Revidiert: Die V60 von Roco

  • Hallo Leute!


    Das ist jetzt der erste bearbeitete Thread den ich für zu wichtig halte um ihn einfach verschwinden zu lassen. Nicht wundern warum die Bilder doppelt sind, das ist für mich erst einmal eine Orientierung. Einmal sind die Bilder jetzt neu hier im Forum und einmal noch bei Abload gespeichert. Nach Schliessung von Abload werden die Abload Bilder verschwinden.


    Thema:

    Schaffung eines voll ausgelichenen Fahrwerks mit einfachen Mitteln


    Vorab gesagt, wer seine Loks zum einschlägigen Spezialisten zum Umbauen gibt, der braucht diesen Thread nicht durchzulesen. Hier ist Küchentischniveau und eher eine Anleitung zum Selbermachen.


    Erst einmal zeigen wie sich das serienmässige Fahrwerk wirklich über die Gleise bewegt:


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    Vorab bemerkt es ist hier stark übertrieben dargestellt um die Vorgänge überhaupt sichtbar zu machen.

    Bei normal guten Gleisbau sind es dann statt der gezeigten 2mm nur noch 0,2mm und bei sehr guten Gleisbau sind es dann nur noch 0,02mm, aber auch 0,02mm Luftspalt stellen für die bei der elektrischen Modelleisenbahn üblichen Spannungen ein unüberwindbares Isolationshindernis dar.

    Wie man sieht hängen 1. und 2. Kuppelachse in der Luft.


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    Wenn die Lok ein Stückchen weiter gefahren ist, tun sie das immer noch. Lediglich die 3. Kuppelachse hält noch Kontakt zur linken Schiene. Eine prekäre Lage für die Stromabnahme mit nur einem einzigen Kontaktpunkt zur Schiene. Ein Staubflüschen oder ein Mückenschiß reichen dann aus um die Fuhre nachhaltig zu stoppen.

    Gerade bei langsamen Rangierfahrten ein ständiges Ärgernis und großer Spaßverderber.



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    Jetzt plumpst die 3. Kuppelachse in die Kuhle und die beiden linken Räder der vorderen Achsen haben wieder Gleiskontakt.

    Aber dafür haben die die rechten Räder dieser beiden vorderen Achsen Airtime...




    Eine weitere Lok desselben Typs und Herstellers Roco, die aber schon ein ausgeglichenes Fahrwerk erhalten hat:

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    Hier kann die 1. Kuppelachse dem Höhenverlauf der Schiene folgen und so die Imperfektion der Gleislage ausgleichen.



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    Des weiteren kann das auch die mittlere Kuppelachse.




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    Die letzte Kuppelachse dieser umgebauten Lok ist weiterhin starr im Rahmen gelagert. Auch sie kann dem Gleisverlauf folgen weil die beiden anderen Radsätze ausgleichen.


    Es werden wahrscheinlich wieder Fragen aufkommen. Hinsichtlich des Gleisbaus kann ich sie sofort beantworten:

    Das ist eine Teststrecke mit deftig übertriebenen Unebenheiten um meine umgebauten Fahrwerke bis an ihre Grenzen zu bringen. Und nichts anderes soll es sein.

    Hat also nichts mit meinen Fähigkeiten hinsichtlich Gleisbaus zu tun. Für sorgfältigen Gleisbau bin ich auch ein großer Fan davon.

    Wie man dahin kommt, das will ich in diesem Thread hier beschreiben.

  • Kann ich mich nur anschließen.


    Ein echter "Dellenreiter" :thumbup:


    Gruss Jürgen :hutab:

    Meine Angst besteht darin:

    Das die Träume eines Tages, ausgehen.:wseufzer:

  • Zuerst wird die Lok demontiert:


    Nach dem Lösen der vorderen und hinteren Schrauben in der Bodenplatte kann man das Gehäuse mitsamt dem Umlauf nach oben abheben.

    Die mittlere Schraube in der Bodenplatte hält übrigens den Motor, so wie fast den ganzen Rest des Fahrwerks zusammen.




    Dreht man sie heraus, fällt das Fahrwerk fast schon allein auseinander. Hier ist einfach nur die Bodenplatte abgenommen worden um den Originalzustand zu zeigen.

    Die Kupplungsrückstellfedern sind kleine Plättchen aus Bronzeblech a'la Fleischmann und funktionieren auch genau so.

    Man sieht auch das H-förmige Federblech das den beiden vorderen Kuppelachsen so eine Art Wipplagereffekt verschaffen soll. Jedoch verpufft die Wirkung weil die 1. Achse fest im Rahmen gelagert ist.

    Lediglich die mittlere Achse hat etwas Höhenspiel nach oben und wird vom H-Blech abgefedert. Jedoch kann sie die Stromabnahme nicht wirkungsvoll zu unterstützen weil die Bodenplatte sie daran hindert nach unten auszufedern. So schweben ihre Räder dann auch in der Luft.




    Dann lässt sich der Motor nach lösen dieser einen Schraube ausbauen. Die Platine mitsamt Radstromabnehmern kann man jetzt nach oben heraus nehmen.

    Nach herausziehen der Stoppel (original Nomenklatur Roco für die Kurbelzapfen) kann man die Kuppelstangen abnehmen und Lok weiter zerlegen. Die Radsätze 1 und 2 lassen sich nach unten aus dem Rahmen entnehmen.



    Bis hierhin, aber nicht weiter haben es wohl schon viele geschafft. Die große Befremdlichkeit und damals wohl ein Ausrutscher, sind die geschlossenen Achslager der 3. Kuppelachse.

    Bei der verschlimmbesserten Version der Roco V60 hat man die geschlossenen Achslager wohl beseitigt, dafür dann zum Ausgleich das ganze Fahrwerk brettsteif gemacht.



    Ab hier geht es ans Eingemachte:

    Um auch diesen letzten Radsatz zu demontieren, muß ein Rad als auch das Zahnrad von der Achse gezogen werden.

    Dafür gehe ich mit einer spitzen Pinzette zwischen Rahmen und Radnabe. Hier an der Radnabe und direkt an der Achse muß der Kraftangriffspunkt liegen an dem ich hebeln kann. Man sollte auch nicht am Radreifen hebeln, sonst kann man dem Rad ganz schnell einen (Seiten-) Schlag verpassen und es kommt zu Effekten einer schaukelnden Seekrank-Lok ;)

    Man sollte auch unter gar keinen Umständen die Räder auf der Achse beim Abziehen verdrehen!!!

    Roco hat hier eine Rändelung der Achsstummel gemacht und bei Verdrehen ruiniert man dann die Preßpassung als auch den festen Sitz des Rades auf der Achse.



    So sieht die oben beschriebene Theorie in der Praxis aus. Die spitze Form der Pinzette mache ich mir zu nutze, in dem ich sie wie 2 Keile zwischen Radnabe und Rahmen schiebe.



    Ist das Rad erst einmal von der Achse, kann man den Getriebedeckel auch abnehmen. Hier ist es mit etwas Fummelei verbunden um an der Blindwelle vorbei zu kommen, aber diese wollte ich nicht ebenfalls abziehen



    Jetzt können die Zahnräder heraus genommen werden und nach Abziehen des Achszahnrads auch der restliche Radsatz ausgebaut werden. Hier kann man einfach mit einem Stück Rundmaterial, Durchmesser kleiner 2mm, das Zahnrad von der Radsatzachse drücken.

    Keine Panik, es sind 3 völlig gleiche Zahnräder vorhanden, von denen eines auf der Radsatzachse sitzt und die beiden anderen im Getriebe.

    Das alte Fett wird vollständig entfernt, hier wurde es schon zäh und fängt an langsam zu verharzen.


    So weit erst einmal die vorbereitende Demontage. Bis hierhin gab es keine irreversiblen Veränderungen an der Lok.

  • Hallo,


    bis jetzt war reversibel. Nützlich wenn man die Lok mal generalüberholen möchte einschliesslich Fettwechsel im Getriebe.

    Ab jetzt sind die Veränderungen irreversibel.



    Als nächster Schritt wird der 3. Kuppelradsatz wieder ausserhalb des Lokrahmens zusammen gebaut:

    Das Zahnrad wird zuerst wieder aufgepresst. Der rel. leichte Preßsitz reicht hier völlig aus.

    Dann wird das vorher abgezogene Rad auf den Achsstummel gerade so eben aufgesteckt. So kann man es noch drehen und ausrichten.

    Wenn man mal genau hinschaut erkennt man die Rändelung auf dem Achsstummel. Das genau ist der Grund warum man die Räder nicht auf den Achsen drehen sollte. In der gezeigten Position hat die Rändelung allerdings noch nicht gefasst und man kann das Rad auf dem Achsstummel noch verdrehen.


    Beim Ausrichten ist der 90° Versatz der Kurbelzapfen unbedingt zu beachten.

    Vorher sieht man sich an den anderen Radsätzen an, wo die Zapfenbohrungen sitzen sollen.

    Danach richtet man jetzt die Räder der zu montierenden Achse aus.

    Mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand fasst man das Rad, welches schon etwas auf der Achse sitzt und richtet die Zapfenbohrung genau nach unten aus.

    Dann schwenkt man den Teilradsatz zur Seite, so daß man es jetzt im Profil sieht.

    Das zu montierende Rad wird jetzt so verdreht, daß Achse und Kurbelzapfen eine Linie bilden.

    Als Kontrollblick schwenkt man den Radsatz wieder zurück und schaut bei möglichst rechtwinkeligem Blick, durch die Speichen der beiden Räder.

    Hier sollten die Speichen beider Räder paralell stehen und deckungsgleich sein.

    Hat man es nicht getroffen, Vorgang wiederholen.

    Durch die Rändelung wird der Richtvorgang etwas erleichtert, weil das vorher schon mal montierte Rad schon Nuten ausgeprägt hat. In diese rutscht sozusagen bei endgültiger Montage die Rändelung jetzt wieder hinein und richtet sich so innerhalb gewissen Grenzen wieder selber aus.


    Wenn der 90° Versatz stimmt kann das Rad jetzt wieder aufgepresst werden.

    Man nimmt den Radsatz zwischen Daumen und Zeigefinger an den Naben beider Räder und drückt zu.

    Bis zum Anschlag.

    Das Rad sitzt dann wieder in der ursprünglichen Position.



    Der nächste Schritt ist die Herstellung einer Mittelauflage für die 1. Kupplelachse welche pendeln soll.

    Dafür misst man bei noch unbearbeiteten Achslagern den Zwischenraum zwischen Achse und dem Fahrwerk.

    Hier ist durch probieren mit verschiedenen Drahtstärken ein Maß von 1,2mm gefunden worden.

    Soll bedeuten, ein Messingdrahtstück von 1,2mm Stärke lässt sich so gerade noch zwischen Achse und Boden schieben ohne die Achse von ihren Lagern abzuheben.

    Ich werde später dieses mittige Auflager einfach mit Sekundenkleber einkleben, der Winkel dient nur zur Vergrösserung der Klebefläche.



    Jetzt kommt der Schritt der die meiste Selbstüberwindung erfordert.

    Man kann hiermit arbeiten. Mit Säge und Feile.

    Zuerst werden Schlitze zwischen Unterkante Rahmen und Achslagerbohrung gesägt.

    Dann werden die Schlitze mit geeigneten kleinen Feilen aufgeweitet bis ein "U" entsteht.

    Die obere Hälfte der Lagerbohrung wird nicht angetastet!

    Dieses obere Halbrund stellt später das eigentliche technisch funktionale Lager für die 3. Kuppelachse dar.

    Die Flanken des "U" bilden später die "Pseudo-Achslagerführung". Pseudo deswegen weil die Radsatzachsen direkt im Material des Rahmens gelagert sind.



    Auch ich habe von den Japanischen Wundersägen gehört die auf Zug arbeiten. Was hindert mich als Querdenker* auch meine PUK Sägeblätter anders herum einzuspannen und die Säge so auf Zug zu benutzen. Es lässt sich m. E. besser und genauer damit arbeiten.



    * Heute ist dieser Begriff leider durch No-Brainers und Befindlichkeit*Innen verbrannt; nicht daß meine Aussage von 2014 hier zu falschen Schlüssen führt.

  • Hallo,


    weil bei mir die Ausrüstung vorhanden ist, habe ich mich entschlossen diese auch zu benutzen.

    Viel Späne und mit der gezeigten Fräseinrichtung auch nur mit Tricks zu bearbeiten, so wie nacharbeiten mit der Handfeile erforderlich.



    So sollte jedenfalls das Ergebnis aussehen. Aus den Achslagern der 1. und 2. Kuppelachse sind nur noch Führungen geworden.

    Die Bodenplatte ist noch unbearbeitet.



    So wird dann die Bodenplatte mit einer kleinen Rundfeile im Bereich der Achslager von 1. und 2. Achse ausgefeilt. Im Bereich der 1. Achse muß ich noch etwas ausnehmen.


    Die 3. Achse wo das Achslager nach unten hin geöffnet wurde. Hier habe ich ersatzweise eine 2mm Waggonachse eingelegt um zu zeigen wie weit die Bodenplatte an dieser Stelle aufgefüttert werden muß.


    So sieht es bei den anderen Achslagerführungen jetzt aus.


    Zwei Stückchen aus 1,0mm PS werden hier eingeklebt (mit Sekundenkleber)


    So habe ich dann die eingeklebten PS Stückchen mit einer kleinen Rundfeile bearbeitet damit die 3. Kuppelachse möglichst spielfei und dabei leichtgängig läuft.

    Man sieht auch das eingeklebte mittige Auflager der 1. Achse und die H-förmige Feder. Die H-Feder habe ich noch etwas stärker gebogen damit die mittlere Achse mehr vom Lokgewicht aufnimmt.

    Wer weiterhin mit NEM Radsätzen und Analog fahren möchte, der kann hier aufhören und die Lok wieder zusammenbauen. Auf jeden Fall hat sich durch die Allradauflage die Stromabnahme signifikant verbessert.

    Weitere Arbeitschritte wie Digitalisierung werden noch folgen.


    Dann die Frage nach den Kosten. "Ab Werk" hätte eine Allradauflage nach dem Konzept wie gezeigt wirklich keine Mehrkosten verursacht. Es wären keine zusätzlichen Teile erforderlich gewesen.

    Alle gezeigten Funktionen und Effekte hätte man schon in den Spritzgußwerkzeugen selber integrieren können. Einfach durch die Gestaltung der entsprechenden Partien.Statt des eingeklebten Messingdrahts als mittiges Auflager für die 1. Achse hätte man einen Steg im Rahmen anformen können. Die vergrösserten Achsausschnitte hätte man auch gleich im Werkzeug ausbilden können.

    Allenfalls bei der Konstruktion wäre etwas mehr an Gehirnschmalz, so wie die Mitarbeit von etwas mehr grauen Zellen erforderlich gewesen. Als Widerpart sind hierzulande gewisse traditionelle Befindlichkeiten anzusehen.

    So bleibt uns nichts anderes übrig als die entsprechenden Fahrzeuge aus dem Angebot der Industrie selber für den eigenen Bedarf herzurichten.





    :ironic: Veränderungen fangen im Kopf an. So weit ist unsere Spielzeugbahnindustrie noch nicht. Man macht da lieber mehr als fragwürdige Schritte in die Vergangenheit. Siehe in diesem Zusammenhang auch den Thread über die ÖBB 2067 in DSO:

    Drehscheibe Online Foren :: 06 - Modellbahn-Forum :: Roco ÖBB 2067.36 ausgeliefert: Licht und Schatten... (mB)

    Die DB V60 und die ÖBB 2067 sind durchaus vergleichbar. Der Thread mit seinen vielen Bildern zeigt eindrücklich die technische Dämlichkeit der Neukonstruktion der 2067 von Anno 2014.

    Optisch ist dieses Modell ja recht gelungen, aber die technische Ausführung? :uebel:

    Mit freundlichen Grüssen


    Lutz

    Einmal editiert, zuletzt von Lutz K ()

  • Hallo,


    mit einer funktionierende Allradauflage der Lok hat man technisch die Vorausetzungen eschaffen hat um hier Räder mit niedrigen Spurkränzen betriebssicher fahren zu können. D.h. man kann sich von den überflüssigen Spurkranzhöhen verabschieden.

    Als weitere Option steht einem dann auch die Möglichkeit offen hier noch feinere Räder einzubauen. Hier denke ich an Radsätze mit 2,2mm breiten Radprofilen nach NMRA RP-25 Code 88, hierzulande als H0-Fine gehandelt oder gar an 1,6mm Breite Radprofile nach Proto (:87 oder Pur).

    Das ist jetzt möglich ohne daß die Betriebssicherheit der Lok darunter leidet. Entspechende Infrastruktur in Form von angepasstem Gleismaterial selbstverständlich vorausgesetzt.

    Ich selber habe mich für 2,8mm breite Räder nach Code 110 entschieden.


    Das überflüssige Material der Spurkränze wurde entfernt.

    [ironie] Wenn jemand noch einen Satz Spurkranzaufsätze braucht bitte melden ... [/ironie]

    Die Höhe der Spurkränze beträgt jetzt gefällige 0,5mm und das Radreifenprofil entspricht damit der RP25/110. Das Radsatzinnenmaß wurde auf 14,5mm eingestellt und entspricht damit sowohl der NMRA S-4.2 als auch der aktuellen NEM310.

    Auch hier gilt es die Infrastruktur in Form der vorhandenen oder geplanten Gleise zu beachten. Eisenbahn und auch Modelleisenbahn sind Systeme wo alles aufeinander abgestimmt sein muß. Wir bewegen uns hier ja in Richtung fein und verabschieden uns von den gobschlächtigen Werksnormen vergangener Tage.



    Anschliessend wurde das Fahrwerk wieder zusammen gebaut und die Kuppelstangen montiert.

    Wie man sieht ist ein Teil über 3 Lagerstellen durchgehend. Bei Roco hat man jedenfalls damals etwas nachgedacht und die Bohrungen für die Kurbelzapfen auf der Blindwelle als vertikales Langloch ausgeführt.

    Somit ist eine kinematisch einwandfreie Höhenbeweglichkeit der mittleren Kuppelachse gewährleistet und man muß keine Bearbeitung an diesen Stangen machen. Für diese leichte Lok reichen auch die Stoppel als Kurbelzapfen völlig aus um die auftretenden Kräfte zu übertragen.

    Anschliessend erfolgte eine Rollprobe des Fahrwerks mit ausgebauter Schnecke.

    Nach Wiedereinbau von Motor und Schnecke erfolgten analoge Fahrtests.

    Erst wenn alle evtl. Klemmer und Unrundheiten beseitigt sind, kann man weiter machen. Wichtig ist falls Klemmer oder dergleichen auftreten, sollte man jetzt die Ursache(n) dafür suchen und beseitigen. Man sollte aber nicht versuchen die Symptome zu kurieren, sondern wirklich die Ursachen dafür suchen (Dickbrettbohren) und sie gründlich beseitigen.


    Einen derartigen mechanischen Umbau eines V60 Fahrwerks habe ich bereits Anfang der 2000er Jahre erstmals gemacht. Hier hat der Umbau definitv für ein Verbesserung der Stromabnahme gesorgt. Damit ist für eine Digitalisierung ein solider mechanischer Unterbau geschaffen worden.


    Jetzt kommt wahrscheinlich der Einwand der jungen Generation daß man da Heute nicht mehr braucht weil man ja das elektronisch mit Energiespeicher (Power Pack) lösen kann. Kann man machen, das ist dann allerdings kein Lösen eines Problems, sondern ein Workaround ohne das eigentliche Problem zu lösen. Als trauriges Negativbeispiel; Boeing hat das bei der 737MAX so gemacht.

    Jedenfalls der Teufel steckt im Detail. In kleinen Loks, die einen Power Pack dringend benötigen, ist kein Platz dafür. In großen Loks ist Platz dafür vorhanden, aber es sind auch mehr Räder vorhanden die zur Stromabnahme heran gezogen werden können und einen Power Pack entbehrlich erscheinen lassen.

    Einen Power Pack lehne ich grundsätzlich nicht ab. Das ist für mich das Tüpfelchen auf den "i". Es ist für mich allerdings kein Allheilmittel für schlecht ausgeführte Mechanik.


    Der ursprüngliche Thread hier wurde schon 2014 geschrieben. Seitdem hat sich ettliches in Sachen DCC neu entwickelt. Decoder als auch Elektromotoren und LEDs sind kleiner und dabei viel leistungsfähiger geworden. Es gibt auch neue Schnittstellen die bei geschrumpften äusseren Abmessungen mehr Kontakte aufweisen. Das ermöglicht natürlich auch mehr an "Bling-Bling" Lichtfunktionen die vor ein paar Jahren undenkbar waren. Was und wieviel ein jeder davon braucht sei ihm und seinen eigenen Geschmack selber überlassen.


    Da die Lok Digital betrieben werden soll ist der nächste Schritt die Suche nach einem geeignetem Decoder so wie einem geeigneten Einbauraum dafür.




    Entschieden habe ich mich damals für einen TCS M4 aus dem Spur N Sortiment. Der Zwerg kann jedenfalls 1A Motorstrom auf Dauer ab und verträgt Spitzen bis zu 2A. Also ausreichend selbst für H0 Loks und für diese V60 mit ihrem Spur N Motor erst Recht.

    Des weiteren habe ich auch wegen der Kleinheit dieses Decoders schnell einen Einbauplatz gefunden. Unter der Inneneinrichtungsattrappe passt er genau hin.

    Selbst das Ausfräsen des Ballastgewichts konnte ich mir sparen, da Roco schon eine Art Kabelkanal auf der rechten Lokseite eingerichtet hat.

    Leider konnte ich hier keine genormte Schnittstelle unterbringen, das hätte dann doch wieder zusätzliche Fräsarbeiten nach sich gezogen. So wurde der Decoder hardwired (fest eingelötet).



    Alle für den Digitalbetrieb überflüssigen Bauteile wurden ausgelötet. Drosseln, Kondensatoren und Dioden machen dem Decoder nur das Arbeiten schwer und können u.U. das Regelverhalten negativ beeinflussen. Also weg damit, zumal Decoder eine eigene Funkentstörung eingebaut haben.



    Die Leiterbahnen werden an den entspechenden Stellen unterbrochen bzw. überbrückt und können so teilweise weiter benutzt werden. Hier sollten man sich den Stromverlauf vorher allerdings sehr genau anschauen. Dann nachdenken wo getrennt, wo überbrückt und wo welches Kabel angelötet wird.

    Die Kabelfarben des Decoders sind gemäß NMRA ausgeführt und es liegt ein Anschlußplan bei. Grün und Violet sind für 2 weitere Zusatzfunktionen die ich hier im Moment nicht benötige.

    Bevor man die Lok wieder zusammenbaut, sollte man noch einmal alle Kabelanschlüsse kontrollieren, hier gilt unbedingt der Satz von Lenin: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser."





    Ist alles eingelötet und in der Lok verstaut geht es erst einmal auf das Programmiergleis. Wenn alles richtig angeschlossen ist, sollte die Zentrale die Adresse 3 auslesen.

    Wenn nicht, siehe Methode Lenin.

    Ist so weit alles O.K., kommt die Lok auf die Anlage zum Probefahren. Mit Adresse 3 sollte sie reagieren.

    Fahrtrichtung korrekt?

    Licht richtig herum?

    Sonst s.o.

  • Hallo,


    noch einige Tipps für die Roco V60:



    Einige sind schon an den Kupplungsschächten verzweifelt. Die kleine Blattfeder a'la Fleischmann drückt hier nicht etwa nach vorne, sondern nach hinten.

    Soll heißen der Mitnehmerstift kommt hinter die Feder.



    Schwenkt die Deichsel mit dem Schacht aus, so wird die Feder nach vorne gedrückt.



    Um den Steckteilen einen sicheren und festen Halt zu geben, muß man zuweilen die in die Bohrungen einzusteckenden Enden mit einer Zange etwas quetschen. Dann sitzen sie auch fest.




    Der folgende Abschnitt befasst sich mit dem Einstellen des damals eingebauten TCS Decoders.

    Ich habe es übernommen, weil sich einige immer noch schwer tun Decoder nach ihren Wünschen einzustellen. Was hier beispeilhaft beschrieben ist sind einfache Grundeinstellungen die sich mit jedem Decoder machen lassen. Über die Grundlagen des Einstellens von Decodern für den persönlichen Geschmack gibt es hier im Forum einen ausführlichen Thread.


    So sieht die mitgelieferte Anleitung aus.



    Man beginnt mit der CV29. Diese genormte CV wird als erstes ausgelesen. Dann weiß man schon einiges über den Decoder. Ob kurze oder lange Adresse, ob Analogbetrieb erlaubt ist oder nur DCC, ob 3-Punkt Kennlinie oder 28-Punkt Kennlinie, ob Fahrtrichtung normal oder umgedreht.


    Das Handbuch sollte man im Zweifel immer zu Rate ziehen. :rtfm:



    Mit Speed Graph ist hier die 3-Punkt Kennlinie gemeint:

    CV2 = 0 => Dem Motor zugeführte Spannung in Fahrstufe 1 ist kleinstmöglich

    CV6 = 60 von 255 Zählern => Spannung 23,5% vom Maximalwert in Fahrstufe 14

    CV5 = 120 von 255 Zählern => Spannung 47% vom Maximalwert in Fahrstufe 28 = eingestellte Höchstgeschwindigkeit der Lok

    Trägt man das in einen Graphen ein, so findet man eine gerade (lineare) Kennlinie der Beschleunigung.



    Die Beschleunigungs- und Bremszeiten CV3 und CV4 hängen vom persönlichen Geschmack, so wie den Anlagenverhältnissen ab. Hier ist selber ausprobieren angebracht.


    Mit dem Motor Trim kann man unterschiedliche Höchstgeschwindigkeiten für vor- bzw. rückwärts einstellen. Sinnvoll ist das für Schlepptenderloks wie z.B. eine BR03 die vorwärts 120 km/h laufen darf, rückwärts jedoch nur 50 km/h. Hier bei der V60 bleibt die Funktion ungenutzt da das Vorbild in beiden Fahrtrichtungen jeweils die gleiche Höchstgeschwindigkeit aufweist.



    Nur so viel, der von mir eingebaute TSC Decoder ist hier für diese Lok ein Overkill. Kaum jemand wird wohl die unterschiedlichen Beschleunigungs- und Bremsraten nutzen. Die kommen zu der Möglichkeit die Geschwindigkeit für jede der 28 Fahrstufen einzeln separat einzustellen, noch einmal bei diesem Decoder hinzu.

    Der Decoder hat eine sich selbst einstellende Lastregelung und man braucht sich mit den Einstellungen der PID Parameter nicht zu beschäftigen.

    Des weiteren war schon damals viel Bling-Bling möglich. Sofern es das Modell hergegben hätte. Nun hat die brave V60 von Roco nur ein Glühbirnchen vorne und eines hinten gehabt. Fertig, mehr gab es nicht. Für meinen Teil habe ich mich immer gefragt was an Beleuchtungs- und Lichtmöglichkeiten Sinn macht und was man davon für den praktischen Betrieb tatsächlich braucht. So habe ich hier keine Innenbeleuchtung für das Führerhaus realisert obwohl der Decoder das ermöglicht. Tatsächlich hätte man hier ein graues konturenarmes Halbrelief beleuchtet. Ich habe mich entschieden das im Dunkeln zu lassen.

  • Hallo,


    als ich für Wartungsarbeiten meine andere V60 geöffnet hatte, habe ich das wegen der anderen Einbaumöglichkeit eines DCC Decoders mit der Kamera dokumentiert. Diese Lok ist schon 2008 digitalisiert worden:



    Hier habe ich damals ein Stück des Ballastgewichts herausgesägt und eine 8-polige NMRA/NEM Schnittstelle geschaffen. Man muß nur auf die Kabel aufpassen damit diese nicht die Gelenkwelle berühren. Das verursacht dann sonst ratternde Geräusche.

    Die Innenrichtung wurde um Platz zu schaffen etwa 2mm höher gesetzt.

    So konnte ich dort einen ESU Lopi Basic V1.0 einstöpseln. Der reicht für den Betrieb der Lok vollkommen aus, auch hinsichtlich seiner Regelungsqualitäten.


    Zum hier zum Abschluß ein kleines Video:


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    Die umgebaute Lok befährt das im 1. Beitrag gezeigte Testgleis.



    Seitdem haben nicht weniger als 3 verschiedene Hersteller Modelle von neu konstruierten Modellen der V60 auf den Markt gebracht: Piko, Brawa, und Esu.Hinsichtlich der Fahreigenschaften werden sie sich mit den oben gezeigten Fahrwerksumbauten messen lassen müssen.

    Hat auch die Elektronik in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und hilft so manchen schlecht gemachten Antrieben auf die Sprünge, so offenbaren sich Mängel an Antrieb und Fahrwerk gnadenlos beim Überfahren von Gleisunebenheiten.

    Dies gilt um so mehr wenn man ein möglichst vorbildnahes Aussehen durch niedrige Spurkränze anstrebt.

    Es gibt viele gut gemachte Modelle, welche man sich als kostbare Schaustücke in der Vitrine gerne anschaut.

    Aber um mit derartigen Modellen tatsächlich auch zuverlässig Betriebseinsätze fahren zu können, bedarf es eben auch der Berücksichtigung von Naturgesetzen, eben der Mechanik.


    Fahrwerksumbauten sind daher auch nur ein Teilaspekt der Betriebssicherheit von Modelleisenbahnen.

    Nach wie vor bewirkt erst das harmonische Zusammenspiel aller Komponenten wie Gleis- und Weichenbau, Radsatzmaße, Antriebe, Fahrwerke, Stromversorgung, elektronische Steuerung rsp. Regelung, Anlagenkonzept und nicht zuletzt Betriebskonzept ein möglichst entspannten Umgang mit seiner Modellbahn. Versagt hier nur eine dieser Komponenten oder funktioniert nicht so wie sie soll, so ist der Spaßverderb vorprogrammiert.

  • Hallo Lutz,


    vielen Dank für das erhalten dieses absolut klasse Berichts! Ich kannte den noch nicht und es juckt schon in den Fingern das mal nach zu vollziehen.
    Die Mühe hat sich wirklich für viele gelohnt!

    Michael R