Lanz Halbdiesel und Anhänger von Weinert

  • Hallo,


    @ Wolfgang,

    Die Felgen kannst Du auch Wehrmachtsgrau lassen wie sie sind. Bei den gebraucht übernommenen Anhängern hat man sich nicht großartig um farbliche Anpassungen oder gar Farbharmonie zum Schlepper gekümmert.

    Heiß begehrt waren bei den Bauern übrigens in der unmittelbaren Nachkriegszeit Deutsche Panzerwracks; genauer deren Laufrollen. Diese großen Laufrollen hatten eine Elastiklauffläche, vulgo Vollgummireifen. Und genau diese Laufrollen fanden ihren Weg unter die landwirtschaftlichen Wagen und ersetzten dort die traditionellen Holzspeichenräder. So eine Art Schwerter zu Pflugschare.

    Dann gab es manchmal auch Anhänger mit komischen oder merkwürdigen Untergestellen, Achsschenkellenkung oder sogar 4-Radlenkung. Diese stammten auch aus Wehrmachtsbeständen und hatten vorher militärische Sonderaufbauten. Diese wurden entfernt und durch vom Stellmacher angefertigte Pritschen mit Bordwänden ersetzt.



    Alle:

    Das Ende vom Lanz Bulldog oder warum auch Heute noch in Mannheim Schlepper gebaut werden.

    In den 1950er Jahren strebte man eine Vollmotorisierung der Landwirtschaft in Deutschland an und wollte die Versäumnisse der 1930er Jahre nachholen. Ende der 1930er Jahre gab es zwar Bemühungen der Industrie wie beispielsweise 11PS Deutz Bauernschlepper, 15PS Lanz Bauernbulldog und den von Porsche angedachten Volksschlepper. Aber die waren nur in sozusagen homöopathischen Stückzahlen vorhanden. Und durch den unseeligen Krieg ...


    In Stichworten, die Situation für die Heinrich Lanz AG in den 1950er Jahren stellte sich so dar:

    - Die Hauptabsatzgebiete für die großen schweren Bulldogs lagen im Osten.

    - Durch den eisenen Vorhang fielen sie weg.

    - Lanz Bulldogs wurden hauptsächlich von Leuten gekauft die sie nicht selber fahren mussten wie Gutsverwaltern, Gutsherren, Großbauern mit Knechten.

    - In Westdeutschland, das Gebiet der alten BRD ist gemeint, war der überwiegende Teil der Landwirtschaft kleinparzellig, d.h. nur rel. kleine Höfe.

    - Hier waren Schlepper mit max. 25PS gefragt.

    - Von den traditionellen Großbulldogs 35PS und mehr waren nur kleine Stückzahlen absetzbar.

    - Man versäumte es eine Nachfolgegeneration auf dem neuesten technischen Stand zu entwickeln.

    - Statt dessen hielt man zäh an dem jetzt überholten Motorkonzept des liegenden Einzylinders fest.

    - Nur ein halbherziges herumwerkeln wie Halbdiesel oder letzendlich Volldiesel.

    - Immer mehr potentielle Kunden konnten damit nicht zum Kauf überzeugt werden; die Schlepper der Mitbewerber waren einfacher zu bedienen und boten mehr Bedienungskomfort.

    - An Innovationskraft hat es bei Lanz nicht gemangelt, der 1951 vorgestellte Geräteträger Alldog war ein cleveres und fortschrittliches Konzept.

    - Der nicht ausgereifte Motor des Alldogs war die Schwachstelle und brachte diesem den Spitznamen Knalldog ein.

    - Hier versuchte man aus einem von den Triumph Werken Nürnberg bezogenen 500cm³ 2-Takt Motorrad Ottomotor einen Dieselmotor zu machen.

    - Der Motor war zu schwach für diese Zwecke und führte zum Versagen des Geräteträgers.

    - Später gefertigten Geräteträger erhielten ab 1956 einen von der nebenan gelegenen MWM bezogenen 2-Zyl. 4-Takt Dieselmotor mit 1250cm³ Hubraum.

    - Der Schaden war aber schon angerichtet.

    - So steuerte Lanz mitten in der boomenden Wirtschaftwunderzeit auf die Insolvenz zu. Das soll erst mal einer nachmachen.

    - Der eigentliche Eigentümer von Lanz war die Süddeutsche Bank.

    - Nur weil John Deere die Aktienmehrheit aufgekauft hat wurde die Pleite abgewendet.


    Zum besseren Verständnis ein Exkurs zu John Deere USA.

    - Der 1843 Landmaschinenhersteller war ein Vollsortimenter und bot vom Pflug bis zum kompletten Schlepper alles an.

    - Als Motorenkonzept bildete sich in den 1920er Jahren der quer eingebaute liegende 2-Zylinder 2-Taktmotor. Man konnte ihn je nach bestellter Ausführung mit Benzin, Kerosin, Traktorentreibstoff (Petroleummischung), LPG (Flüssiggas) und letztlich auch Diesel betreiben.

    - Auf Grund des charakteristischen Laufgeräuschs bekam der den Spitznamen Johnny Popper.

    - Aber auch die Zeit für Johnny Popper war in den 1950er Jahren abgelaufen.

    - Im Gegensatz zu Lanz ging die Entwicklungsabteilung von John Deere schon rechtzeitig in Klausur und entwickelte im Geheimen in aller Ruhe eine völlig neue Generation von Traktoren welche nichts mehr mit der bisherigen gemeinsam hatte.

    - Stehende, längs eingebaute 4- und 6-Zylinder 4-Takt Dieselmotoren mitsamt neuen Getrieben waren das Ergebnis.

    - Da die Entwickler genügend Zeit hatten, kam ein ausgereiftes Produkt auf den Markt.

    - John Deere expandierte in der 2. Hälfte der 1950er Jahre weltweit.

    - In Argentinien und Frankreich wurden dazu neue Montagewerke errichtet.

    - An der schwächelnden Heinrich Lanz AG waren für John Deere vor allem die Fabrik in Mannheim mitsamt seiner Gießerei und das etablierte Händlernetz interessant.

    - So kaufte John Deere 1956 die Aktienmehrheit an Lanz von der Süddeutschen Bank. Die Bankster haben wohl den Absturz der Aktienwerte erahnt.


    Eine Zeit lang wurden noch die bisherigen Lanz Typen in Mannheim unter der Markenbezeichung "John Deere Lanz" weiter gebaut, ebenso die die bisherigen John Deere Typen in den USA.

    Die Bombe liess John Deere 1960 platzen als man weltweit Händler in die USA nach Dallas/TX einfliegen liess (ja genau das Dallas).

    Dort wurde die neue Generation Traktoren offiziell vorgestellt.

    Für Deutschland und Europa waren die Typen 300 mit 28PS und 500 mit 36PS vorgesehen. Diese wurden in Mannheim gebaut.

    Das war natürlich ein gewaltiger Innovationssprung gegenüber dem alten Bulldog:

    - 4-Zylinder 4-Takt Dieselmotor in Gummi gelagert und mit der dementsprechenden Laufruhe

    - Starten vom Fahrersitz aus; Schlüssel einstecken, anlassen und losfahren.

    - Gepolsterter Komfortsitz, keine Standard "Bratpfanne" wie bei de Bulldogs.

    - Regelhydraulik mit international genormter 3-Punktaufhängung (Lanz hatte vorher eine Werksnorm 4-Punktaufhängung)

    - Später kam noch der Typ 700 mit 50PS hinzu der komplett aus den USA importiert und im Werk Mannheim für die Deutsche Straßenzulassung umgerüstet wurde.


    Wer wollte jetzt noch die polternden Einzylinder kaufen?

    So kam es. daß in den 1960er Jahren die Lanz Glühköpfe und Halbdiesel zu -zig Tausenden bei den Landmaschinenhändlern und den Bauern herum standen weil niemand sie mehr haben wollte. Selbst die Schrotthändler lehnten sie ab wegen der schlechten Qualität der Gußteile. Die in Polen unter sozialistischen Bedingungen gefertigten Ursus C-45 Bulldogs haben eine bessere Gußqualität als original Lanz Mannheim.


    Als Dioramenvorschlag für die späte Epoche 3 und die Epoche 4:

    Lanz Glühkopf oder Halbdiesel verostet hinter der Scheune abstellen. Ein Zinkeimer über den Auspuff gestülpt und halb von Brombeeren überwuchert.

    So überdauerten sie die Zeit als in Deutschland noch alles weg geworfen und verschrottet wurde was alt und nicht mehr nützlich war. Autos, LKWs, Dampflokomotiven etc. was heute noch vorhanden ist hat mehr oder minder durch Zufall überlebt.

    Erst gegen Ende der 1970er Jahre besann man sich, daß alte Gegenstände und Maschinen ihren eigenen Charme haben. So wurden die vorher ungeliebten Bulldogs zu begehrten Sammlerobjekten.


    Ich hoffe ich konnte das Thema Lanz Bulldog im historischen Kontext darstellen.

    Mit freundlichen Grüssen


    Lutz

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