USRA United States Railroad Administration

  • Hallo Leute!


    Da ich schon verschiedentlich im Zusammenhang mit meinen Lokumbauten gefragt wurde was die USRA ist, hier in aller Kürze eine Übersicht über das doch recht umfangreiche Thema ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
    Die USRA war war während er Zeit des 1. Weltkriegs eine quasi Verstaatlichung der US-Amerikanischen Bahngesellschaften.
    Das Deutsche Wikipedia gibt einen weitergehenden Überblick über die Organisation: http://de.wikipedia.org/wiki/U…s_Railroad_Administration


    Als die USA in den 1. WK eintrat waren die Alantikhäfen an der Ostküste sehr wichtig um Truppen und Material zu verschiffen. Aus ganzen Land wurden Truppen und Material in Richtung Ostküste zu den Häfen in Bewegung gesetzt. Als Folge davon waren die Häfen, die Rangierbahnhöfe und auch fast alle sonstigen Gleise mit Waggons und Zügen verstopft. Man musst Züge mit wichtigen Lieferungen sogar schon weit im Landesinneren anhalten weil es Richtung Atlantikküste einfach nicht mehr weiter ging. Im Westen herrschte dagegen akuter Wagenmangel.
    Mit ein Grund dafür Grund waren die Erbsenzähler und Pfennigfuchser die keine leeren unbeladenen Waggons in den Westen schicken wollten.
    Hier musste der Bundesstaat dann eingreifen und als überregionale staatliche Lenkungsbehörde den Verkehrsfluß regulieren.
    So wurde die USRA gegründet und die Bahnen sozusagen verstaatlicht.
    Des weiteren waren bei den meisten Bahnen der Fuhrpark in Folge einer vorausgegangenen Wirtschaftkrise veraltet und abgewirtschaftet.
    Auch hier griff die USRA ein und favorisierte neu Lok- und Wagentypen nach standardisiertem Typen.
    Die eigentliche, leider wenig bekannte, Leistung der USRA war jedoch die Einführung von verbindlichen Normen für Bauteile und Abmessungen, ganz ähnlich wie hierzulande auch die DIN-Normen eingeführt wurden.


    Es kam zu den 12 Einheitstypen bei den Lokomotiven als auch auch zur Einführung von einheitlichen Wagentypen.
    Eine Übersicht:
    http://orion.math.iastate.edu/jdhsmith/term/slususra.htm
    Die Forenware lässt es leider nicht zu, die Tabelle hier hin zu kopieren ohne sie zu verkauderwelschen.
    Durch Anklicken links öffnet sich ein "offizielles" Typenfoto.
    Es sind 6 Grundtypen an Dampfloks die sich weiter in "schwer" und "leicht" aufteilen.
    Weitere Informationen finden sich in der englischsprachingen Wikipedia:
    http://en.wikipedia.org/wiki/USRA_standard


    Anfangs haben sich die Bahngesellschaften gegen die Regierungsloks nach Kräften gesträubt, später sind Loks nach USRA Bauplänen noch bis 1953 beschafft worden.
    5107 USRA Loks wurden insgesamt gebaut, wovon 1856 originale Loks unter USRA Regie waren. Nicht mitgezählt sind hier weiterentwickelte Nachbauten oder Abwandluneg wie die Französische 141 R, die auch auf eine USRA Lok, die USRA Light Mikado (2-8-2, 1'D1'), zurückgeht.


    Des weiteren wurden auch Güterwagen genormt und standardisiert.
    Hier ist die Quellenlage bislang nur bruchstückhaft und ich werde mal eine Aufstellung versuchen:
    40' Box (Gedeckter Güterwagen)
    40' Reefer (Kühlwagen)
    55 Ton 2-Bay Hopper (Selbstenladewagen mit 55 Tonnen Tragfähigkeit und 2 Auslauftrichtern)
    70 Ton 3.Bay Hooper (w.o. jedoch 70 Tonnen und 3 Trichter)
    40' Gondola (Offener Güterwagen)
    50' Steel Mill Gondola (Langer offener Güterwagen für Walzwerkserzeugnisse, quasi der Aufgabenbereich unserer Schienenwagen)
    8000 Gal Tank Car (Kesselwagen mit einem Fassungsvermögen von 8000 Gallonen, etwa 30000 Liter)
    50' Flat Car (Flachwagen mit Rungentaschen, Rungen gehören standardmässig nicht zum Wagen und müssen fallweise vom Verlader beigestellt werden -> Einwegrungen)
    Caboose (Güterzugbegleitwagen, in der Funktion als mobiler Sozial- und Schlafraum für die gesamte Zugbesatzung)

  • Hallo Lutz,
    danke für die Erläuterungen zu dieser "quasi"-Verstaatlichung der USA-Bahnen. Darüber hatte ich schon vereinzelt gelesen konnte mir allerdings nicht wirklich ein Bild machen. Für mich waren die USRA-Lokomotiven eigentlich nur als Vereinheitlichungskonzept bekannt. Ähnlich unseren Kriegslokomotiven. Daß aber die USRA weitreichende Regulierunge des Bahnbetriebes geleitet hatte war mir neu- hier hatte ich lediglich mal gelesen, daß die USRA der Insolvenz nahen Bahngesellschaften verschiedene Verpflichtungen abgenommen hat. Die Beschaffung von Fahrzeuigen war wohl so eine Pflicht.
    daß aber eine solch große Anzahl von Fahrzeugen über die USRA beschafft wurden, war mir unbekannt. Ich hatte mich allerdings gewundert bei verschiedenen Bahngesellschaften die gleichen Lokomotiven zu sehen.


    Danke für Deinen erhellenden Beitrag.


    Christian

    Es ziemt sich nicht für einem braven Manne-

    nur nach dem praktischen Sinn einer Sache zu sehen.


    Weisheit eines mir unbekannten


  • Hallo Christian,


    mit Vorsicht zu behandeln sind Dampfloks bei US Bahnen. Ich habe auch lernen müssen, die Amis haben viel mehr an ihren Loks herumgebastelt als daß wir es gewohnt sind. Ist hierzulande die BR 50 schon uneinheitlich und teilweise schwer zu fassen, so sind es bei einigen US Loks recht schwer den Ursprung zu erkennen.
    http://www.rr-fallenflags.org/nw/nw-s130g.jpg
    Das ist eine USRA Lok. Achsfolge 4-8-2 (2' D 1') die schwere Ausführung.
    So sah sie vor der Anbringung der Stromlienenverkleidung aus:
    http://www.google.com/imgres?s…ed=1t:429,r:25,s:100,i:79
    Die Norfok & Western hat schon verschiedenes geändert. U. a. eine Vorwärmeranlage
    So sah sie bei der Ablieferung aus:
    http://orion.math.iastate.edu/jdhsmith/term/slususra482B.jpg
    3 Bilder, die gleiche Lok.
    Nicht verwechseln mit der bekannten museal erhaltenen #611: http://www.rr-fallenflags.org/nw/nw-s0611tgb.jpg Achsfolge 4-8-4 (2' D 2')


    Das hat die Chesapeake & Ohio aus ihren USRA 4-8-2 Heavy gemacht:
    http://www.google.com/imgres?s…ved=1t:429,r:17,s:0,i:126


    Die nachbeschafften Loks wurden auch gleich nach den Spezifikationen der einzelnen Bahngesellschaften gebaut. Dazu gehörten z . B. andere Schleppachsgestelle (wie das Delta Gestell), Vorwärmer (Die die USRA Originale nicht hatten), andere Treibraddurchmesser und vieles mehr.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Lutz,


    an dieser Stelle einfach danke für den wirklich interessanten Blick über den Teich. Ohne Dein Zutun wäre ich mit diesem Thema wohl kaum in Berührung gekommen.


    Gruß Rainer :thumbup:

    Kleinreuth-Nord-Logo-supersmall.jpg


    Christopher La Brec: Jeder Mensch verfolgt einen Traum in seinem Leben. Entweder den eigenen oder den eines anderen. Gib acht, das Du Deinen eigenen verfolgst.

  • Ist nicht wirklich meins...
    ...aber ich gebe nun zu, das liegt daran, dass man als "US-Bahner" wohl sehr viel Zeit in den notwendigen Wissenserwerb stecken muss, zumindest wenn man nicht von dort kommt.
    Es steckt da wohl auch der Wille drin authentisch zu sein und nicht der Fantasie erlegen.
    Bei der herkömmlichen Modellbahn scheint es einfacher, weil (zumindest ich) man glaubt, irgendwie damit aufgewachsen zu sein.
    Meine Achtung vor diesen "Westernbahnen" und ihrer Umsetzung wächst schon. Ich werde also weiter ein Auge darauf haben und nicht mehr darüber maulen.
    (...auch wenn es mich wieder von meinen Baustellen ablenkt...)


    Nettes Grüssle mitten aus dem Wald
    Peter

    ... und das Grüssle mitten aus dem Wald
    bis bald... ´s Peterle


    ...mittlerweile gibt es einiges auf meinem "Blog"


    Verschiebe nicht auf morgen, was du heute leben kannst.
    Jeder vergangene Augenblick, den du nicht zu ergreifen verstanden hast, ist ein verlorener Augenblick.
    (unbekannter Autor)

  • Hallo Lutz


    Da muss man nicht weit gehen, denn in Deutschland, im Mutterland war es doch genauso.
    Da drüben waren es Private Gesellschaften die nach Geld gebaut und gefahren sind, mal im vereinfachten Sinn.
    Hier muss man nicht weitergehen, da entsinne ich mich mit der Privaten WEG 8(Württembergische Eisenbahngesellschaft ) oder all den anderen Privaten die nach ihrem Geld und den entsprechen Leuten die Loks und auch Triebwagen betreiben, umgebaut oder so gar neu aufgebaut haben.
    Bei der Osterwick-Wasserlebender Eisenbahn wurde sogar aus einem Personenwagen ein Triebwagen geschaffen.


    Gut, in den USA sind das ganz andere Dimensionen mit riesigen Dampfloks gegen kleinen Loks und Triebwagen hier.
    Der Mut und auch der Wille waren hier genauso ausschlaggebend und auch das Geld für solche kleine Veränderungen.
    Um mehr aus den Fahrzeugen herauszuholen wurden die Fahrzeuge so umgebaut das es den Gesellschaften gepasst hat.
    Ich schrieb vorher noch von den Privaten Gesellschaften vor und nach dem 1. Weltkrieg in Deutschland aber auch zu Länderbahnzeiten.
    Auch die Preußische Eisenbahnverwaltung vereinheitlichte schon dementsprechend Dampfloks, später dann auch das Einheitsprogramm der DRG ( Deutsche Reichsbahngesellschaft ) , der zwanziger und 30er Jahre, um hier ein paar Namen in den Orbit zuwerfen.
    Wie schon angesprochen die 50er oder auch die 64, 24 oder 86 oder gar die 01.
    Noch besser die 03 und ihr beinah Zwilling die Baureihe 41 unterschieden sich nur am Fahrwerk wie auch die der Vergleich mit 64er und 24.
    So auch nach dem Krieg mit der den E Loks wie E 10 und E 40 diese wurden bis in die DB-AG Zeit so oft umgebaut das die Komponente untereinander austauschbar waren.



    Gruß Jürgen

    Meine Angst besteht darin:

    Das die Träume eines Tages, ausgehen.:wseufzer:

  • Hallo Leute!


    Das Thema US-Bahnen ist noch lange nicht erschöpft oder gar andeutungsweise behandelt worden. Für ist es einfach zu vielschichtig.
    Die gängigste Klischeevorstellung dürfte wohl die "Westernlok" sein die ihren Zug durch eine wüstenartige Landschaft mit roten Felsen im Hintergrund zieht und von einer Horde Indianer verfolgt wird. Später ist es dann der "Big Boy" der seine 100 Wagen durch die gleiche (Film-) Kulisse zieht.
    Eingeimpft eben durch die vielen Hollywood Filme ist uns hier ein Klischeebild übermittelt worden das weit entfernt von der Wirklichkeit ist. Das sitzt natürlich tief, genau so wie das andere Hollywood Klischeebild von dürren Frauen mit vorderlastigen Silikonapplikationen.


    Interessanter dürfte es hier sein mal über den Amerikanischen Einfluß auf Deutsche Bahnen zu sprechen.
    Den Anfang macht zweifellos die Königliche Württembergischen Eisenbahn.
    Hier hatte man sich bei der Erstausrüstung voll an der amerikanischen Praxis orientiert:
    - 2'B Loks (unerhört und skandalträchtig damals, Loks mit Drehgestell!!!)
    - große 4-achsige Personenwagen mit Großraumabteil (wie kann man nur!)
    - 4-achsige Güterwagen (die pure Verschwendung!)
    - keine Seitenpuffer, sondern die Amerikanische Schakenkupplung (wirklich saugefährlich und für Ragierer zuweilen tödlich)
    Bis auf die gefährliche Kupplung war das für die damalige Zeit ein großer technischer Fortschritt
    Das ging so lange gut bis ein neuer Maschinenmeister namens Brockmöller bei der K.W.St.E. auftauchte und radikal alles umbaute was nach Drehgestell aussah. Es gelang ihm erfolgreich die K.W.St.E. in die durchschnittliche Rückständigkeit zu überführen und damit der Europäischen Kleinstaaterei genüge zu tun. Fehlender Wagemut und Intoleranz liessen die Württemberger Eisenbahnen fortan technisch hinterherhinken.


    Es ist auch interessant, daß verschiedene Deutsche Länderbahnen in den 1880/90er Jahren Studienabordnungen in die USA entsandten um die dortigen Bahnen zu studieren.
    - Die Preußen fühlten sich in ihrer Sparsamkeit bestätigt und übernahmen viele Details die in Neukonstruktionen einflossen.
    - Die Bayern kauften sogar 4 Lokomotiven von Baldwin und studierten sie ausgiebig. Natürlich durfte diese Loks offiziell nichts taugen (Amerikanische Heulpfeife), wurde aber insgeheim bewundert.
    - In Sachsen findet man Heute noch Trestle Brücken Amerikanischer Bauart.

  • Es ist auch interessant, daß verschiedene Deutsche Länderbahnen in den 1880/90er Jahren Studienabordnungen in die USA entsandten um die dortigen Bahnen zu studieren.
    - Die Preußen fühlten sich in ihrer Sparsamkeit bestätigt und übernahmen viele Details die in Neukonstruktionen einflossen.
    - Die Bayern kauften sogar 4 Lokomotiven von Baldwin und studierten sie ausgiebig. Natürlich durfte diese Loks offiziell nichts taugen (Amerikanische Heulpfeife), wurde aber insgeheim bewundert.
    - In Sachsen findet man Heute noch Trestle Brücken Amerikanischer Bauart.

    Hallo Lutz


    Wie so nicht auch mal zur Abwechslung von der Kolonie auf der anderen Seite etwas lernen. :rolleyes:
    Aber der Deutsche Hochmut :verrueckt: verhinderte vieles, wie du schon angesprochen hast.


    Gruss Jürgen

    Meine Angst besteht darin:

    Das die Träume eines Tages, ausgehen.:wseufzer: