Kontroverse Geschichten oder Deutschbahntechnik von Heute

  • Hallo Leute!


    In den Parellforen und -welten sich die E41 von Piko und die 151 von Roco in letzter Zeit heftig diskutiert worden. Nur recht selten sind zu diesen Diskussionen auch Fakten beigetragen worden. Ich habe diese beiden Loks von einem Bekannten bekommen um sie zuzurüsten und kleinere Umbauten vorzunehmen.
    Am Abend zuvor haben wir die 151 auf der Anlage einen Bekannten ausprobiert. Die Lok war auffallend laut, wie eine alte Roco Lok aus den 1970er Jahren. Ein unmittelbarer Vergleich mit einer alten Roco E44 von 1975, ja die ganz alte mit den grauen Fenstern und den Federkupplungen, bestätigte das.



    Die Roco 151 mit abgenommenen Gehäuse. Davor liegen die Maschinenraumattrappen.
    Das Teil davor dient dazu dem Motor zwischen Rahmen und Platine festzuklemmen.



    Die Maschinenraumatrappen noch einmal näher betrachtet. Die reliefartig dargestellte Einrichtung ist teilweise bedruckt.



    Eine Innovation sind diese Kabelniederhalter.



    Kunststoffstreifen die die Kabel in ihren Kanälen halten.



    Zum weiteen Zerlegen muß man die Hauptplatine ablöten



    Der Antriebsstrang offenbahrt keine Überraschungen.



    Vorne
    Ich habe mir insbesondere die Drehgestellanlenkungen angesehen. In den Foren hatten sich einige über wackelnde und taumelnde Loks beschwert die "nix" ziehen, während andere dieses Phänomen nicht hatten.



    Hinten
    Jetzt begann die Suche nach den Unterschieden.



    Hinten



    Vorne



    Mein Bekannter wollte die Haftreifen von den jeweils äusseren Achsen auf die jeweils inneren Achsen ummontiert haben. Wegen besserer Stromabnahme.
    Mit Fett hat man jedenfalls bei Roco nicht gespart.


    Jetzt erfolgte das Überdenken und verstehen des vorgefundenen Konzepts der Drehgestellaufhängung rsp. -Anlenkung. Beide unten am Hauptrahmen angegossenen Pinorkel haben die gleiche Länge. Ebenso haben beide trichterförmigen Bohrungen in den DG-Rahmen die selbe Tiefe. Beide Pinorkel sind unten abgerundet, haben eine Höhe von 9,3mm an der Kuppe und beide DG-Bohrungen haben unten ebenfalls halbkugelige Böden mit 8,2mm Tiefe am tiefsten Punkt .
    Die Pinorkel sollen hier in den Bohrungen nahe der Achsmitten ansetzen und so einen quasi Effekt wie bei einer echten Tiefanlenkung erziehlen.
    Da der Abstand zwischen Unterkante Hauptrahmen und Achsmitten 10,5mm beträgt wurde das Klassenziehl nicht ereicht, da der tatsächliche Angriffspunkt hier oberhalb der Achsmitten liegt.
    Im Prinzip ja, aber eben nicht ganz zu Ende gedacht. Die Gefahr des Aufbäumens wurde zwar vermindert, aber nicht ganz ausgräumt. Da waren Konstruktionen wie die 110 / 140 (43388) aus den 1990er Jahren schon wegweisender weil da eine echte Tiefzuganlenkung realisiert wurde.
    Bei einer so langen Lok wäre eine Art 3-Punktauflagerung des Hauptrahmens auf die DG und damit Vermeidung einer Diagonalsteifigkeit schon sinnvoll.


    Auf den Fotos zuvor sieht man die jeweils neben den Pinorkeln angegossenen Warzen.
    Hinten sind die 0,5mm hoch, vorne dagegen 0,9mm.
    Hinten ergibt das den erwünschen Effekt, daß sich das Gewicht des Hauptahmens über den Pinorkel direkt auf den Bohrungsgrund im DG Ramen abstützt und das DG dabei frei um alle Achsen pivotieren kann.
    So weit so gut.
    Aber ...
    Wenn man das vorne auch so macht, dann kann das vordere DG auch frei pivotieren. Bedeutet dann aber auch, man hat zwar keine Diaginalsteifigket der Lok mehr, aber dafür ist schlichtweg keine Wankstütze vorhanden. Damit hat man dann den Wackelkandidaten.
    Man hat zwar vorne die Warzen 0,9mm hoch gemacht, aber das reicht einfach nicht aus um als seitliche Wankstütze zu dienen.



    Als Abhilfe den vorderen Pinorkel mal kurz an den Schleifbock gehalten und so etwas in der Höhe reduziert.
    Damit stützt sich jetzt das Gewicht des Hauptrahmens vorne über die Warzen auf die seitlich angegossenen Gleitplatten des DG ab.
    Somit ist jetzt eine statisch bestimmte Auflage das Hauptrahmens auf beide DG hergestellt.
    Ende Wackeldackel.


    Dann ist mir nach einem Gespräch mit Sven noch etwas aufgefallen:



    Hier habe ich mal die Mittellinie des Lokrahmens markiert. Wie man unschwer erkennen kann ist das Assy :)
    Und zwar asymmetrisch.
    So derart aussermittig sind die Pinorkel am Rahmen angegossen.



    Für die DG bedeutet das doppelt assy.
    Und zwar sowohl in Längs als auch in Querrichtung. So machen die DG denn auch "wilde" Ausschäge die der Fahrdynamik noch weitere dynamische Komponenten hinzufügen auf die man gerne verzichten kann. Nicht auszuschliessen wären unterschiedliche Zugkräfte, abhängig davon ob die Lok gerade eine Links- oder Rechtskurve durchfährt.




    Auf der Hauptplatine sind 2 Dip-Schalter zum Schalten der Führerraumbeleuchtungen bei Analogbetrieb angebracht. Damit kann man entsprechend der Gebrauchsanleitung das Licht in den Fst. ein bzw. ausschalten. Das "Wie" erklärt die der Lok beiliegende Gebrauchsanleitung.
    [ironie]Früher:
    Frauen können nicht Einparken und Männer lesen keine Gebrauchsanleitungen.


    Heute:
    Frauen können mittlerweile Einparken (auch rückwärts!), aber Männer lesen immer noch keine Gebrauchsanleitungen.[/ironie]



    Die Spurkränze der Lok sind 0,8mm hoch und damit wegen der immer noch vorhandenen Diagonalsteifigkeit innerhalb der DG auf gute Gleisverlegung angewiesen.



    Anders bei dem nächsten Kandidaten, der Piko E41. Die Lok ist bock(diagonal)steif. Hier verhindern nur die NEM-Max Spurkränze so manche Entgleisung auf liederlich verlegten Gleiselementen.



    Unter dem Gehäuse sorgt ein Motor der 260er-Klasse für den Antrieb.



    Die Einfachlösung (billig!) mit Schlingerstücken der E41 verhindert Fortschritte in Richtung Allradauflage.



    Das Getriebe. Es ist zwar jetzt eine 1-gängige Schnecke eingebaut, aber das Schneckenrad mit dem angespritzen zweiten Zahnrad ist das eigentliche schnelle Element.
    Hier wird dann nämlich zu den Achszahnrädern wieder ins Schnelle übersetzt.
    Aber mit der jetzt verfügbaren 1-gängigen Schnecke von Piko kann man dann wahrscheinlich anderen Piko Rennsemmeln wie z.B. die G1206 manierlicheres Fahrverhalten beibringen.



    Die Dachausrüstungen im Vergleich.



    Die Piko E41 hat hier Dachlaufstege aus Kst. die nicht durchbrochen und einzeln angesetzt sind.



    Roco hat hier durchbrochene Ätzteile mit suboptimaler Befestigung und Ausführung.



    Bei den Pantos hat wohl der Brillendoktor die Nase vorn. :P



    Innovativ gelöst die Kabelführung der E41



    AC/DC Schraubverbindung 8)



    Beide Lok jeweils auf Seite 1 voll zugerüstet.


    Es gibt Licht und Schatten. Bei beiden Modellen.
    So sind z.B. die Griffstangen an die Führerstandsaufstiegen bei Roco aus lackiertem Stahldraht, während die Dachlaufstege, trotz geätzter Ausführung, weniger gefallen.
    Eine Überraschung bei der Piko E41 waren die Pantos die noch einen Tick besser sind, als die bekannten doch recht feinen Exemplare von Roco.
    Ich persönlich würde meine Roco E41 allerdings nicht gegen eine Piko E41 eintauschen. Dafür ist die alte Roco Lok noch um Längen besser.


    Meine 2 €ent.


    Lutz K


    Edit: weitere Fotos und Text eingefügt

    Mit freundlichen Grüssen


    Lutz

    3 Mal editiert, zuletzt von Lutz K ()

  • Hallo!
    Zum vorstehenden Beitrag möchte ich mich bei Lutz für seinen Fleiß bedanken. Allerdings ändert das nichts am vorgestellten Modell.
    Höchstens das Roco mitliest und das nächste Modell besser macht. Bestes Beispiel wie man mit dem "gemeinen Modellbahner" umgeht.
    Aber es geht noch schlimmer siehe Brawa Gravita erste Modellausführung. Dort hat man die beiden Lötpads auf der Platine der Lok
    für den Soundlautsprecher schlicht vergessen. Soll doch der Modellbahner sehen wie er die Kabel an die Füßchen der Schnittstelle lötet.
    Bei der nächsten Modellausführung sind die Lötpads vorhanden. So das am "Küchentisch" die Kabel gelötet werden können. Wenn man
    eine solche verbesserte Platine bei Brawa käuflich erwerben will scheitert man an der "Borniertheit" dieser Firma Ersatzteile zu ver-
    kaufen.
    mfg

  • Als kleine Ergänzung:


    Da nun einmal die Loks vor mir auf der Werkbank lagen habe ich mir noch eine kleine Testreihe erlaubt.
    Bei der 151 wird er Motor umgepolt und damit lief die Lok entgegengesetzt der üblichen Fahrtrichtung.
    Jetzt konnte man einen tug-o-war veranstalten. Die Kandidaten:


    Roco 151 neu, hier schon die Haftreifen auf die inneren Achsen montiert.
    Roco E40 etwa 20 Jahre alt, hat noch ihre 2 original Haftreifen die also auch alt und verschmutzt sind.
    Roco E41 w.o.
    Piko E41 neu, mit 2 Haftreufen die neu, sauber und weich sind.
    Märklin E41 von 1960 mit klassischem Antriebskonzept, 4 neue, weiche Haftreifen auf 2 angetriebenen Achsen.


    Die Ergebnisse, sind einfach nur tendenziell und ohne konkrete Werte:


    Roco 151 vs Roco E40
    Die 20 Jahre alte E40 zog die neue 151 souverän "über den Tisch"


    Roco 151 vs Roco E41
    Gleichstand, keine Lok konnte die andere wegziehen


    Roco 151 vs Piko E41
    Die Piko E41 zog die Roco 151 einfach hinter sich her


    Roco 151 vs Märklin E41
    Hier hatte mal die Roco 151 die Oberhand


    Wie erwähnt nur einfache tendenzielle Aussagen for Fun. Wer es gerne "wissenschaftlicher" mag, gerne, nur zu und macht mal die Messungen.



    Dann habe ich noch ein paar Fotos:



    Von 1960 bis 2014 spannt sich der Bogen.



    3 mal E41



    Wie ich schon erwähnt habe, ich sehe keine Veranlassung meine Roco E41 gegen eine Piko E41 einzutauschen.



    Der Vollständigkeit halber, Dachlaufstege Roco E40 gegen Roco 151; das Foto ist aussagekräftig genug.


    Roco hat wohl noch nicht zu alter Größe zurück gefunden, wie auch der parallel laufende Thread über die ÖBB 2067 in DSO zeigt.

  • Hallo Lutz


    Danke für deinen verständnisvollen Beitrag, denn da hast du dich richtig ins Zeug gelegt. :imsohappy: :herz: :sehrgut:
    Ich hatte deinen Beitrag in DSO gestern Abend mitverfolgt.


    Aber wiederum werde ich mir eine Piko 141 leisten in der Ozeanblauen Farbgebung, da ich auf das alte Fleischmannmodell keinen Deut gebe :thumbdown: , da ich einstmals schon eine 141 besessen habe.
    Das ist schon Vergangenheit und beglückt einen anderen Modellbahner. ^^

    Meine Angst besteht darin:

    Das die Träume eines Tages, ausgehen.:wseufzer: