stimmt ebenfalls. Das Problem ist aber, so scheint es mir zumindest nach meinen Erfahrungen in Hemer, mit der nötigen Sorgfalt bei Konstruktion und Bau in den Griff zu bekommen. Eines definierten P87-Klimas scheint es dazu nicht zu bedürfen; eine Lagerung im feuchten Schimmelkeller schafft aber wahrscheinlich doch ein paar Probleme, die man mit NEM nicht (oder nicht gar so arg) hätte. Und damit meine ich nicht den Geruch.
Zum deinen anderen Kritikpunkten - Fahrverhalten und Rangierspaß - möchte ich mich ebenfalls äußern. Das Fahrverhalten war bei allen von mir bewegten Fahrzeugen einwandfrei, auch jenseits der Schleichfahrt. Nebenbahnübliche 60 Modell-km/h waren kein Thema, auch nicht an Modulübergängen. Es gab allerdings auch keinerlei derartige Verwindungen zu betrachten wie du sie in deinen Bildern zeigst.
Ich gehe stark davon aus, dass die Problemarmut im Fahrbetrieb mit einem entsprechenden Aufwand hinsichtlich der Vorbereitung von Fahrzeugen und Modulen verbunden war. Fahrwerke und ordentliche Antriebe stellen den Regelfall dar. Der geht sicher auch ins Geld - dazu gleich noch mehr.
Der Rangierspaß mit der Originalkupplung hat seinen ganz eigenen Reiz. Den kann man mögen, man muss es aber nicht. Fakt ist: die Originalkupplung lässt sich mit ein wenig Übung ganz leicht und unkompliziert kuppeln. Voraussetzung: ruhige Hand und gute Zugänglichkeit. Die Zugänglichkeit kann dabei von zweierlei Dingen beeinträchtigt werden - entweder wie von dir beschrieben durch Entfernung oder Verbauung (auch durch andere Fahrzeuge in Nachbargleisen) oder aber auch durch entsprechende Fahrzeuge - Bremserbühnen / -häuser machen die Kuppelei schwieriger; Faltenbalgübergänge an Reisezugwagen machen sie beinahe unmöglich (am Anlagenrand und mit seitlicher Zugriffsmöglichkeit geht es trotzdem, aber mehr schlecht als recht; das sei nicht verschwiegen...)
Damit ist die Proto:87-Sache in meinen Augen in erster Linie prädestiniert für eher schlichte Anlagen - Lokalbahn, Nebenbahn, kleine Betriebstellen. Personenzüge machen nur dann Spaß, wenn nicht zu viel rangiert werden muss oder die Wagen offene Übergänge haben. Klein-Maschen wird sich in Proto:87 nicht machen lassen und auch Anlagen von den Ausmaßen, wie Roland sie baut, sind mit Sicherheit utopisch.
Kommen wir zum Geld - wie schon skizziert eignet sich Proto:87 eher für die "sparsamen" Themen. Wenn ich mir nun so einen kleinen Bahnhof an einer Lokalbahn vorstelle, dann reichen da in der Regel ein, zwei Lokomotiven, eine Handvoll Güterwagen, ein oder zwei Personenwagen und vielleicht noch ein Triebwagen. Bedingt durch das hohe Maß an Handarbeit und eigener bastlerischer Betätigung werden diese Anschaffungen über viele Jahre hinweg erfolgen, von daher wird sich die finanzielle Belastung eines "Proto-Bahners" nicht wesentlich von jener eines NEM-lers unterscheiden.
Anders sieht die Sache freilich aus, wenn man alles sofort haben möchte und gleichzeitig zwei linke Hände hat: wer sich für seine Proto:87-Leidenschaft alles zusammen kaufen muss, der wird natürlich finanziell arg gebeutelt.
Mein Fazit wäre deshalb: Proto:87 ist schön, macht aber viel Arbeit. Wer etwas Geschick und eine Vorliebe für die "romantischeren" Themen bei der Modellbahn hat, für den könnte Proto:87 schon was sein, um damit glücklich zu werden. Allerdings werden Erfolge nicht sofort zutage treten; es ist vielmehr ein langer Prozess bis zum Endergebnis. Das ist dafür in der Regel schon recht perfekt.
Grüße!
B.