Bayerischer Nebenbahn-Bahnhof in Epoche 1

  • Bisher habe ich keine Nachricht von denen erhalten.


    Ich hab aber einfach einfach erneut um Mitgliedschaft gebeten.

  • Grüßt Euch zusammen!


    In Folge höchst widriger Umstände, die aber absolut nicht im Zusammenhang mit dem Forum stehen, habe ich
    mich lange Zeit nicht am Forumleben beteiligen können. Deshalb nur schnell zwischendurch ein kurzes
    Lebenszeichen von mir – meine Projekte muß ich unfreiwillig im Moment noch ruhen lassen, aber es
    wird wieder anders werden: ich werde hoffentlich in Bälde wieder aktiv werden können.


    Servus und allen derweilen eine gute Zeit :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen!


    Langsam gibt es Licht am Ende des Tunnels – ich hoffe, daß ich nach dem kommenden Wochenende endlich
    wieder etwas Zeit für die Modellbahn finde werde.


    Bisher wurde in den 'Spurensuchen' versucht, das heutige Bild des Bahnhofs 'Wolnzach Markt' darzustellen
    und was sich eventuell an 'Altmaterial' darin noch finden oder zumindest wiedererkennen läßt. Ich war in der
    Zwischenzeit nicht völlig untätig, sondern habe angefangen, die bisherigen Recherche-Ergebnisse mal für
    mich etwas tiefer durchzugehen – leider etwas viel Text ... Hier nun eine Zusammenfassung dessen, was
    das historische Material so bietet.


    A) Grundlage, Anlaß und Ziel der Anmerkungen


    Bereits 1985 hatte Josef Schmalz anläßlich der Feierlichkeiten zum Jubiläum „90 Jahre Hallertauer
    Lokalbahn“ im Markt Wolnzach seine „Chronik der Hallertauer Lokalbahnen“ veröffentlicht. Sein im Vorwort
    klar umrissenes Ziel: „Sie soll allen Besuchern dieses Festes, den Eisenbahnfreunden und nicht zuletzt
    den Bewohnern entlang der Lokalbahnstrecken einen kleinen geschichtlichen Überblick von der Entwicklung,
    vom Bau und vom Betrieb dieser Strecken geben. Keinesfalls aber soll hier eine lückenlose, historische
    Aufzählung von Daten und Zahlen den Leser verwirren. Vielmehr soll dem Leser die Tradition einer
    solchen Lokalbahnregion, wie sie die Hallertau darstellt und die damit verbundenen geschichtlichen
    Ereignisse nähergebracht werden.

    Seit 1999 ist die längst vergriffene Chronik mit Erlaubnis des Verfassers über die von Alois Graßl
    betriebene Internet-Homepage zum Holledauer Bockerl und der damit engstens verbundenen
    „Interessengemeinschaft Hallertauer Modelleisenbahner e.V.“ (kurz: IHMB) frei zugänglich (siehe hier:
    http://www.bockerl.de/bockchro.htm ).
    Nun, rund 30 Jahre später, jährt sich das Ereignis zum 120. Mal: am 6. Dezember 1894 wurde das erste
    Teilstück von Wolnzach Bahnhof nach Wolnzach Markt, am 16. Dezember 1895 dann die Gesamtstrecke
    von Wolnzach Bahnhof (zunächst noch 'Station Wolnzach' und heute 'Rohrbach a.d. Ilm' genannt) bis
    Mainburg eröffnet. Dieser 'Geburtstag' fällt mit der 1200-Jahr-Feier des Marktes Wolnzach zusammen,
    dessen älteste datierte Erwähnung vom 1. Juli 814 stammt. (Daß im gleichen Jahr, 2014, die IHMB e.V.
    ihren 12. Geburtstag feiert, sei am Rande erwähnt.) Die Koinzidenz der Jahrestage lieferte den Anlaß,
    den Nachbau des Bahnhofs Wolnzach Markt in Angriff zu nehmen, nicht im Zustand des späten 20.
    oder frühen 21. Jahrhunderts, wie ihn viele kennen, sondern so, wie er sich zum Zeitpunkt der
    Streckeneröffnung darbot. Dieses Vorhaben erforderte umfangreiche Recherchen in verschiedenen
    Institutionen, die eine Reihe von Ergebnissen zur Streckengeschichte erbrachten.


    Ziel ist es nicht, hier die verdienstvolle Chronik von Josef Schmalzl etwas aufgearbeitet neu zu
    bieten, sondern sie auf Basis des bisher offensichtlich nicht herangezogenen Materials vorläufig
    in einzelnen Punkten zu ergänzen. Die Chronik behält dadurch ihre grundlegende Bedeutung zur
    Geschichte des Holledauer Bockerls und wird, wie der Titel schon ausdrücken soll, zum jetzigen
    Zeitpunkt gleichsam durch hinzutretende Anmerkungen in einzelnen Punkten ergänzt. Frühestens
    nach weitgehendem Abschluß der Materialsammlung kann dann abgewogen werden, ob, und
    falls ja, in welcher Form sinnvoll eine Neubearbeitung der Geschichte der Eisenbahn in der
    Hallertau angegangen werden soll oder kann. Vorläufig geht es hier wegen des Nachbaus des
    Bahnhofs Wolnzach Markt schwerpunktmäßig um die bereits 1894 vorab eröffnete Teilstrecke
    von der Station Wolnzach bis zur Haltestelle Wolnzach Markt.


    Im Folgenden sind wörtlichen Quellenwiedergaben zur Unterscheidung vom sonstigen Text kursiv gesetzt.


    B) Die Anmerkungen zur Geschichte


    Der Bau der Hallertauer Lokalbahn und die Eröffnung der ersten Teilstrecke am 6. Dezember
    1894 fand nicht im luftleeren Raum statt, sondern das 'Transportsystem Eisenbahn' hatte seit
    der ersten Fahrt des Adlers zwischen Nürnberg und Fürth im Jahre 1835 eine Jahrzehnte
    währende Entwicklung genommen. Selbst der Zeitraum von der ersten Planung einer
    Eisenbahn durch die Hallertau 1867 bis zur Eröffnung der ersten Teilstrecke der Hallertauer
    Lokalbahn am 6. Dezember 1894 dauerte noch mehr als anderthalb Jahrzehnte.


    1) Die Vorläuferplanungen


    Schrittweise hatte sich die Eisenbahn an die hier im Mittelpunkt stehende Region der Hallertau
    angenähert. Am 3. November 1858 wurde mit der Linie München-Landshut (Bayerische Ostbahn)
    zuerst eine Südtangente zur Hallertau in Betrieb genommen. Mit der Eröffnung der Linie
    München-Ingolstadt am 14. November 1867 durchschnitt die erste Bahnlinie im westlichen Teil
    die Region und erhielt dabei mit der 'Station Wolnzach' ihren ersten Bahnhof. Als dann am
    1. Juni 1874 auch noch die Züge von Ingolstadt nach Regensburg den Betrieb aufnahmen,
    wurde die Hallertau mit der Strecke im Norden binnen rund anderthalb Jahrzehnten von der
    Eisenbahn gleichsam eingerahmt.


    Viele Ängste und daraus resultierende Widerstände in der Bevölkerung gegen die neue
    Eisenbahn konnten durch den immer enger werdenden Kontakt mit der neuen Technik
    überwunden werden, man erkannte zunehmend die - nicht nur wirtschaftlichen - Vorteile,
    die sich mit ihr boten. Anfängliche Skepsis und Ablehnung schlug ins Gegenteil um, immer
    dringender empfand man das Bedürfnis nach einer eigenen, die Holledau durchquerende
    Eisenbahnstrecke.
    Die erste Planung erfolgte bereits im Jahr 1867, also unmittelbar nach Eröffnung der Linie
    München-Ingolstadt. Dabei handelte es sich um eine durchgehende Linie von Landshut
    nach Ingolstadt ohne besondere Berücksichtigung lokaler Interessen. Die Verbindung war
    als durchgehende Hauptbahn mit einer Maximalsteigung von 5‰ geplant, die von Landshut
    über Mainburg geführt und bei Fahlenbach in die Linie München-Ingolstadt hätte einmünden sollen.
    Alternativ zu dieser Trasse wurde parallel eine Streckenführung ohne Berührung Mainburgs von
    Landshut über Rudelzhausen nach Wolnzach untersucht. Letztlich verlief die gesamte Planung
    wegen der hohen Kosten im Sande.

    Das nächste ins Auge gefaßte Projekt aus dem Jahr 1878 beruhte auf einem gemeinsamen Antrag
    der Bürgermeister und Lokalbahn-Komitees von Freising, Au i.d. Hallertau, Nandlstadt, Mainburg,
    Siegenburg, Abensberg sowie weiterer Gemeinden in diesem Raum vom 1. März 1876 an die
    Kammer der Abgeordneten des bayerischen Landtags. Nach dem Scheitern der Hauptbahn-Planung
    im Jahr 1867 war man jetzt bescheidener und plante auf Basis der Grundsätze für Vicinalbahnen
    mit einer Maximimalsteigung von 20‰ bei einem Minimalradius der Kurven von 400m erneut
    eine durchgehende Verbindung von Landshut nach Ingolstadt. Eine ganze Reihe von Möglichkeiten
    wurde untersucht, die zwar alle in die gleiche Richtung gingen, sich jedoch in der Linienführung
    teilweise recht deutlich unterschieden. Die Kernfragen waren, ob Pfeffenhausen, Mainburg und
    Geisenfeld unmittelbar berührt oder doch in etwas größerer Entfernung passiert werden sollten bzw.
    ob als Anschlußstelle für die Linie München-Ingolstadt Oberstimm, Reichertshofen oder Manching
    herangezogen werden sollte. Letztlich führte ebenso die Vielzahl der verschiedenen Pläne wie die
    Uneinigkeit und Eigennützigkeit der Antragsteller dazu, daß kein sinnvoller Kompromiß bezüglich
    des Streckenverlaufs zu vertretbarem Preis zustande kam. Damit war auch dieses Projekt gescheitert.


    2) Die Neuplanung ab 1888


    Die Anläufe von 1867 und 1878, eine Hallertauer Eisenbahnlinie zu errichten, waren zwar
    gescheitert, das Bedürfnis nach einer solchen Bahnstrecke war damit aber nicht erloschen.
    Das grundlegende Problem für die Hallertau: eine sehr hügelige Landschaft, die sich den
    Warenströmen entgegenstellte. Das war einer Person gleichsam von Berufs wegen vertraut:
    dem Kaufmann Josef Aigner aus Mainburg. Dieser gehörte seit 1885 dem Magistrat, heute
    würde man sagen dem Marktgemeinderat, von Mainburg an. In dieser Funktion ging von
    ihm die Initiative aus, einen neuerlichen Antrag auf Errichtung einer Bahnlinie durch die
    Hallertau zu stellen. Rasch fanden die Interessen zusammen, formal ging der Antrag
    1888 von der Marktgemeindeverwaltung Wolnzach aus, die Marktgemeindeverwaltungen
    von Mainburg und Au sowie die Gemeindeverwaltungen weiterer Orte schlossen sich
    diesem Antrag ebenso an wie der Distriktsrat (heute würden wir vom 'Kreistag' sprechen)
    von Mainburg. Die Gemeinschaft der Antragsteller, in den Quellen als 'Interessenten'
    bezeichnet, hatten die Kosten für die Planung zu tragen.
    Das im Antrag genannte Planungsziel für die gewünschte Bahnlinie von der Station
    Wolnzach (dann später Wolnzach Bahnhof bzw. heute Rohrbach a.d. Ilm genannt) nach
    Mainburg war von den Interessenten vorab gemeinsam formuliert worden. Demnach
    "soll die Wolnzach-Mainburger Lokalbahn von genannter Hauptbahnstation über 4 km
    abbiegen, den Markt Wolnzach unmittelbar berühren, sodann das von der nächstgelegenen
    Bahnstation 18 km entfernte Mainburg in das Eisenbahnnetz einbeziehen und den
    ganzen, zwischen Wolnzach und Mainburg gelegenen, durch Hopfenbau und
    Getreideproduktion wichtigen Landstrich, die sogenannte Hollerdau, dem Bahnverkehr
    anschließen, dabei insbesondere auch dem zur Zeit von jeder Bahnverbindung weit
    abliegenden Markte Au den Bahnverkehr thunlichst nähern.
    "
    Das Scheitern der bisherigen Planungen führte dazu, daß man seitens der Interessenten
    noch vorsichtiger zu Werke ging. Zwar behielt man im Antrag von 1888 als Gesamtkonzept
    eine die Hallertau querende Eisenbahnverbindung im Auge, konzentrierte sich aber
    zunächst, wie im Planungsziel formuliert, auf die Erschließung einer Teilstrecke in das
    Herz der Hallertau, also nur bis Mainburg. Außerdem wurde die Bahnlinie als Lokalbahn
    konzipiert, was wegen der erheblich reduzierten Ansprüche an die Gestaltung der Strecke
    deutlich verringerte Kosten bewirkte. Die Planung weiterer Streckenabschnitte blieb als
    Option ebenso bestehen wie die Möglichkeit eines späteren Ausbaus zu einer Hauptbahn,
    indem die Maximalsteigung auf 25‰ und der Minimalradius der Kurven auf 300m festgelegt wurde.


    Soweit für den Moment zu den Vorläuferplanungen und dem neuen Anlauf von 1888. Weiter geht
    es demnächst dann mit den näheren Überlegungen zur eigentlichen Trassenführung und dem
    ausgearbeiteten Kostenvoranschlag.


    Servus und bis (hoffentlich) bald :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen!


    Weiter geht es mit dem zweiten Teil, der die Suche nach der günstigsten Strecke für
    den ersten Teilbereich von der Station Wolnzach bis zur Haltestelle Wolnzach Markt
    näher betrachtet.



    3) Die Planung des Streckenabschnitts Station Wolnzach nach Wolnzach Markt


    Da im Planungsziel der Markt Wolnzach als erster Fixpunkt der Streckenführung festgelegt
    worden war, galt es bereits auf den ersten Kilometern eines der Haupthindernisse der
    vorgesehenen Gesamtstrecke zu überwinden, den Höhenzug, der die Wasserscheide
    bildet zwischen dem Ilmtal, in dem sich die Station Wolnzach befindet, und dem
    Wolnzachtal, an deren Ufer der Markt gleichen Namens liegt. Die Überwindung des
    Höhenzuges galt als besonders schwierig, weil er einerseits im in Frage kommenden
    Bereich keine signifikante Einsattelung aufweist, sondern bis nahe zur Vereinigung
    der beiden Täler recht gleichmäßig verläuft und erst hier, bei Burgstall, jäh abfällt,
    andererseits die Entfernung vom Ausgangspunkt der Strecke in der Station Wolnzach
    bis zum Scheitel des Höhenzugs sehr knapp ist mit entsprechenden Auswirkungen auf die
    Steigungsverhältnisse. Drei mögliche Streckenverläufe wurden in Vorerhebungen näher
    betrachtet, um die günstigste Verbindung zwischen der Station Wolnzach (399,95 m über
    Normalnull) und dem Markt Wolnzach (411,50 m über Normalnull) zu ermitteln: eine
    südliche Streckenführung über Lohwinden (höchster Punkt 448,00 m über Normalnull),
    eine nördliche im Ilm- und Wolnzachtal unter Umgehung der Wasserscheide sowie eine
    mittlere über Burgstall (höchster Punkt 430,95 m über Normalnull).


    Die Vorerhebungen erbrachten ein eindeutiges Ergebnis: die im Talgrund unter Umgehung
    des Höhenzuges entlang der Ilm und Wolnzach verlaufende Linienführung schied sofort
    aus den Planungsüberlegungen als ungünstigste Strecke aus. Schon die ersten Erhebungen
    ergaben: sie würde um ca. 1.300 m länger werden als die Alternative über Burgstall,
    zwei zusätzliche Brückenbauwerke über die (damals noch nicht begradigte) Wolnzach
    erforden und auch nicht annähernd die gewünschte Einsparung an Höhenmetern erbringen,
    weil sie, um hochwasserfrei zu sein, im Wolnzachtal entlang der steil abfallenden
    Ostflanke des zu umgehenden Höhenzuges verlaufen mußte, was nicht nur eine deulich
    schwierigere Linienfühung mit zusätzlichen Kurven bedeutete, sondern vor allem
    immer wieder wechselnde Steigungs- und Gefällestrecken bei einem gleichzeitig
    sehr hohen Aufwand für Erdbewegungsarbeiten zur Errichtung von Dämmen und
    Geländeeinschnitten.


    Zwei mögliche Trassenverläufe verblieben damit in der Planung: die südliche Strecke
    über Lohwinden mit 48,05 m zu überwindenden Höhenmetern und die jetzt nördliche
    (ehemals mittlere) über Burgstall mit 31,00 m Höhenmeter. Zwar ergaben schon die
    Voraberhebungen eine gewisse Präferenz für die Linienführung über Burgstall, eine
    endgültige Entscheidung fiel aber noch nicht. Hier sollte ein Kostenvoranschlag für
    die Gesamtstrecke von der Station Wolnzach bis Mainburg, der im Raum Wolnzach
    beide Trassen berücksichtigte, weitere Klärung bringen.


    Der Kostenvoranschlag enthält entsprechend eine ausführliche 'Projektion' beider
    Varianten:


    a. Linie über Burgstall.


    Die nördliche Linie verläßt die Station Wolnzach, woselbst die Mainburger Lokalbahn
    ein eigenes Einfahrtsgeleise erhalten wird, auf der Seite gegen Ingolstadt in einer
    Entfernung von 440 m vom Mittel des Betriebshauptgebäudes und wendet sich gegen
    Nordosten, dabei zur Ermäßigung der Erdarbeiten mit geringer verlorener Steigung sich
    herabsenkend, auf kurze Strecke der Ilm sich ziemlich nähernd, gewinnt hierauf rasch
    die höheren, hochwasserfreien Lagen, überschneidet die Staatsstraße von Pfaffenhofen
    nach Geisenfeld und unmittelbar darauf die von jener abzweigende Distriktsstaße nach
    Wolnzach, beide in Fahrbahnhöhe, erhebt sich sodann mit der Größtsteigung von 25 ‰,
    sich völlig an das Terrain anpassend, an dem Auslaufe des Höhenzuges zwischen Ilm
    und Wolnzach. Nahe beim Dorfe Burgstall biegt die Bahn in die östliche Richtung ab
    und senkt sich von da in das Wolnzachthal, kreuzt dabei nochmals die genannte
    Distriktsstraße, für die hier eine Ueberführung zu erbauen ist. An dem sehr steilen
    Hange, an welchen sich die Bahn in dieser Strecke anlehnt, ist zur thunlichsten
    Vermeidung des nicht ganz unbedenklichen Anschneidens dieses Gehänges die
    Linie mehr vom Berge abgerückt und in Aufdämmung von nicht zu beträchtlicher
    Höhe verlegt. Nach Ueberschreitung des Starzhausener Verbindungsweges, nach
    dem Sommerkeller erreicht die Bahn den Thalgrund, in welchem sie in südöstlichem
    Laufe und mäßig ansteigend, bis zum Markte Wolnzach weiterzieht. Bei der
    Krönmühle nächst Gosseltshausen wird die Wolnzacher Distriktsstraße wiederum
    zweimal in Fahrbahnhöhe überschritten und ist hier zwischen beiden
    Straßenkreuzungen die Errichtung einer Haltestelle vorgesehen. Beim Orte
    Gosseltshausen hält sich die Bahn auf der Thalseite des Dorfes, da beim Umfahren
    auf der Bergseite eine zu große verlorene Steigung erforderlich wäre und der steil
    ansteigende Berg, sowie einige zu übersetzende tiefe Schluchten die Bahnanlage
    sehr erschweren würden. Wohl werden die an der Wolnzach nahe beim Orte
    gelegenen werthvollen Wiesen von der unteren Linie beansprucht, dagegen ließe
    sich auf der oberen Seite das Durchschneiden von 1 oder 2 Anwesen nur sehr
    schwer umgehen. Indeß kommt die Bahn nur auf mäßige Länge und meist an die
    Grenzen der erwähnten Wiesengrundstücke zu liegen.


    In der Nähe vom Markte Wolnzach folgt die Linie der bestehenden Zufuhrstraße
    zur Hauptbahnstation, welche zur Vermeidung des Durchschneidens eines
    Häuserkomplexes bezw. der zu ihm gehörigen Gärten und Höfe wiederholt
    überschritten wird. An der Abbiegung der Straße nach dem eigentlichen
    Markte wird dieselbe nochmals gekreuzt, sodann verdrängt die Linie eines
    der dortigen kleinen Häuser und zieht neben der Ortsstraße des auf der linken
    Thalseite gelegenen Markttheiles hin, woselbst die Errichtung der Haltestelle
    Wolnzach unter Anlehnung an diese Straße projektiert ist.


    b. Linie über Lohwinden


    Die südliche Linie, für welche ebenso wie bei der anderen ein eigenes
    Einfahrtsgeleise vorgesehen werden soll, verläßt die Anschlußstation an dem
    in der Richtung gegen München gelegenen Ende, zieht sich sodann zwischen
    den Strasshöfen hindurch, überkreuzt die Staatsstraße von Pfaffenhofen nach
    Geisenfeld in Fahrbahnhöhe und beginnt alsbald mit der Größtsteigung von
    25 ‰ sich zur Wasserscheide zwischen Ilm und Wolnzach zu erheben,
    übersetzt dabei zunächst das Lohwindener Thal, für dessen Wasserlauf ein
    2,0 m weiter gewölbter Durchlaß erforderlich wird, um an dem nördlichen
    Gehänge dieses Seitenthales sich zu entwickeln, wobei sie bis nahe an die
    Wasserscheide sich ziemlich uneben und unterhalb der Zufuhrstraße vom
    Markte Wolnzach hält. In der unteren Strecke dieser Steilrampe werden
    höhere Aufdämmungen erforderlich, während der Kamm der Wasserscheide
    mittels eines sehr bedeutenden Einschnittes, dessen Länge 300 m und
    dessen Tiefe am Scheitel 14 m betragen wird, zu durchbrechen ist. Die
    auf der Höhe des Bergrückens führenden Wege werden zur Ersparung
    einer hohen und kostspieligen Ueberführung abgelenkt und an günstigerer
    Stelle in Fahrbahnhöhe über die Bahn geleitet. Beim Abstiege gegen Osten
    sucht die Bahn ihre Entwickelung an dem südlichen Gehänge des zwischen
    Wolnzach und Gosseltshausen zur Wolnzach sich öffnenden Thales, wobei
    eine seitliche Schlucht in 250 m langem bis zu 13 m hohen Damme zu
    übersetzen ist, in welch letzterem für einen überschnittenen Hauptfeldweg
    eine Unterführung erforderlich wird.


    Bei der Annäherung an den Markt Wolnzach überschneidet die Linie in
    Fahrbahnhöhe die nach der Hauptbahnstation führende Zufuhrstraße und
    vereinigt sich vor der Haltestelle Wolnzach mit der nördlichen Variante.


    Diese für eine Lokalbahn ganz außergewöhnlich großen Arbeiten ließen
    sich nur durch Anwendung einer größeren Steigung ermäßigen; jedoch wurde,
    um die Varianten hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Bahn nicht noch
    ungleichmäßiger zu gestalten, als sie es durch die Verschiedenheit des
    angeordneten kleinsten Krümmungshalbmessers ohnedies sind, hievon zunächst abgesehen.


    Der letzte Absatz der 'Projektion' deutet schon an, daß es mehrere gravierende Unterschiede
    zwischen den beiden Linienführungen gab, die über weite Teile des Kostenvoranschlags
    verstreut ihren Niederschlag gefunden haben. Der angesprochene 'kleinste
    Krümmungshalbmesser' bedeutet, daß der vorgesehene Mindestradius von 300 m bei
    der Streckenführung über Lohwinden nicht eingehalten werden konnte, sondern zwischen
    der Station Wolnzach und der Haltestelle Wolnzach Markt mehrfach auf 200 m
    herabgesetzt werden mußte, sollten die Erdbewegungsarbeiten nicht stark vermehrt werden.
    Wie groß der Unterschied tatsächlich war, geht aus einer anderen Stelle des
    Kostenvoranschlags (Beilagen 2 und 3) hervor. Ein genaueres Nachmessen hatte ergeben,
    daß für die Strecke Station Wolnzach bis Wolnzach Markt bei dem nördlichen
    Streckenverlauf über Burgstall zu bewegende Erdmassen von insgesamt
    31.000 Kubikmeter anfielen, während bei der Streckenführung über Lohwinden (unter
    Voraussetzung des Mindestradius' von 200 m) Erdmassen von insgesamt
    78.000 Kubikmeter bewegt werden mußten, also mit zusätzlich zu bewegenden
    47.000 Kubikmetern Erdreich eine erhebliche Mehrung auf den ersten 5,4 Km
    erfolgen würde.


    Ein anderer Unterschied wurde dagegen in dem Kostenvoranschlag in seiner Bedeutung
    deutlich geringer bewertet, wohl auch, weil die entstehenden Kosten nicht die Bahn,
    sondern die jeweiligen Anlieger betrafen: gemäß dem Gesetz zur Errichtung von
    Lokalbahnen im Königreich Bayern mußten die anliegenden Kommunen den
    Grunderwerb für die jeweilige Bahntrasse selbst tragen. Das genaue Nachmessen
    der beiden Streckenverläufe hatte ergeben, daß die Trassenführung über Burgstall
    gegenüber der über Lohwinden eine Streckenverlängerung um 935 m bedeutete.
    Dazu vermerkte der Kostenvoranschlag:
    Dabei stellen sich die Kosten der Grunderwerbung für die Burgstaller Linie trotz der
    nahezu 1 Kilometer betragenden Mehrlänge und obwohl ungleich werthvollere Grundstücke
    von ihr beansprucht werden, dennoch nur unwesentlich höher, wie für die südlichere, in dem
    bei dieser wegen der höheren Auffüllungen und tieferer Einschnitte, in denen sich die Bahn
    fast durchaus bewegen muß, eine beträchtlichere Grunderwerbsbreite erforderlich wird,
    so daß sich die von den Lokalbahninteressenten aufzubringenden Mittel für die Burgstaller
    Variante nur um ein Geringes höher belaufen werden.

    Eine genauere Berechnung (Beilage 1) ergab, daß auf den Markt Wolnzach für den
    Grunderwerb bei der Burgstaller Variante Kosten in Höhe von 156.020 Mark, bei der
    Lohwindener Variante hingegen von 155.580 Mark entfielen. Unter
    Berücksichtigung
    verschiedener Nebenkosten (Beilage 4) wie z.B. für die Planung oder die Herstellung der
    Haltestellenzufahrten entfielen voraussichtlich insgesamt bei der Linie über Burgstall
    171.300 Mark auf den Markt, bei der Linie über Lohwinden 169.900 Mark. Zum Vergleich:
    Die zu erwartenden Gesamtkosten für die ganze Strecke bis Mainburg betrugen für den
    Staat bei der Strecke über Burgstall 1.101.000 Mark bzw. bei der Strecke über Lohwinden
    solche in Höhe von 1.138.100 Mark.


    Diese nackten Zahlen drücken dabei noch gar nicht aus, daß die preislich günstigere
    Strecke mit Burgstall, Gosseltshausen und Starzhausen drei weitere Orte einband und
    deshalb auch die Kosten für eine zusätzliche Haltestelle in Gosseltshausen mit Weiche,
    55 m langem Gleisstutzen und einem weiteren Güterschuppen beinhaltete. Der
    Kostenvoranschlag versuchte zwar, sich neutral zu geben, atmet aber gleichsam überall
    schon die Bevorzugung der Trassse über Burgstall gegenüber der über Lohwinden. Daß
    dann auch die endgültig Entscheidung genau so aussah, kann deshalb an dieser Stelle
    schon vorweggenommen werden.


    Soweit zur Planung der Hallertauer Lokalbahn für den Moment. Im nächsten Abschnitt
    wird es dann um die weitere Ausstattung der Strecke gehen.


    Servus und bis hoffentlich bald :)


    Joachim

    • Offizieller Beitrag

    Danke für die bisherigen Recherche-Ergebnisse, Joachim.


    Ich finde das hochinteressant. Gerade wenn man sich näher mit der Entstehungsgeschichte einer bestimmten Strecke befaßt, kommen interessante Dinge zu Tage. Getreu dem Motto: "Forsche forscher, forscher Forscher" sage ich Danke, mach weiter so. Ich lese mit und staune.
    Gruß Rainer :thumbup:

  • Grüß' Dich, Rainer,


    und ganz herzlichen Dank für Deine ermutigenden Worte.


    Es ist halt meine Art an ein Thema heranzugehen, das im weitesten Sinne mit dem Nachbau von einer
    bestimmten Gegebenheit zu tun hat - immer aus dem Wunsch heraus aus den historischen Quellen
    (und möglichst ohne Spekulation) zu verstehen, warum was wie geworden ist. Nicht jeder kann oder will
    diese Form für gut befinden - und es muß dies ja auch niemand. Um so mehr freue ich mich über Dein
    Interesse und Deine Zustimmung.


    Servus und bis demnächst :)


    Joachim

  • Hallo Joachim
    liest sich alles sehr spannend. Eine Frage dazu - Kannst Du sagen, wie es mit der Kaufkraft der Reichs(??)Mark um 1888 im vergleich zum heutigen Euro gestanden hat?
    1.138 MioMark hören sich - je nach Gegend - nicht wirklich so riesig an. Man kann heuer dafür auch "nur" ein 200qm Einfamilienhaus auf einem 1000qm Grundstück kaufen. Keine ganze Bahnstrecke... Auch wenn es sonst nur wenig interessiert - fände ich das mal Spannend - so am Rande...


    LG,
    Axel

  • http://www.bundesbank.de/Redak…rischer_geldbetraege.html


    Der Artikel zeigt bereits, dass die Frage nicht ganz einfach zu beantworten ist. Die Tabelle im zweiten Seitenviertel weist zum Beispiel für die Vergleichsjahre 1882 und 2012 und ausgesuchte Waren ein Kaufkraftäquivalent zwischen 2 und 15 [sic!] EUR je Mark aus. Daraus ist bereits ersichtlich, dass solche Angaben immer nur tendenzieller Art sein können.


    Eine weitere Seite mit umfassenden Informationen zu Kaufkraftvergleichen: http://fredriks.de/HVV/kaufkraft.htm - darin befindlich auch ein Link auf einen "Kaufkraft-Rechner", der auf deine Frage die Antwort "7.586.457,36 EUR" gibt. Das sind also quasi Erdnüsschen, wie einst ein bekannter deutscher Banker die exorbitanten Verluste seines Geldhauses bezeichnete - sehr zum Missfallen des (drauf-)zahlenden (Börsen-)Publikums. ;)


    Ansonsten finde ich Joachims Herangehensweise ausnehmend gut: wer weiß, muss nicht mehr raten! :thumbup:


    Grüße!
    B.

    Den wahren Freund erkennt man in der Not. (Cicero)

  • Grüßt' Euch zusammen!


    Boscho: Danke für Deine Ausführungen und die Links. Du hast damit genau die
    Problematik der Fragestellung von Axel aufgezeigt. Ganz herzlichen Dank auch für
    Deine freundliche Bewertung meiner Art der Annäherung ans Thema!


    Axel: Um es gleich vorab zu sagen: nein, ich kann kein auch nur einigermaßen
    aussagekräftiges Kaufkraftäquivalent der damaligen Mark zum heutigen Euro benennen.
    Das Problem beschreibt in einer schon sehr guten Näherung gleich der erste von Boscho
    mitgeteilte Link.

    Bei der ein- oder anderen Gelegenheit erhob sich schon früher die Frage nach den
    Werteentsprechungen von Währungen, deshalb versuche ich (hier bezogen auf die
    Hallertauer Lokalbahn) zu erklären, was ich auch sonst in diesem Zusammenhang
    dazu äußere.


    Die Frage ist, was können wir überhaupt miteinander vergleichen, wenn es um
    Kaufkraftäquivalente geht?

    Wir bewegen uns im Bereich der Eisenbahn – also nehmen wir einfach die Kosten für
    den Bau der Strecke. Die Kosten pro lfd. Km Bahntrasse hat schon der Kostenvoranschlag
    von ca. 1890 benannt: bei der Linienführung über Burgstall fielen geschätzt Kosten in
    Höhe von 47.100 M. pro Km an, bei der über Lohwinden 50.700 M. pro Km. Z.B. für das
    Jahr 1995 liegen veröffentlichte Zahlen der Bahn vor, die einen Durchschnittspreis von
    850.000 DM pro Km Gleisstrecke für den Oberbau mit Schotterbett nennen. Im ersten
    Moment könnte man meinen, das wäre vielleicht vergleichbar – ist es aber nicht wirklich,
    denn wir haben, außer daß es sich um einen 'Streckenneubau' handelt, viel zu wenig
    Gemeinsamkeiten. Alleine die völlig unterschiedliche verbaute Technik, die ganz
    anderen eingesetzten Materialien und die komplett anders gelagerte technische
    Ausführung des Baus an sich (nur z.B. damals eine geradezu riesige Zahl von
    eingesetzten Arbeitern gegenüber der intensiven Nutzung von Maschinen heute
    oder damals gezahlte niedrige Löhne gegenüber den heutigen Einsatzkosten der
    Maschinen) führen dazu, daß wir die Kosten damals und heute zwar rein betragsmäßig
    nebeneinander stellen können, aber damit nicht wirklich zu einem aussagekräftigen
    Kaufkraftäquivalent der jeweils zu Grunde liegenden Währungen gelangen.

    In der Tat ist das Verhältnis der historischen Währung X zur heute gültigen Währung Y
    aber doch eine Frage, die von jeher Menschen interessiert und beschäftigt. Die Gründe
    dafür sind vielfältiger Natur – die diversen Vergleichsversuche spiegeln diese wieder,
    ganz gleichgültig, ob man sich der Frage aus allgemein historischem, betriebs- oder
    volkswirtschaftlichem Interesse nähert. Die bekanntesten Modelle sind dabei die
    Vergleiche auf Basis von Lebenshaltungskosten (häufig herangezogen: Lebensmittel
    oder Rohstoffe zur Erzeugung von Lebensmitteln) oder Löhnen. Stets stößt man aber
    ganz rasch an die Grenzen des Ansatzes wegen der vielen zu berücksichtigenden
    Variablen (etwa bei den Nahrungsmitteln z.B. Ernteausfälle in Folge von
    Wetterunbilden oder Schädlingsbefall oder bei den Löhnen beispielsweise die
    Auswirkungen der Mechanisierung). Deshalb ging man von der Bildung solcher
    Äquivalenzen schon früh wieder ab und versucht stattdessen, mit neutraleren Indizes
    weiterzukommen.

    Vielleicht ein Beispiel dazu, das schon im Rahmen einer Seminararbeit diesen
    Wechsel des Ansatzes zeigt:

    http://ernaehrungsdenkwerkstat…PIK_mirjam-neebe_2009.pdf
    Interessant hier wohl die S. 11-13, die auf die Preisentwicklung in einem Zeitraum
    von ca. 50 Jahre vor der Eröffnung der hier betrachteten Bahnstrecke bis 40 Jahre
    danach eingeht und (selbstverständlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit) eine
    Reihe von Faktoren anführt, die in diesen Jahrzehnten für das Preisgefüge
    verantwortlich zeichneten. Das Ergebnis ist die Erkenntnis Preise schwanken so
    stark, daß man zwar versuchen kann das mittels Indices abzubilden (auf eine
    Diskussion, wo der jeweilige Normpunkt dabei anzusetzen ist, soll jetzt gar
    nicht eingegangen sein – es würde die Frage nur verkomplizieren ohne zur
    Klärung beitragen zu können), sich die eingangs aufgeworfene Frage nach
    Äquivalenzen aber gerade dadurch einer auch nur annähernd schlüssigen
    Beantwortung entzieht.

    Was vielleicht letztlich nur bleibt und heute eventuell eine entfernte Ahnung
    ermöglicht, wie Verhältnisse von damals zu heute sich darstellen, ist einzelne
    Bauwerke, die ausgewiesen sind, in Relation zu den Gesamtkosten zu stellen:
    Für die Überquerung der Wolnzach werden zwei Brückenbauten notwendig,
    eine mit 9,0 m und eine mit 7,0 m lichter Weite, die beide voll in den Betrag
    fallen, den der Staat aufzubringen hat. Die größere der beiden wurde mit
    4.960 M. veranschlagt, die kleinere mit 3.070 M., bei angesetzten
    Gesamtkosten von 1.101.000 M. (bezogen auf die tatsächlich ausgeführte
    Strecke über Burgstall). Aber auch hier verbietet es sich, die Beträge mit
    heutigen Brückenbaukosten zu korrelieren: sowohl die eingesetzten Materialien
    für den Brückenbau (Beton für die Brückenköpfe bzw. Eisenkonstruktion der
    unmittelbaren Überfahrt) wie auch die anzusetzenden Lohnkosten sind nicht
    mit heutigen Verhältnissen vergleichbar. Genau so wenig hilfreich wäre es z.B.
    die anteiligen Kosten der 80-m²-Wohnung im Wolnzacher Stationsgebäude in
    Bezug zu einer modernen Wohnung gleicher Größe zu setzen: die Standards
    unterscheiden sich viel zu sehr.


    Es tut mir leid, daß ich Dir keine andere, Deiner Frage entsprechende Antwort
    geben kann, Alex.


    Servus und bis demnächst :)


    Joachim

  • Hallo Zusammen
    Besten Dank für die klasse Ausführung und ausführliche Betrachtung meiner Frage.
    So habe ich wenigstens ein klein wenig ein Gefühl bekommen.
    Es ist ja irgendwie klar, dass unsere Vorfahren in vielen Bereichen mit einfacheren Mitteln und mit weniger ausgekommen sind. Andererseits wäre es schon spannend zu wissen, wieviele Euro heute für die gleiche Strecke in heutigem (einfachst-möglichen) Standard als Neubau zu veranschlagen wären.


    Besten Dank für die Lektüe und den unterhaltsamen Abend...


    LG und Gute NAcht,
    Axel

  • Moin Axel!


    Andererseits wäre es schon spannend zu wissen, wieviele Euro heute für die gleiche Strecke in heutigem (einfachst-möglichen) Standard als Neubau zu veranschlagen wären.


    Ich habe grad noch ein wenig geguugelt - ein Kilometer Schottertrasse war wohl 1995 für um die 850.000 DM [sic!] zu haben, eine ortsgestellte Weiche (nicht eingebaut) kostet aktuell grob 90.000 EUR. Hinzu kämen noch Kosten für die Vorbereitung der Trasse und das Einbauen und Stopfen der Weichen sowie überhaupt die Planungskosten - die dürften mittlerweile wahrscheinlich einen erheblichen Teil der Gesamtkosten ausmachen.


    ... und nun: viel Spaß beim Rechnen! ^^


    Grüße!
    B.


    PS: Zur Aussagekraft siehe bitte auch Joachims Beitrag - der Mann hat sehr, sehr recht. ;)

    Den wahren Freund erkennt man in der Not. (Cicero)

  • Grüßt' Euch zusammen!


    Ich ärgere mich gerade etwas über mich selbst X( : vor lauter Fixierung auf den Begriff 'Neubau' habe ich etwas vergessen, was vielleicht interessant ist. Seit dem 1. X. 2013 wird die Bockerl-Strecke komplett durch die DB saniert (von Dezember bis März unterbrochen, seit dem 31. III. 2014 geht es weiter), d.h. auf rund 6 Km werden Schienen und Schwellen 'weitgehend' erneuert, das Schotterbett komplett ausgetauscht sowie fünf Weichen aus- und zwei Weichen im Bahnhof Wolnzach Markt neu eingebaut. Kostenpunkt laut Aussage der DB im Marktgemeinderat Wolnzach: 'rund 4.000.000 €' (angeblich abgerundet). So weit noch eine kleine 'moderne' Ergänzung zu den Kosten rund um das Holledauer Bockerl.


    Servus und bis demnächst :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen.


    Noch einige Punkte seien festgehalten, die sich aus dem Kostenvoranschlag ergeben. Auch jetzt wieder erfolgt weitgehend die Beschränkung auf den Bauabschnitt von der Station Wolnzach bis zur Haltestelle Wolnzach Markt; die entsprechenden Angaben für den Rest der Strecke erfolgen zu einem späteren Zeitpunkt.


    Aus den Berechnungen des Kostenvoranschlags ergibt sich: für die Gesamtstrecke wurde der eiserne Langschwellenoberbau in einer groben Kiesbettung vorgesehen, entsprechend den im November 1890 auf Basis der Pläne von 1884 festgelegten Normalien für die staatlichen Lokalbahnen Bayerns. Der dafür notwendieg Kies sollte den unmittelbaren Geländebaumaßnahmen bzw. aus nahegelegenen Kiesgruben entnommen werden.


    Als Ausstattung für die Haltestellen wurde den Berechnungen zu Grunde gelegt:


    a.) Station Wolnzach.
    Die Lokalbahn erhält hier ein besonderes Einführungsgeleise. Da von demselben ein Hauptfahrgeleise der Hauptbahn nicht gekreuzt wird, ist von der Aufstellung eines Einfahrtsignales für die Lokalbahn abgesehen. Außer dem Einmündungsgeleise, das zugleich für Hinterstellung des Lokalbahnzuges dienen kann, sind nur die zum Rangierdienste erforderlichen Weichenverbindungen, sowie einige unwesentliche Aenderungen an den bestehenden Geleisen auszuführen.
    Ferner ist auch die Perronanlage der Lokalbahneinführung anzupassen. Von dem in Station Wolnzach derzeit bestehenden Hopfenverlade-Schutzdache kann angenommen werden, daß es nach Erbauung der Wolnzach-Mainburger Lokalbahn an seinem jetzigen Standorte entbehrlich wird, da die Hopfenverladung sich Hauptsächlich dann an den Haltestellen der neuen Bahn abwickeln wird. In Rücksicht hierauf ist die Transferierung des erwähnten Daches nach einer der Haltestellen der neuen Linie und für eine weitere derselben, sodann noch die Neubeschaffung eines solchen in Aussicht genommen.


    b.) Haltestelle Gosseltshausen [bei Streckenkilometer 3,0 bis 3,2]
    Dieselbe erhält ein Ladegeleisstutzen von 55m Nutzlänge, einen Kiesperron, einen kleinen Güterschuppen und eine Laderampe. Von der Errichtung eines Gebäudes für Dienst- und Warteraum ist zunächst abgesehen, wenn schon die Anlage derart geplant ist, daß die spätere Ausführung eines solchen Anbaues an die Ladehalle ohne Schwierigkeit möglich bleibt. D in naher Zeit ein Bedürfniß hiefür kaum auftreten wird, so sind für die gedachte Vervollkommnung der Haltestelleausrüstung (!) auch Mittel in den Kostenanschlag nicht eingestellt.
    Zu bemerken ist noch, daß die Haltestelle Gosseltshausen nur bei Ausführung der nördlichen, über Burgstall führenden Variante zwischen Station und Markt Wolnzach in Frage kömmt.


    c.) Haltestelle Wolnzach [bei Streckenkilometer 5,4 bis 5,6]
    An Spuranlagen ist ein an das Hauptgeleise beiderseits angeschlossenes Ladegeleise vorgesehen, das zunächst eine nutzbare Länge von 120 m erhalten wird, die aber im Bedarfsfalle noch ausgedehnt zu werden vermag, wofür in besonderen
    Positionen auch entsprechende Mittel eingesetzt sind. Von der Gemeinde Wolnzach wird beabsichtigt außerdem ein eigenes Zweiggeleise in den Markt hinein nach der Hopfenhalle zu erbauen und ist hierauf bei der Wahl des Platzes für die Haltestelle entsprechend Rücksicht genommen, so daß der Anschluß dieses Flügelgeleises und die allenfallsige Anlage eines Hinterstellgeleises in der Haltestelle keinen Schwierigkeiten begegnet.

    Da die Herstellung der bezüglichen Arbeiten lediglich Sache der Gemeinde sein wird, so sind dieselben im Nachfolgenden auch nicht veranschlagt. Die Haltestelle Wolnzach wird sodann mit einem Betriebsgebäude, enthaltend Dienst- und Warteraum und eine Wohnung, ferner mit einem Güterschuppen, mit einem Nebengebäude, sowie mit einer Laderampe, einem Perron und den sonstigen Stationseinrichtungen ausgestattet werden. Bezüglich des Haltestellengebäudes ist indeß bei der seinerzeitigen Bauausführung noch in Erwägung zu ziehen, ob bei der Nähe des Marktes es nicht thunlich sein wird, den Haltestellendienst einem in Wolnzach ansässigen Agenten zu übertragen und hiedurch allenfalls die Wohnung entbehrlich zu machen. Bezüglich einer Schutzvorrichtung, die für das Hopfenverladegeschäft erforderlich werden könnte, besonders wenn das Flügelgeleise zur Gemeinde=Hopfenhalle nicht zur Ausführung käme, kann auf das oben unter Lit. a Gesagte verwiesen werden.“


    Zusätzlich wurde für die Haltestelle Wolnzach Markt die spätere Errichtung einer Ladewaage inklusive Lademaß schon jetzt ins Auge gefaßt und in die Baukosten eingerechnet.


    Abschließend wurde noch das benötigte 'Fahrmaterial' festgelegt:


    Für die 23,400 km Lokalbahn [Gesamtstrecke bis Mainburg bei Linienführung über Burgstall] wird das Fahrmaterial einer einzigen Zugskomposition hinreichend sein.
    Der Stammzug besteht aus einer Lokomotive, wofür den Neigungsverhältnissen der Bahn gemäß eine dreiachsige Tenderlokomotive der Klasse D VII zu wählen ist, sodann aus einem Personenwagen II. Klasse mit Postabtheilung und 16 Sitz=
    und 10 Stehplätzen, einem Personenwagen III. Klasse mit Kondukteurraum, Separatkoupee und 54 Sitz= nebst 20 Stehplätzen, sowie einem Stückgutwagen. An Reservebetriebsmitteln sind außerdem noch eine zweite Maschine, wie die vorbeschriebene und des Weiteren noch in Rücksicht auf den zeitweise, namentlich zur Hopfenerntezeit zu erwartenden lebhaften Personenverkehr noch ein zweiter Personenwagen III
    ter Klasse, wie endlich auch zur Erleichterung des Verladegeschäftes noch ein zweiter Stückgutwagen vorgesehen.


    Die Festlegungen und Berechnungen des Kostenvoranschlags flossen unmittelbar in die Entscheidungsfindung und damit in die Gesetzgebung ein: mit Gesetz vom 26. Mai 1892, veröffentlicht am 30. Mai 1892 und die Herstellung von Bahnen lokaler Bedeutung betreffend, wurden 18 neu zu errichtende Lokalbahnen beschlossen, darunter an vierter Stelle genannt die Strecke von Station Wolnzach nach Mainburg mit erwarteten Baukosten von 1.101.000 Mark, also genau dem Betrag, der im Kostenvoranschlag für die Trassenführung über Burgstall berechnet worden war.


    Damit war seit dem 26. bzw. 30. Mai 1892 der Bau der Lokalbahn in die Hallertau gesetzlich festgeschrieben. In den nächsten Abschnitten geht es dann um die Umsetzung der Strecke in die Realität. Dabei wird es ganz interessant sein zu verfolgen, was von den Planungen, wie sie sich im Kostenvoranschlag darstellen, Bestand haben sollte und was geändert werden mußte.


    Servus und bis demnächst :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen!


    Bislang stand der Weg zum Gesetz vom 26./30. Mai 1892 im Mittelpunkt, also zur Grundlage, daß die
    Lokalbahn in die Hallertau überhaupt geschaffen werden konnte. Mit Beschluß und Verkündung dieses
    Gesetzes, die gleichsam den geistigen Grundstein der Bahnlinie legten, rückt nun dessen Umsetzung
    in den Vordergrund.


    4) Von der Planung zur Ausführung


    Mit dem Erlaß des Gesetzes zur 'Herstellung lokaler Bahnen' am 26./30. Mai 1892 war der Weg für den
    Bau der Lokalbahn in die Hallertau frei. So exzeptionell dies für die betreffende Region war – für den
    Staat war es nur eines von insgesamt 18 gleichzeitig beschlossenen Eisenbahnbauvorhaben. Gemeinsam
    mit der Hallertauer Lokalbahn wurden damit auf den Weg gebracht:


    Traunstein – Ruhpolding (vorgesehene Baukosten: 820.600 M.)
    Laufen - Tittmoning (vorgesehene Baukosten: 1.117.300 M.)
    Grafing - Glonn (vorgesehene Baukosten: 546.200 M.)
    Straubing - Konzell (vorgesehene Baukosten: 2.725.400 M.)
    Cham – Waldmünchen (1.183.700 M.)
    Bodenwöhr – Neunburg v./W. (vorgesehene Baukosten: 701.300 M.)
    Bayreuth - Warmensteinach (vorgesehene Baukosten: 1.162.400 M.)
    Neuenmarkt - Goldmühle (vorgesehene Baukosten: 854.000 M.)
    Station Selb – Stadt Selb inkl. Flügelbahn nach Ludwigsmühle (vorgesehene Baukosten: 334.200 M.)
    Breitengüßbach - Maroldsweisach (vorgesehene Baukosten: 1.818.000 M.)
    Erlangen - Herzogenaurach (vorgesehene Baukosten: 603.400 M.)
    Wicklesgreuth - Windsbach (vorgesehene Baukosten: 643.300 M.)
    Langenzenn - Wilhermsdorf (vorgesehene Baukosten: 303.600 M.)
    Schnaittach – Simmelsdorf - Hüttenbach (vorgesehene Baukosten: 589.500 M.)
    Kempten - Pfronten (vorgesehene Baukosten: 1.802.200 M.)
    Dinkelscherben - Thannhausen (vorgesehene Baukosten: 767.500 M.) und
    Kellmünz - Babenhausen (vorgesehene Baukosten: 562.300 M.).


    Zusammen mit den voraussichtlichen Kosten für die Hallertauer Lokalbahn von der
    Station Wolnzach nach Mainburg in Höhe von 1.101.000 M. hatte der bayerische
    Landtag damit den Bau von Lokalbahnen im Gesamtwert von 17.635.900 M. bewilligt.
    Vielleicht in dem Zusammenhang nicht uninteressant: am gleichen Tag verabschiedete
    der Landtag ein weiteres Gesetz, den 'Bedarf für Erweiterungs-, Ergänzungs- und
    Neubauten auf den im Betrieb befindlichen Staatseisenbahnen' betreffend
    (veröffentlicht im gleichen Gesetz- und Verordnungsblatt wie für die vorstehenden
    Lokalbahnen) mit einer Gesamtsumme für die vorgesehenen Baumaßnahmen
    in Höhe von 20.770.500 M.


    a) Nach der Planung ist vor der Planung …


    Mit der Verkündung des Gesetzes setzte das übliche durchorganisierte Procedere der
    Umsetzung ein. Unter dem Dach der 'Bau Abteilung der Kgl. Bay. Staatseisenbahn'
    wurde eine 'Sektion Wolnzach' eingerichtet, die, so weit z.Zt. ersichtlich, wohl 1893
    ihre Tätigkeit aufnahm. Unter der Leitung des Zeichnungsberechtigten 'J. Maier' wurde
    die Strecke jetzt wesentlich genauer überplant. Das erste Ergebnis war die Unterteilung
    der Gesamtstrecke in vier Bau-Lose:


    I. Los: von Streckenkilometer 0,0 bis 5,8
    II. Los: von Streckenkilometer 5,8 bis 12,6
    III. Los: von Streckenkilometer 12,6 bis 17,8
    IV. Los: von Streckenkilometer 17,8 bis 23,4


    Der nächste Schritt war das genaue Ausstecken der Strecke, woraus sich die wirklich
    durchzuführenden Maßnahmen ergaben, die wiederum Eingang in die endgültige
    Planung fanden - man sollte wohl besser von der angestrebt endgültigen Planung
    sprechen, denn auch die als genehmigt unterzeichneten Pläne konnten im Laufe
    des Verfahrens noch abgeändert werden, wie sich noch zeigen wird. Aus gegebenem
    Anlaß steht hier zunächst das erste Los im Mittelpunkt, die Lose zwei bis vier bleiben
    einem späteren Zeitpunkt vorbehalten (die erhaltenen Materialien sind in ihrer Struktur
    für alle Baulose sehr ähnlich geartet).


    b) Die abschließende Planung vor Ort – das Längennivellement


    Ältester erhaltener Einzelplan zur Strecke von Baulos I ist die Blaupause 'Normalprofil
    für den Bahnkörper und die Gleisbettung für eisernen Langschwellen-Oberbau
    ' im
    Maßstab 1:20, datiert 'Wolnzach, im Januar 1894'. Interessant in dem Zusammenhang:
    im Kostenvoranschlag wurde das System der eisernen Langschwellen für die
    Gesamtstrecke vorgesehen, aber wegen der schon früh auftretenden Probleme mit
    dessen Lage-Stabilität wurde für die anderen Baulose kurzfristig auf das eiserne
    Querschwellensystem umgestellt. Offensichtlich mußten deshalb alternativ andere,
    bereits früher erstellte Normalienpläne beschafft werden, die für die Baulose II bis IV
    alle auf 'München, im Dezember 1890' datiert sind.


    Ersten Niederschlag fand die ausgesteckte Strecke im Februar 1894 in einer
    topographischen Karte als Übersichtsplan im Maßstab 1:5000, im März wurden
    die weiteren Pläne erstellt, u.a. Längennivellements und Einzelpläne. Die
    Längennivellements zeigen die Neigungen der Strecke von Km 0,0 bis 2,0,
    Km 2,0 bis 4,0 und Km 4,0 bis 6,0, also knapp über die Grenze des ersten
    Bauloses bei Streckenkilometer 5,8 hinaus. Um die Steigungen bzw. Gefälle
    des Streckenverlaufs deutlicher darzustellen wurde für die Längenentwicklung
    der Maßstab 1:2.500 gewählt, für die Höhendarstellung dagegen der Maßstab
    1:250, mithin die Höhenentwicklung also 10-fach überhöht dargestellt. Aus dem
    dritten Blatt von Km 4,0 bis 6,0 ergibt sich, daß die Haltestelle Wolnzach eine
    leichte Neigung von 2,5‰ (von Nord nach Süd ansteigend) aufwies.


    Soweit für den Moment zu den ersten Maßnahmen zum Bau der Lokalbahn in die
    Hallertau. Im nächsten Abschnitt geht es dann um die Streckenplänen und besonders
    die (Planungs-)Entwicklung der Haltestelle Wolnzach Markt .


    Servus und bis demnächst :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen!


    c) Die abschließende Planung vor Ort – Die Gleistrasse


    Wie bereits dargestellt fand die Planung für das erste Baulos der Strecke des Holledauer Bockerls in den ersten Monaten des Jahres 1894 (weit überwiegend im März, lediglich die Querprofile stammen dann noch aus dem April) ihren Abschluß. Kern der letzten Planungsphase vor Beginn der Bauausführung waren die eigentlichen Streckenpläne im Maßstab 1:1000, die auf 9 Blättern die Strecke von der Station Wolnzach bis zur Haltestelle Wolnzach Markt abbildeten:


    Bl. 1: Streckenkilometer 0,0 bis 0,7 (mit dem nördlichen Teil der Station Wolnzach, wo bei Km 0,4 die Strecke zur Haltestelle Wolnzach Markt abzweigt)
    Bl. 2: Streckenkilometer 0,7 bis 1,4
    Bl. 3: Streckenkilometer 1,4 bis 2,1
    Bl. 4: Streckenkilometer 2,1 bis 2,8
    Bl. 5: Streckenkilometer 2,8 bis 3,5 (mit der Haltestelle Gosseltshausen bei Km 3,1/3,2)
    Bl. 6: Streckenkilometer 3,5 bis 4,2
    Bl. 7: Streckenkilometer 4,2 bis 4,9
    Bl. 8: Streckenkilometer 4,9 bis 5,6 (mit der Haltestelle Wolnzach Markt zwischen Km 5,2 und 5,6)
    Bl. 9: Streckenkilometer 5,6 bis 5,8+ca. 30m.


    Die Pläne bieten eine Fülle von Informationen, um nur die wichtigsten zu nennen:
    - den genauen Verlauf der Bahntrasse mittels einer durchgehenden Mittellinie sowie dazu links und rechts die Breite des Oberbaus samt Beiweg (3,75 m) mit jeweils einer weiteren Linie
    - bei Kurven ist der jeweilige Radius sowie Anfangs- und Endpunkt derselben eingetragen
    - ob die Trasse in einem Einschnitt oder auf einem Damm verläuft
    - - auf einem Damm: in Abhängigkeit von der Breite der Dammbasis (und damit ableitbar die Höhe des Dammes im jeweiligen Punkt) folgt eine entsprechend breite rote Linie oder Fläche der Bahntrasse
    - - in einem Einschnitt: wie bei dem Damm, aber in gelber Farbe ausgeführt
    - die Position aller Bahndurchlässe mit Angabe der Anzahl und des Durchmessers der jeweiligen Röhre(n), durchnumeriert mit römischen Ziffern
    - die Position aller Überfahrten und Fußwegübergänge, durchnumeriert mit arabischen Ziffern
    - die Position aller Wegdurchlässe durchnumeriert mit Großbuchstaben
    - - alle Straßen- bzw. Fußwegverläufe sind exakt maßstäblich in der Breite wiedergegeben unter genauer Angabe eines eventuellen Radiusses, falls im Nahbereich des Bahnübergangs eine Kurve im Straßenverlauf vorliegt
    - - zu allen Durchlässen, Überfahrten und Überwegen gibt es im Anhang zu den Plänen unter der angegebenen römischen bzw. arabischen Ziffer respektive dem angeführten Buchstaben exakte Pläne in unterschiedlichen Maßstäben von 1:20 bis 1:100 (diese schwanken offensichtlich in Abhängigkeit von Größe und beim Bau zu betreibendem Aufwand) i.d.R. mit Ansicht, Längs- und Querschnitt
    - alle Grundstücks-, Flur- und Gemarkungsgrenzen entlang der Strecke mit der jeweiligen Bebauung im Grundriß, letztere teilweise im Abstand bis zu knapp 100 m liegend
    - alle Gewässer in der Nähe der Bahntrasse.


    Alle 9 Blätter wurden im März 1894 im Rahmen der 'Kgl. Eisenbahnbausektion' unterfertigt und mit dem Stempel der 'K. B. Eisenbahnbau-Sektion Wolnzach' versehen. Damit war aber, wie in Teil 3 schon angedeutet, noch nicht das letzte Wort bezüglich der Planung gesprochen, sondern es konnte noch nachträglich zu Veränderungen kommen (Bll. 2, 3, 5, 6 und 8 ). Diese Abänderungen wurden gegenüber der schwarzen (heute meist grau bis hellbraun anmutenden) Tinte des ursprünglichen Plans mit blauer Tinte eingetragen und das jeweilige Blatt mit dem gleichfalls in blauer Tinte geschriebenen Vermerk versehen: 'Die Bauausführung hat nach der blauen Abänderung zu erfolgen. Anerkannt:', die Unterschrift durch 'J. Maier' erfolgte dann wieder mit der üblichen schwarzen Tinte.


    Ein Punkt soll generell zu den Plänen noch angesprochen sein, da in Anlehnung an moderne Gewohnheiten die Rede von 'Streckenkilometern' ist: die Pläne folgen bei den Längenangaben nicht dem Prinzip der Nennung von Kilometern mit darunter gesetzter Angabe der jeweiligen Hundert-Meterzahl mittels der 'minderen Zahl' (0, 2, 4, 6 oder 8 ), sondern der Hektometrierung wie sie für die Kgl. Bay. Staatseisenbahn üblich war. Hier werden die 100-Meter-Punkte durch kleine Kreise in der Mittellinie der Gleistrasse gekennzeichent und mit einem senkrecht zur Gleistrasse stehenden, weit nach oben und unten darüber hinaus geführten Strich versehen. Am unteren Ende des Striches steht dann eine Zahl in arabischen Ziffern mit einem Punkt dahinter. Z.B. befindet sich ein solcher Punkt genau mittig zum Hauptgebäude der Haltestelle Wolnzach mit der Zahl '53': das bedeutet, das sich genau hier der Streckenkilometer 5,3 befindet. In den Schriftstücken zu der Bahnlinie ist bezüglich dieser Punkte auch nicht die Rede von Streckenkilometern, sondern von 'Profil'. Um bei dem angeführten Beispiel zu bleiben wird in den Akten nicht 'Km 5,3' geschrieben werden, sondern 'Profil 53.'
    Zusätzlich zu den senkrecht zur Gleistrasse stehenden Linien der Hektometrierung gibt es weitere gleichartige senkrechte Striche, die die Gleistrasse ohne Punkt kreuzen und an deren unterem Ende Kleinbuchstaben stehen. Hier handelt es sich um Profilpunkte, für die Querprofile zur Strecke erstellt wurden. Diese wurden in Abhängigkeit vom Geländeverlauf nach Bedarf gesetzt. Im angeführten Beispiel zu Profil 53 = Streckenkilometer 5,3 befindet sich ungefähr 20 m dahinter, ungefähr
    in Höhe der Mitte des nördlichen Tores des Güterschuppens, eine entsprechende senkrechte Linie mit dem Kleinbuchstaben a. Zu dieser Stelle gibt es das 'Profil 53.a', also ein Querprofil, das wegen der hier beginnenden Geländeaufschüttung entlang des Ladegleises für den Lagerplatz notwendig war.


    Soweit zur abschließenden Planung der Gleistrasse des ersten Bauloses. Im nächsten Teil geht es dann um die unmittelbare Planung der Haltestelle Wolnzach Markt.


    Servus und bis demnächst :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen!


    In der nachfolgenden Darstellung von der Entwicklung der Planung zur Haltestelle Wolnzach Markt sind selbst erstellte 'Gleispläne' eingefügt, da aus Urheberrechtsgründen das unmittelbare Einstellen von Bildern der Originalpläne nicht möglich ist. Die 'Gleispläne' sind nicht exakt maßstäblich und nur als Prinzipskizzen zum jeweiligen Text zu verstehen. Angefertigt wurden sie mit Hilfe von Gunnar Blumerts 'Winrail' unter Verwendung der Gleisbaubibliothek für das Roco-Line-Gleis ohne Bettung mit den (langen) 10°-Weichen.


    d) Die abschließende Planung vor Ort – die Haltestelle Wolnzach


    Ausgangspunkt ist wieder der Kostenvoranschlag, der letztendlich in das Gesetzgebungsverfahren einfloß, das vor Beginn des Baus der Lokalbahn in die Hallertau stand. Darin hieß es zunächst bezüglich der Ausstattung der Haltestelle Wolnzach Markt: „An Spuranlagen ist ein an das Hauptgeleise beiderseits angeschlossenes Ladegeleise vorgesehen ...“ Diese Aussage führte zum nachstehenden Plan:



    [Plan 1]


    Von einem zusätzlichen Gleisstutzen (wie z.B. für die Haltestelle Gosseltshausen) ist hier keine Rede, mithin bedarf es in der betrachteten Haltestelle nur zweier Weichen für den beiderseitigen Anschluß des Ladegleises an das Hauptgleis. Diesem ersten, deskriptiven Teil des Kostenvoranschlags steht der zweite Teil gegenüber, der im Rahmen der Kostenermittlung eine genaue Auflistung der benötigten Gleisbaumaterialien umfaßt. An dieser Stelle sind für die Haltestelle Wolnzach Markt dezidiert drei Weichen aufgeführt, was zum nachstehenden Plan führte:



    [Plan 2]


    Die Frage ist, wie diese nicht übereinstimmenden Punkte zu werten sind. Dazu kann eventuell eine kleine quellenkritische Analyse des Kostenvoranschlags hilfreich sein.


    Der Kostenvoranschlag präsentiert sich heute als in sich geschlossener, gebundener Akt, der sich aus mehreren Lagen zusammensetzt. Die Bindung erfolgte eindeutig nachträglich. Die zusammengebundenen Teile stellen sich wie folgt dar: Teil 1 (paginiert) bietet die Beschreibung der zu Grunde gelegten Gegebenheiten und den sich daraus abzuleitenden Maßnahmen. Der nachfolgende zweite Teil (jetzt nicht mehr paginiert sondern foliiert, also mit Blatt-, nicht mit Seitenzählung) beinhaltet die berechneten Einzelpositionen etwa im Stile einer Ausschreibungsunterlage. Das Endergebnis dieser Berechnungen ist dann als abschließende Gesamtkostenberechnung hinten an den ersten Teil nochmals angeschlossen. Auf den zweiten Teil folgen im Akt noch fünf weitere Teile, die, als Beilage Nr. 1 bis 5 bezeichnet, einzelne Punkte der Kostenermittlung noch weitergehend aufsplitten:
    Beilage No 1. Generelle Berechnung der zu erwerbenden Grundflächen für die projektierte Lokalbahnlinie von Station über Markt Wolnzach nach Mainburg.
    Beilage No 2. Generelle Berechnung der zu bewegenden Erdmassen auf der projektierten Lokalbahnlinie von Station über Markt Wolnzach nach Mainburg. Mit 1 Massennivellement.
    Beilage No 3. Massennivellement für die Erdarbeiten auf der projektierten Lokalbahn-Linie von Wolnzach nach Mainburg.
    Beilage No 4. Berechnung der zu befestigenden Wegkronenflächen auf der projektierten Lokalbahnlinie von Station über Markt Wolnzach nach Mainburg.
    Beilage No 5. Zusammenstellung der Kunstbauten auf der projektierten Lokalbahnlinie von Station über Markt Wolnzach nach Mainburg.
    Diese Beilagen sind weder foliiert noch paginiert, sondern stellen einzelne, einlagige Faszikel dar, die jeweils in sich mit einer einfachen Fadenbindung zusammengehalten werden. Die fünf Beilagen, sind, ausgehend vom Inhalt, im unmittelbaren Zusammenhang mit der Entstehung des zweiten Teils zu sehen, da sie ihn ergänzen bzw. in Einzelpunkten näher die Ausgangsfrage untersuchen.
    Damit bleibt die Frage der Abhängigkeit von Teil 1 und 2. Wie schon der äußerliche Unterschied von Paginierung und Foliierung zeigt, kann nicht von einer Anfertigung in einem Guß ausgegangen werden, auch wenn beide Teile von ein und derselben Hand geschrieben worden sind. Inhaltlich bietet Teil 1 einerseits die Grundlagen für die Berechnungen des zweiten Teils, andererseits hängt das im ersten Teil dargestellte finanzielle Endergebnis unmittelbar von Berechnungen des zweiten Teils und der Beilagen ab. Dieser innere Zusammenhang legt zwei Möglichkeiten nahe: unvollständige Ausarbeitung des ersten Teils, dann Anfertigung der Berechnungen des zweiten Teils und der Anlagen und schließlich abschließend Vervollständigung des ersten Teils. Denkbar wäre in gleicher Weise die parallele Anfertigung der beiden Teile bei gleichfalls abschließender Einarbeitung der Ergebnisse des zweiten Teils sowie der Anlagen in den ersten Teil.
    Im ersten Fall läge wohl eine Weiterentwicklung der Planung zwischen der Anlage des ersten und der des zweiten Teils des Kostenvoranschlags nahe, im zweiten Fall müßte wohl ein Irrtum oder Versehen angenommen werden, was zu der beschriebenen Diskrepanz führte. Es muß mangels eindeutiger Quellen dahingestellt bleiben, welcher der beiden Lösungsansätze wirklich zutrifft, wenngleich die Nichterwähnung eines Gleisstutzens für die Haltestelle Wolnzach Markt, der sich durch den Einbau einer dritten Weiche zwangsläufig ergibt, eine gewisse Präferenz für den Gedankengang der Weiterentwicklung der Planung bedeuten mag. Festzuhalten bleibt: die im zweiten Teil ermittelten Kosten mit der Voraussetzung von drei Weichen in der Haltestelle Wolnzach fanden Aufnahme in das Gesetz, das die Grundlage der Eisenbahn in die Hallertau darstellt. Es darf also davon ausgegangen werden, daß die Lösung mit drei Weichen die Voraussetzung für die 'Feinplanung' Ende 1893/Anfang 1894 darstellte.


    Eindeutig eine planerische Weiterentwicklung zeigt sich zwischen dem zweiten gezeigten Plan am Ende der Vorausberechnung und dem, was am Ende der 'Feinplanung' stand:



    [Plan 3]


    Dieser Plan wurde im Februar 1894 entwickelt und im März des Jahres durch die Kgl. Eisenbahnbausektion Wolnzach genehmigt. Jetzt erhielt die Haltestelle noch eine vierte Weiche, wodurch eine Möglichkeit zur Umfahrung von auf dem Hauptgleis im Rahmen von Rangiertätigkeiten vorübergehend abgestellten Wagen mit einer Nutzlänge von 88 m entstand. Gleichzeitig erhielt der Bahnhof damit zwei Gleisstutzen mit einer Nutzlänge von 32 m links am Güterschuppen und von 40 m rechts, auf der gegenüberliegenden Seite, an der Kopf-/Seitenrampe. Ursprünglich war für die Haltestelle im Kostenvoranschlag eine Nutzlänge von 120 m vorgesehen gewesen, die sich sowohl in der Version mit zwei wie in der mit drei Weichen wiederfindet. Durch den Einsatz der vierten Weiche steigerte sich die Gesamtnutzlänge auf 160 m, mithin also um ein Drittel (40 m) gegenüber der ursprünglichen Planung.
    Bis zu diesem Zeitpunkt beruhten alle Planungen auf einer Inbetriebnahme der Gesamtstrecke von der Station Wolnzach bis nach Mainburg. Die letzte Veränderung war dann der bereits angesprochenen Betriebsaufnahme auf der Teilstrecke von der Station Wolnzach bis zur Haltestelle Wolnzach Markt geschuldet. Dafür war eine Zuggarnitur notwendig, deren Lok es zu versorgen galt. Aus diesem Grund wurde eine Füllgrube am Südende der Haltestelle überplant, eine fünfte Weiche mit rechtem Abzweig auf dieser Seite im Hauptgleis eingefügt und eine kleine Lokstation vorgesehen.



    [Plan 4]


    Diese Änderung ist mit der im dritten Teil genannten blauen Tinte ausgeführt und mit dem dort genannten Vermerk versehen und abgezeichnet worden. Zur Verdeutlichung, daß diese fünfte Weiche nur als Provisorium, also von vorübergehender Bedeutung, zu verstehen war, wurde sie ebenso nur gestrichelt eingezeichnet wie auch der damit angeschlossene kleine Lokschuppen. Damit war ein Abschluß der Planung erreicht, der, wie Pläne zur Bestandserfassung aus dem Dezember 1894 belegen, auch umgesetzt worden war und damit zur Grundlage für den Nachbau
    der Haltestelle dient.


    In sechs Schritten haben die Anmerkungen das planerische Werden der Teilstrecke von der Station Wolnzach bis zur Haltestelle im Markt Wolnzach verfolgt. In einem (vorläufig) letzten Teil wird es um Veränderungen an der hier betrachteten Teilstrecke noch im Jahr 1894 und in den ersten Jahren nach der Streckeneröffnung sowie in der Haltestelle Wolnzach Markt selbst gehen.


    Servus und bis demnächst :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen!


    Lange (in den Augen des ein oder anderen möglicherweise viel zu lange) hat das Suchen, Überlegen und Ausprobieren gedauert, bis die näheren Einzelheiten des 'eisernen Langschwellen-Oberbaus' klar und ein Weg zum Nachbau gefunden war (ein Weg, der, nebenbei bemerkt, auch die persönlichen Unzulänglichkeiten des Nachbauers einigermaßen zu kaschieren erlaubt). Daß dabei ein Gutteil der Zeit für die vergebliche Suche nach einer früheren Modellumsetzung durch einen Vorreiter, also nach einem möglichen Vorbild für den Nachbau eingesetzt wurde, sei gleichsam am Rande vermerkt. Da der Weg zu diesem Nachbau des Langschwellengleises vielleicht leichter verständlich ist, wenn man das Ziel vor Augen hat, schon vorab das Ergebnis des Prozesses:



    [Bild 1: eiserner Langschwellen-Oberbau im Streckengleis]


    Ein Punkt ist wichtig und soll vorangestellt sein, um bei niemand Erwartungen zu wecken, die nicht erfüllt werden können: das Gleis soll so nachgebildet werden, daß der optische Eindruck des Vorbilds wiedergegeben wird, allerdings nicht im Sinne der H0pur-Gemeinde oder was es da sonst im exakten Nachbau so alles gibt. Der Maßstab ist hier, daß das, was gebaut wird, problemlos zu den Modulen der IHMB und dem rollenden Material des Vereins paßt. Dies bedingt von vorneherein das Gleis ebenso für NEM- wie für RP25-Radsätze tauglich nachzubilden. U.a. in der Folge davon fiel die Wahl auf Tillig-Weichen und -Schienenprofile.



    [Bild 2: ein Teil der Materialien für den Nachbau]


    Zur Nachbildung der eisernen Langschwellen kommen Evergreen-Profile 2x4mm zum Einsatz, auf die die Schienen aufgeklebt werden:



    [Bild 3: Schiene auf Evergreen-Profil 1]



    [Bild 4: Schiene auf Evergreen-Profil 2]


    Die Evergreenprofil-Schienen-Kombinationen wurde dann versuchsweise mit Krause-Klammern zusammengespannt



    [Bild 5]


    und dann mußten auch schon mal zwei lange bayerische Lokalbahn-Wagen



    [Bild 6]


    und die BB II darauf posieren ...



    [Bild 7].


    Damit war ein für mich handhabbarer stabiler und verwerfungssicherer Unterbau gefunden. In der Freude darüber machte ich einen Fehler und begann ein Versuchsstück zu bauen, in dem die beiden Schienen samt Unterbau noch vor der weiteren
    Ausgestaltung des einzelnen Schienenstrangs eingebracht wurden. Die beiden Langschwellen-Schienenstränge sind deshalb nach der in Bild 8 und 9 gezeigten Situation wegen der für mich besseren Bearbeitungsmöglichkeit wieder ausgebaut worden.



    [Bild 8: Versuchsstück - der Anfang]


    Die Basis des eisernen Langschwellenoberbaus bildete eine Packlage, die hier am rechten Ende mit ca. 2-3 mm großen Steinchen angedeutet wird. Auf der Packlage wurde damals beim Original ein Kiesstrang aufgebracht, auf dem die Langschwellen ausgelegt und unterstopft wurden. Beim Nachbau des Bahnhofs Wolnzach Markt wird die Packlage nicht zu sehen sein, sie ist hier nur zur Verdeutlichung des Systems in einer Näherung dargestellt.



    [Bild 9: Versuchsstück - der Anfang näher]


    Zunächst erfolgte die Einfärbung der Langschwellenimitation mit Revell AquaColor Rost (Nr. 83). Bei vorangehenden Versuchen hatte ich, um all zu dicke Farbaufträge zu vermeiden, probiert, das Gleissystem durchzugestalten, um es dann erst farblich zu bearbeiten. Weiß auf weiß - da spielten die Augen nicht recht mit, es fehlte der Kontrast. Deshalb wechselte ich die Methode: jeder nachfolgend beschrieben Schritt wurde für die jeweilige Schiene bzw. das ganze Gleisstück ausgeführt und dann eingefärbt. Beim eigentlichen Bahnhofsnachbau wird die farbliche Gestaltung mit der Airbrush erfolgen, hier, beim Versuchsstück, wurde, da am Eßtisch entstanden, noch die Pinsellackierung angewandt.


    Im nächsten Schritt erfolgte die Nachbildung der Stöße der Langschwellen sowie der Schienen in Anlehnung an die bay. Langschwellen mit einer Länge von 8,97 m und das zugehörige Schienenprofil IV mit 9 m Länge, im Modell für beides mit einer Länge von 10,5 cm. Zu diesem Zeitpunkt hatten sowohl die Evergreen-Profile als auch die Tillig-Schienen schon für mehrere Versuche herhalten müssen und trugen deshalb bereits Beschädigungen. Um jeweils sicher zu sein, welche Stelle bzw. Markierung für diesen Versuch gültig war, mußten die entsprechenden Stellen stark überzeichnet werden. Beim Nachbau des Bahnhofs werden die Schnitte dann mit einem feinen Metallsägeblatt ausgeführt werden.



    [Bild 10: Weinert-Schienenlaschen innen am Gleis]



    [Bild 11: Weinert-Schienenlaschen außen am Gleis]


    Die Schienenstöße wurden beim Vorbild ungefähr mittig auf den Langschwellen verlegt und mit vierfach verschraubten Laschen miteinander verbunden, für den Nachbau bieten sich hier die Weinert'schen Nachbildungen an.


    Soweit zu 'Basiskonstruktion' des Langschwellenoberbaus, weiter geht es mit weiteren Details zur Gleisgestaltung.


    Servus und hoffentlich bis bald :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen!


    In der ersten Näherung wurde die angewandte Grundkonstruktion des Gleisnachbaus geschildert - nun zu weiteren Details.


    In der Realität waren die Schienen mittels Klemmplatten und Schrauben auf den Langschwellen befestigt worden. Als nächstes wurden deshalb die Klemmplatten nachgebildet. Dafür fanden 1 mm breite und 0,25 mm starke Rechteckprofile von Evergreen Verwendung, die auf Grund der geringen Höhe in Verbindung mit den Tilligprofilen den sicheren, rumpelfreien Einsatz von NEM-Radsätzen garantierten. Aus den 1 mm breiten Streifen entstanden ca. 1,5 mm lange Abschnitte, die einigermaßen maßstäblich den Original-Klemmplatten von 8,0x12,0 bis 8,5x12,5 cm (das schwankende Maß war möglicherweise einer gewissen 'Fertigungstoleranz' geschuldet) entsprechen.



    [Bild 12: Klemmplattenproduktion]


    Die Klemmplatten wurden über den Schienenfuß und die Langschwellen eingebaut, wobei eine nach den Normalien der Kgl. Bay. Staatseisenbahn angefertigte Schablone gute Dienste leistet.



    [Bild 13: Klemmplatten eingebaut]


    Nach dem Lackieren der Klemmplatten wurden die im Original verwendeten 4-Kant-Muttern aus einem 0,5 mm breiten Evergreen-Profil mit den Maßen 0,5x0,5 mm geschnitten und auf den Klemmplatten aufgeklebt.



    [Bild 14]


    Außermittig aufgesetzte oder langrechteckige statt quadratische Muttern wird es dann beim Bahnhofsnachbau hoffentlich nicht mehr geben.
    Nun wurden die Schienen mit Hilfe der Krause-Klammern wieder im Versuchsstück eingebaut



    [Bild 15]


    und zur Abwechslung durfte ein 'alter Preuße' das langsam entstehende Gleis kontrollieren.



    [Bild 16]


    Nach dem Lackieren der Mutter-Imitationen folgte ein recht spannender Schritt: der Einbau der Spurstangen, gefertigt aus einem 0,5 mm Rundprofil von Evergreen (Durchmesser beim Vorbild: 4 cm). Auch hier hilft wieder eine Normalie bezüglich der ordnungsgemäßen Verteilung der drei Stangen pro Gleisjoch.



    [Bild 17]


    Die Verschraubung auf der Außenseite der Schienen wird mit 1,0 mm Rundprofil angedeutet, auf eine Nachbildung auf der Innenseite wurde wegen der nötigen Befahrbarkeit mit Rädern nach NEM verzichtet.



    [Bild 18]



    [Bild 19]



    [Bild 20]


    Ein Test mit verschiedenen Wagen und damit auch unterschiedlichen Radsätzen ergab, daß das Gleis mit Radsätzen nach NEM oder feiner problemlos befahren werden kann. Abschließend erfolgte noch die Lackierung der Spurstangen.



    [Bild 21]



    [Bild 22]


    Soweit zum Gleisbau im engeren Sinne, aber zum Oberbau gehört auch die Kiesbettung des Gleises, womit sich der dritte Abschnitt befassen wird.


    Servus und bis hoffentlich bald :)


    Joachim

  • Grüßt' Euch zusammen!


    Wie ich mir den Nachbau des Gleises vorstelle, habe ich in den ersten beiden Teilen berichtet. Etwas fehlt aber für den Oberbau noch.


    Die Kiesbettung für das Gleis stand an (Schotter wurde, soweit momentan ersichtlich, auf der Strecke des Holledauer Bockerls erstmals bei der Überarbeitung durch die DRG zwischen 1935 und 1940 eingebaut). Hier erwies sich der N-Spur-Schotter 'Granit' mit einer Körnung von 0,25-0,44 mm in gelb-braun von Eik Fiolka's spurenwelten.de (Best.-Nr. 201) als offensichtlich beste Lösung zur Darstellung der damals mit lokal verfügbaren Materialien ausgeführten Bettung. Für den Beiweg wurde wie auch im Rahmen früherer Module eine Mischung aus 2 Teilen gelben Holledauer Sandes und 1 Teil Quarzsand benutzt.



    [Bild 23]



    [Bild 24]



    In diesen Bildern ist der N-Spur-Schotter noch feucht vom Schotterkleber und wird dann nach der Durchtrocknung wieder heller.



    [Bild 25]



    [Bild 26]


    Damit hatte ich mich zwar entschieden, wie das Streckengleis gestaltet werden sollte, innerhalb des Bahnhofs waren aber die Gleise nicht nur eingekiest, sondern mit einer zusätzlich aufgebrachten Sandschicht bedeckt. Im Überschwang hatte ich dann, wie man in Bild 26 schon sehen kann, einen ziemlichen Blödsinn gemacht: warum den schönen SpurenWelten-Schotter unter einer Sandschicht verschwenden? Es war mehr als genug anderes Material vorhanden, also wurde dieses eingebaut, um es dann mit einer Sandschicht zu bedecken. Das Ergebnis war ein Desaster und das Versuchsstück verdorben.



    [Bild 27]



    [Bild 28]


    Es geht um die in Bild 27 zu sehenden zwei linken Doppelfelder zwischen den fünf Spurstangen. Im inneren Doppelfeld zwischen den Stangen 3 bis 5 hatte ich meinen 'zweitfeinsten' Sand (Korngröße < 3 mm) aufgebracht, mit Schotterkleber verklebt - und dabei vollkommen übersehen, daß die Korngröße damit so ziemlich dem entsprach, was auf der rechten Seite des Versuchsstücks als Kies eingebaut war. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier: üblicherweise verwende ich diesen Sand für die Darstellung des Beiwegs - im Vergleich zum Schotter geht das immer als Sand durch ...
    Beim nächsten Versuch, in dem linken Doppelfeld zwischen den Stangen 1 bis 3, verwendete ich das 'Feinste' was ich habe: Korngröße maximal 1,8 mm. Auch hier wurde mit Schotterkleber verklebt - jetzt sieht das nicht nach frisch besandetem sondern nach einem uralten Gleis aus, bei dem sich schon mehr Erde als Schotter zwischen den Schienen befindet (s. besonders Bild 28 ).
    Immerhin gibt es einen 'vorläufigen' Lösungsansatz, auf einem kleinen Holzrest dargestellt:



    [Bild 29]


    Wieder handelt es sich um das maximal 1,8 mm messende Material. Das obere, unregelmäßig geformte Feld ist lediglich aufgestreut und etwas mit einem weichen Pinsel augebreitet, das untere, grob rechteckige Feld ist auf dem Noch Grasleim
    aufgetragen und durchgetrocknet.



    [Bild 30]


    Hier zum Vergleich das gesandete Feld neben dem eingekiesten Gleis.


    Etwas wird es aber sicher nicht geben: daß der Sand auf einem Kiesuntergrund aufgetragen werden wird. Beim Vorbild wurde laut den erhaltenen Akten auf einer starken Packlage mit darüberliegender Kieslage eine ca. 10 cm dicke Sandschicht ins Gleis eingebracht, von den beiden Unterbauschichten schlug da in einem neu errichteten Bahnhof beim besten Willen nichts bis zur Oberfläche durch. Für den Nachbau heißt das, daß zwischen den Schienen bis fast zur Oberkante der Langschwellen aufgefüttert und dann nur eine ganz dünne Sandschicht mit dem Grasleim aufgetragen werden wird.


    So weit für den Moment zu meinen Bestrebungen, den 'Kgl. Bay. Langschwellen-Oberbau' im Modell darzustellen. Euere Meinung dazu würde mich sehr interessieren. Etwas Zeit für Änderungen und vor allem Verbesserungen habe ich noch, denn bevor es auf die Modulkästen geht muß ich mich noch der Verunstaltung ... ich meine natürlich: der Gestaltung der Weichenschwellen widmen; neue Schwellen, wie sie laut damaliger Anforderung in der Station Wolnzach einzubauen waren, zeigten sich in jener Zeit schließlich in einem ganz anderen Farbkleid als wie wir das heute gewohnt sind.


    Servus, eine gute Zeit und bis demnächst :)


    Joachim

  • Recht herzlichen Dank Joachim für den aufwendigen Bericht über den doch recht aufwendigen, aber vorbildgerechten Oberbau!
    Eine ähnliche Herausforderung hatte ich damals beim Bau der Kranfahrbahnen für die Containerbrücken der Kombimodell Messeanlage zu bewältigen. Als Langschwelle diente allerdings eine Holzleiste in die oben eine Nut mit etwa 0,3mm Tiefe von der Breite des Schienenfußes eingefräst wurde. Das diente der besseren Spurhaltung der Kranschienen. Die entfetteten und an der Unterseute blank gemachten Tillig Code 83 Schienenprofile wurden dann eingeklebt. Auf eine weitere Detaillierung wurde verzichtet. Das hat sich dann im Laufe der Jahre und Messen als die dauerhafteste und belastbarste Variante erwiesen.
    Bei den bis zur Schienenoberkante eingesandten Gleisen im Bahnhofsbereich würde ich es so machen wie ich es mit Industrieanschlußgleisen gemacht habe die sich im Dreck verlaufen. Ich habe ich Standard Gleismaterial bis zur Schwellenoberkante eingespachtelt und den Rest dann mit gesiebten Vogelsand eingeschlickert. Während der Sand noch feucht war habe ich mit mit einem festgebremsten "Pizzaschneider" Radsatz die erforderlichen Freiräume für die Spurkränze geschaffen. Bei Sand brauchst Du allerdings eine Menge reichlichmit Spüli versetztes Wasser, hier ist das billige nicht rückfettende Spülmittel eindeutig das Bessere, um den Sand komplett zu durchsuppen.


    Meine 2 €ent