Hallo Leute,
an dieser Stelle möchte ich mein im Bau befindliches Bogenmodul "Alte Werft" vorstellen. Die Modulköpfe entsprechen der FREMO-Norm IH05, es ist daher ein typisches Modul des "Nordhafens". Es entstammt einer Bauaktion der Nordhafenbahner, wir haben irgendwann erkannt, dass unser Hafen recht lang geworden ist und wir auch mal den Schienenstrang um die Ecke bringen müssen. Wir haben also einen 180-Grad Hafenbogen aufgelegt, der aus vier Modulen á 2 Segmenten besteht, aber nicht zwingend zusammenhängend aufgebaut werden muss. Der Radius des Gleises beträgt, so weit ich mich erinnere, hafenbahnmäßig "enge" 1500mm.
Alle Modulkästen wurden von einem Tischler gefertigt, "meine" Beine stammen aus Schweden. Da die Kästen im Bogen keine Breite von 50cm erreichen, habe ich die Ivars einfach mal quer mit einer einfachen Passung eingebaut, gesichert werden sie mit einem einfachen Schieberiegel aus dem Baumarkt. Ein Unter-dem-Modul-durchtauchen ist damit aber nicht mehr möglich.
Es sollte eigentlich mein letztes Modul werden - dass ich später den Neubau des Ziegelwiesenkai beschloss, konnte ich damals ja nicht ahnen. Um nicht viel Zeit zu versenken sollte es auch ein ganz einfaches Modul werden und keine Betriebsstelle, keine Brücke o.ä. enthalten. Einfach nur ein Bogen im Hafenbahnschienenstrang.
Ganz neu war damals das Stahlschwellengleis von RST. "Super", dachte Papas Sohn, "Das muss ich verwenden" (ich bin sowieso "gnadenloser" Verfechter von RP25 und finde einen Zwang zu eben dieser Norm gut ). Ist aber irgendwie blöd, dass da nun ein Abschnitt Stahlschwelle liegt und ansonsten nur Holz als Schwellenmaterial im Hafen verwendet wird. Also musste eine Ausrede konstruiert werden ...
Nun denn, ich versuche es mal.
Es war einmal eine alte Werft, die im großen Nordhafen Schuten herstellte und reparierte. Mittels eines einfachen Anschlussgleises wurde sie mit Material versorgt. In unmittelbarer Näher der alten Werft und weiteren kleineren Hafen-Betrieben entstanden Häuser der Arbeiter. Der Hafen wuchs, die Zahl der dort arbeitenden ebenso und somit rückten Arbeitsplatz und Wohnung immer weiter zusammen. Für die Arbeiter, die ihren Wohnsitz nicht in unmittelbarer Näher der Hafenbetriebe hatten, richtete die Hafenbahn einen Haltepunkt ein, die Stadt kombinierte eine Bushaltestelle hinzu.
Die Aufträge unserer hier betrachteten Werft waren aber seit längerem rückläufig. Durch moderne Hilfsmittel wie große Krane mit hoher Tragkraft lagen die großen Überseedampfer zunehmend direkt an den Kais, deren Ladungen konnten somit ohne Umweg umgeschlagen werden. In den früheren Zeiten wurden Schuten - auch die der "Alten Werft" - als Lasttaxi zwischen Großsegler und den Kais eingesetzt. Irgendwann musste das Geschäft aufgegeben werden, die letzte Schute war gebaut und das Anschlussgleis überflüssig.
Eines Tages wurde die Weiche, die das kleine Anschlussgleis der alten Werft mit der großen weiten Welt verband, schadhaft. Sie konnte nur noch notdürftig repariert werden und die Hafenbahn beschloss, die Weiche auszubauen.
Bei dieser Gelegenheit sollte dann auch der nahe gelegene Bahnübergang der "Fährstraße" entfernt werden. Durch den stark ansteigenden Zugverkehr auf der Hafenbahn wurde der Bahnübergang zunehmend zum Hindernis für den ebenfalls zunehmenden Straßenverkehr. Da sich eine Brücke im Bau befand, die die "Fährstraße" kreuzungsfrei mit dem Straßennetz verband, konnte auf den Bahnübergang kurzfristig verzichtet werden.
Durch Ausbau von Weiche und Bü wurde die Stammstrecke hier mit Stahlschwellen neu verlegt. Gerüchte besagen, dass der Hafenbahnchef seinerzeit einen Stapel günstig bekommen konnte.
Durch Ausbau von Weiche und Bü war der Posten im Zwickel zwischen Hafenbahn und Anschlussgleis fast überflüssig, bis auf weiteres mussten aber die beiden vorhandenen Hauptsignale von dort weiter bedient werden. Die alte ausgebaute Weiche wurde früher ebenfalls vom Posten fernbedient(!) und durch eines die Signale gesichert. Anfang der 70er Jahre wurden die Formsignale durch moderne Lichtsignale der Bauform 1969 ersetzt, ein Großteil der nun überflüssigen Drahtzugtechnik war aber nicht sofort abgebaut worden.
Leider hatte man bei den Abbau-Planungen übersehen, dass der alte Bahnübergang der Fährstraße nicht nur dem Straßenverkehr diente. Viele Personen (Schüler!) nutzten die Bushaltestelle in unmittelbarer Nähe des Haltepunktes und überquerten auf der Fährstraße die Gleise. Die Notlösung, bestehend aus zwei Pfeifftafeln, besteht noch heute ...
Das ungenutzte Werftgelände wurde von einem örtlichen Busunternehmen gekauft und wird seitdem als Stellplatz genutzt. Das alte Lager wurde zu einer Werkstatt erweitert, ansonsten sind die alten Gebäude und Anlagen bis auf ein einfaches Büro weitgehend ungenutzt und verkommen langsam.
So viel zur Geschichte dieses kleinen Fleckens. Ungeachtet der ursprünglichen Planung, ein einfaches schnelles Modul zu bauen, gibt es auch hier eine gewisse Evolution. Ursprünglich hatte das Modul einen eher ländlichen Charakter, große Einzelhäuser säumten die Fährstraße.
Da ich aber immer schon einmal städtische Hinterhöfe bauen wollte und ein paar passende Stadthäuser in die Finger bekam, sollten diese nun an der Fährstraße entstehen. Die bestehenden Häuser wurden abgerissen. Die ursprüngliche Straße aus Gips in einem gleisparallelen Bogen wurde ebenso wie die Fährstraße "vampolisiert". Der passende Bürgersteig sorgt für einen sicheren Fußweg zu Bus und Bahn - von dem etwas pragmatischen Schienenüberweg einmal abgesehen.
Das Gelände der alten Werft wurde mit Feldsteinpflaster von Vampisol gestaltet. Die Gebäude der Werft sind aus Resin, ich hatte sie seinerzeit bei Langmesser gekauft. Die Hinterhofhäuser sind ebenfalls aus Resin und entstammen dem Sortiment von Müllers Bruchbuden. Die Stadthäuser kommen vom alten Pola-Sortiment und der "große schwarze Klotz" ist ein MKB-Lasercut-Bausatz, der um ein Stockwerk gekürzt wurde. Mal sehen, wie diese Kombination später wirkt, ist das MKB-Gebäude doch recht gewaltig. Ich hoffe auf eine gewisse Tiefenwirkung ...
Signale wollte ich auch schon immer mal verbauen. Die Hafenbetriebsstellen sind diesbezüglich eher sparsam, neben Wartezeichen kann man vielleicht noch Sperrsignale finden (z.B. als Deckungssignal meiner Gleiskreuzung auf dem Abzweig Holzhafen). Hauptsignale sind innerhalb des Hafens unnötig, Zugfahrten finden hier normalerweise nicht statt. Nun ist die "Alte Werft" mehrmals auch in der Hafenzufahrt verbaut worden, da kann man dann auch "richtige" Signale verbauen. Also zieren nun zwei Wattenscheider Schächte aus dem H0fine-Sortiment den Gleisrand.
Da Matthias Hellmann in seinem Shop auch wunderschöne Signaltafeln führt, habe ich auch gleich noch zwei Pfeifftafeln für den Bü und eine Schachbretttafel geordert. Das Schachbrett ist "leider" notwendig, da da MKB-Haus zu nahe am Gleis steht, als dass dort noch ein Signal Platz finden kann.
Da ich das Modul zu Himmelfahrt auf einem FREMO-Treffen einsetzen möchte, habe ich die geplanten Weinert Formsignale erst mal verschoben. Blöderweise habe ich dann diese wunderschönen M*-Lichtsignale aus der 76x-Digital-Serie gesehen und mir zwei Einfahrsignale (HP0/1/2) mit Vorsignal von smdv.de gegönnt . Diese grazilen Signale mit ihrem perfekten Lichtwechsel sind ein absoluter Genuss und Hingucker. Die Signale starten einen "Test-Modus", wenn man die Spannungsversorgung ohne weitere Bedrahtung anlegt - bei mir testen die beiden schon den ganzen Nachmittag
Ich kann heute schon sagen, dass es sich gelohnt hat, die Geschichte des Moduls vor der Gestaltung weitgehend festzulegen. Es macht sehr viel Spaß, Reliquien der vermeintlich vergangenen Zeiten auf dem Modul zu platzieren. Mein Anspruch ist dabei, dass ein "Spurensucher" die Geschichte auch ohne deren Kenntnis ein wenig zusammenreimen kann.
Zum Abschluss noch mal einen Überblick. Im Vordergrund links ist die namensgebende alte Werft, heute Bushof. Rechts davon der Hafenbahn-Haltepunkt und die Bushaltestelle. Im Hintergrund die großen Stadthäuser der Fährstraße und deren Hinterhöfe, die unmittelbar an die alte Werft grenzen. Ganz hinten dann in unruhestiftender Funktion ein paar meiner Bücher, die gehören nicht dazu.
Die Bilder entstammen unterschiedlichen Gestaltungsstadien, daher fehlt mal das eine oder das andere. Die oben beschriebene Hintergrundsituation ist aber die, die auch auf dem Modul dargestellt werden soll. Dargestellter Zeitraum etwa Mitte 1960er bis Mitte 1970er. So richtig fertig ist bis auf die Gleislage eigentlich noch nichts, von daher kann ich auf Hinweise und Vorschläge von Euch noch eingehen. Daher würde ich mich über Feedback, Verbesserungsvorschläge und Fragen freuen.
Ich hoffe, die Schilderung hat Euch etwas Kurzweil verschafft, viele Grüße
Thorsten